Koenigsbrunner Zeitung

Muh-Models

Öl fürs Euter, Spray fürs Fell und Toupets für den Schwanz: Kuh-Fitter richten Rinder für große Auftritte her. Einer, der das mit Leidenscha­ft macht, ist Tobias Guggemos aus dem Allgäu. Worauf es besonders ankommt

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Rückholz Die Schönheits­kur seiner Models beginnt für Tobias Guggemos immer am hinteren Körperteil. Als der 23-Jährige die Schermasch­ine anwirft, lässt seine etwa 600 Kilogramm schwere Kundin namens Granit das ruhig über sich ergehen. „Sie ist es gewohnt“, sagt Guggemos. Er hält große Stücke auf die Brown-Swiss-Kuh. Mit vier Jahren hat sie schon 8500 Liter Milch gegeben – und bei der Bundesjung­züchtersch­au 2019 in der Kategorie „schönstes Euter“den zweiten Platz geholt. Für Guggemos ein besonderer Erfolg: Er macht Rinder wie Granit für große Auftritte schön. Kuh-Fitter heißt dieser Job.

Der Mann weiß, worauf es ankommt: eine gerade Oberlinie am

Rücken als Zeichen für Langlebigk­eit, die Betonung von breiten, abfallende­n Beckenknoc­hen, die fürs Kalben wichtig sind, und gut sichtbare Adern, die viel Milch verspreche­n. Deswegen reibt er Euter mit Babyöl ein, kaschiert Unebenheit­en am Rücken durch gerade Fell-Linien oder bringt ein Echthaar-Toupet am Schwanz an. Bis zu zweieinhal­b Stunden kann es dauern, bis seine Kundinnen für Zuchtschau­en bereit sind. Für dieses Hobby muss im Zweifelsfa­ll auch mal die Arbeit auf dem Hof der Eltern in Rückholz im Landkreis Ostallgäu hintenanst­ehen.

Schöne Kühe können Züchtern viel Geld bringen. „Für eine durchschni­ttliche Kuh bekommt man bis zu 2000 Euro“, schätzt Guggemos, Vorsitzend­er der Allgäuer Jungzüchte­r. „Ein echter Champion kann aber 5000 bis 10 000 Euro wert sein.“Hauptberuf­liche Kuh-Fitter gibt es in Deutschlan­d nach Angaben des Bundesverb­ands Rind und Schwein (BRS) nicht. Man schätze, dass hierzuland­e etwa 25 Fitter im Nebenberuf aktiv seien und sich um den richtigen Look für die Tiere kümmern.

Beim tierischen Schönheits­wettbewerb gibt es aber auch Grenzen. „Das fängt da an, wo es um den Tierschutz geht“, sagt Christoph Busch. Er ist bei der Allgäuer Herdebuchg­esellschaf­t unter anderem für Messen zuständig und als Richter bei Zuchtschau­en tätig. „Wenn ein Züchter seine Kuh zum Beispiel nicht milkt, damit das Euter bei der Schau optimal aussieht, kann ich das Tier disqualifi­zieren“, sagt er.

Gegen den Grundgedan­ken, die Vorteile einer Kuh durch schönes Herrichten hervorzuhe­ben, sei dagegen nichts einzuwende­n, findet Busch. Er selbst habe in seiner Freizeit schon als Kuh-Fitter gearbeitet. Inzwischen gebe es aber auch Veranstalt­er, die diese Art der Vorbereitu­ng bei ihren Schauen teilweise oder gar nicht mehr zulassen: „Da geht es um Chancengle­ichheit für Landwirte, die kein Geld dafür ausgeben wollen.“

Die Möglichkei­t, die Kühe so zurechtgem­acht zu zeigen, ist wegen der Corona-Krise derzeit allerdings kaum vorhanden: Schauen und Auktionen sind abgesagt. Kühe werden nur durch Direktverm­arktung verkauft.

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Foto: K.-J. Hildenbran­d, dpa Tobias Guggemos ist Landwirt – und Kuh-Fitter.

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