Alleine kann man nichts bewegen
Nach 23 Jahren verabschiedet sich Johanna Kretschmer aus dem Bobinger Stadtrat. Ein bisschen Wehmut
Abschied hat immer ein bisschen Wehmut. So geht es auch Johanna Kretschmer, die seit 23 Jahren die Geschicke von Bobingen mit beeinflusst. „Ich war immer gerne Stadträtin. Ich habe nie eine Sitzung geschwänzt, sondern mich stets darauf vorbereitet und gefreut.“
So sehen das wohl auch ihre Kollegen. Der scheidende Bürgermeister Bernd Müller, dessen 24-jährige Amtszeit Johanna Kretschmer ja fast komplett begleitet hat, sagt über sie: „Hanna ist die gute Seele der Siedlung, sie kennt so gut wie jeden dort und jeder kennt sie.“
Auch bei der Organisation des Bobinger Frauentages sei sie immer ein verlässlicher Faktor gewesen. Auf die Frage, ob sie ihre persönlichen, lokalpolitischen Ziele habe umsetzen können, antwortet sie sehr diplomatisch.
„Ein Stadtrat funktioniert nur in Teamarbeit. Einer alleine kann da nichts erreichen.“Deshalb habe sie sich immer als Mitglied einer Gemeinschaft gesehen, die zusammen Ziele verfolgt. Natürlich könne sie sich auch an so manchen Streit und an Meinungsverschiedenheiten erinnern. Doch habe sie dabei immer versucht, eine ausgleichende Rolle zu spielen und niemals noch Öl ins Feuer zu gießen. Mit dieser Strategie sei sie gut gefahren. Und es mache sie auch ein bisschen stolz, dass über die Jahre hinweg die meisten Beschlüsse, darunter auch für die Stadt sehr wichtige, in der Mehrzahl einstimmig beschlossen worden sind. Das zeige unter dem Strich doch, dass alle letztlich das gleiche Ziel verfolgen würden. Nämlich das Beste für Bobingen und seine Bürger zu erreichen.
Das solle aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es, je nach Thema, auch hitzige Auseinandersetzungen gegeben habe. Jedoch könne man sich mit der Zeit die nötige Gelassenheit aneignen und schließlich müsse man ja nicht auf jede Provokation antworten.
Sie werde ihre Tätigkeit und auch die Stadtratskollegen schon ein bisschen vermissen. „Ich werde wohl erst etwas üben müssen, wie sich ein Tag ganz ohne Kommunalpolitik und Stadtrat gestalten wird“, sagt sie mit leiser Wehmut in der Stimme. Wahrscheinlich werde es gerade in der ersten Zeit Momente geben, wo sie noch einmal im Terminkalender überprüfen wird, ob sie auch wirklich nichts vergessen hat. Aber sie sei zuversichtlich, dass ihre Enkelkinder schon dafür sorgen werden, dass keine Langeweile aufkommt. Denn die würden sich schon darauf freuen, dass die Oma in Zukunft mehr Zeit für sie hat. Doch bevor sich Johanna Kretschmer endgültig aus dem kommunalpolitischen Leben zurückzieht, hat sie noch eine allerletzte wichtige Aufgabe zu erfüllen. Als dienstälteste Stadträtin nimmt sie die Amtskette der Stadt Bobingen zur Verwahrung entgegen. Denn mit ihr scheidet ja auch Bernd Müller aus der Stadtregierung aus.
Mit der Rückgabe der Kette an die Stadt endet die Amtszeit des langjährigen Bürgermeisters. Die Kette wird nun so lange verwahrt, bis sie an den neuen Bürgermeister übergeben wird. So endet für Johanna Kretschmer nicht nur eine persönliche Ära, sondern gleichzeitig ein Stück Stadtgeschichte. Bepackt mit Präsentkorb und Blumenstrauß verlässt sie dann ein letztes Mal, zumindest in offizieller Funktion, den Sitzungssaal des Bobinger Rathauses.