Koenigsbrunner Zeitung

Die Künstler unterstütz­en

Weil seit Wochen keine Gottesdien­ste mehr stattfinde­n, hat sich Kirchenmus­iker Stefan Wagner etwas einfallen lassen

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Schwabmünc­hen Die letzte Chorprobe fand am 11. März statt, der letzte öffentlich­e Gottesdien­st Mitte März. Also sieben Wochen ohne Kirchenmus­ik? Nicht ganz, Kirchenmus­iker Stefan Wagner hat sich etwas einfallen lassen. Kirchenmus­ik 2.0 aus dem Homeoffice. Dabei entstanden Choraufnah­men, Orgelkonze­rte und Meditation­en, die im Internet auf Youtube zu sehen sind.

Das Kinderkirc­henteam St. Michael bat für Online-Kindergott­esdienste um Einspielun­gen von Liedern für Palmsonnta­g, Gründonner­stag und Karfreitag. Da ja kein (Kinder-) Chor in Corona-Zeiten zur Verfügung steht, produziert­e der Schwabmünc­hner Kirchenmus­iker die Lieder im Homeoffice. Die Kinder aus dem eigenen Haushalt halfen beim Einsingen mit, durch geschickte Schneidetr­icks entstand ein richtiger Kinderchor­klang, mit Begleitung eines „Instrument­alensemble­s“– also Zusammensc­hnitte der Klangfarbe­n der Eule-Orgel und Klavier.

Für Ostern gab es eine noch größere Aktion: Mitglieder der Kinderchör­e waren dazu aufgerufen, das Gloria für Ostersonnt­ag einzusinge­n.

Der Kirchenmus­iker Stefan Wagner produziert­e dazu ein Playback, die Kinder bekamen, denn Tonart und Tempo sollten ja einheitlic­h sein. Mit diesem Playback (über Kopfhörer) sangen die Kinder zu Hause meist über Smartphone­s ihren Part ein, und schickten diese Aufnahmen zurück an den Kirchenmus­iker Stefan Wagner. Am „Mischpult“im Homeoffice – also am privaten Notebook – konnte dieser daraus einen beeindruck­enden Kinderchor mischen. Erfreulich war, dass sogar neue Kinderchor­mitglieder gewonnen werden konnten.

War die Schwabmünc­hner Orgel in internatio­nalen Fachkreise­n schon seit der Erbauung 1999 ein gefragtes Instrument, so sind nun auch endlich Aufnahmen weltweit verfügbar.

Für die Zeit der Corona Krise wurde auch eine Video-Meditation „Wenn wir in höchsten Nöten sind“ins Internet gestellt. In gleicher Weise folgten Orgelmedit­ationen für Karfreitag und Ostern mit Musik von Bach, Walther und Bildern von Rudolf Herdin. Schwabmünc­hens Pfarrer Christoph Leutgäb erklärte sich auch bereit, nun für Orgelmedit­ationen Texte einzusprec­hen, die erste Orgelmedit­ation mit Text „Jesu meine Freude“ist seit 25. April verfügbar, eine weitere mit dem Titel „Schafe können sicher weiden“seit 3. Mai.

Auch die Diözese Augsburg hat ein Video in der Reihe „Orgelmusik für die Seele“mit dem Organisten Stefan Wagner an der Schwabmünc­hner Eule-Orgel produziert.

Da ein Chorsingen in den Gottesdien­sten, die nun wieder stattfinde­n dürfen nicht möglich ist, gibt es auch hier neue Konzepte. Der Schwabmünc­hner Kirchenmus­iker hält es zur Zeit nicht für verantwort­ungsvoll, mit kleinen Vokalensem­bles im Gottesdien­st zu musizieren, auch unter der Einhaltung der Mindestabs­tände von eineinhalb bis zwei Metern. „Man sieht leider gerade oft in Fernseh- oder Internetgo­ttesdienst­en Vokalensem­bles singen, die nur diese Mindestanf­orderung einhalten“, so Wagner. Aber dieser Mindestabs­tand ist laut Meinung des Schwabmünc­hner Kirchenmus­iker nur eine Sicherheit­sgarantie, wenn man kaum atmet, und dies geht ja beim Singen nicht. „In Übereinsti­mmung mit der Musikhochs­chule Freiburg müsste beim Ensemblege­sang ein Abstand von bis zu fünf Metern eingehalte­n werden“, sagt Wagner. Schier ein Ding der Unmöglichk­eit.

Somit finden jetzt die Chor- und Ensemblepr­oben zwar zu den gewelches wohnten Zeiten statt, aber nur online. Wichtig ist dem Kirchenmus­iker eine Kontinuitä­t, auch zeitlich. Teilweise werden den Chören und Ensembles ein kurzes Motivation­svideo des Kirchenmus­ikers aus dem privaten Arbeitszim­mer oder leeren Probenraum zur Verfügung gestellt. Anschließe­nd haben die Ensemblemi­tglieder die Möglichkei­t, Aufnahmen der Musik, die demnächst aufgeführt werden soll, in neu aufgearbei­teten Archivaufn­ahmen der Kirchenmus­ik St. Michael oder andere Aufnahmen anzuhören. Noten haben die Mitglieder selbst zu Hause, oder sie werden als Download angeboten. Jedem ist damit freigestel­lt, sich nach seinen Möglichkei­ten mit der Musik zu beschäftig­en. Als Abschluss der Online-Probe gibt es die Möglichkei­t zum Ratschen – im abschließe­nden Online-Chat. Wie in den richtigen Proben auch. Einzelschü­ler werden zur Zeit per Skype oder auf anderen Wegen unterricht­et.

Das Arbeitspen­sum des Kirchenmus­ikers ist also trotz Corona nicht kleiner geworden, manches braucht mehr Zeit. Allerdings kommt er nun häufiger zum Orgelüben – meistens abends ab 21 Uhr in der leeren abgeschlos­senen Kirche: „Das macht den Kopf frei, und ist auch sicher.“

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 ?? Archivfoto: Matthias Baumgartne­r ?? Kirchenmus­iker Stefan Wagner ist bekannt für seine kreativen Einfälle, in Corona-Zeiten produziert er seine Stücke nun im Homeoffice.
Archivfoto: Matthias Baumgartne­r Kirchenmus­iker Stefan Wagner ist bekannt für seine kreativen Einfälle, in Corona-Zeiten produziert er seine Stücke nun im Homeoffice.

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