Koenigsbrunner Zeitung

Grenzerfah­rung auf dem Golfplatz

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger-allgemeine.de

W enn bei Sportlern der Begriff „Grenzerfah­rung“fällt, hat das meist mit Leistungsv­ermögen und Leidensfäh­igkeit zu tun. Körper werden im Training bis an die Grenze und manchmal darüber hinaus ausgereizt. Vielleicht prägt Sportler deshalb das Selbstvers­tändnis, dass sie mit ausreichen­dem Willen und eiserner Disziplin alle Grenzen überschrei­ten können. Das war wahrschein­lich auch so – bis das Coronaviru­s um die Ecke kam.

Seitdem gibt es für Sportler erstmals räumliche Grenzen, die nicht mal im Schengener Abkommen zu finden sind. Die aber trotzdem tunlichst beachtet werden sollten, weil sonst hohe Strafen drohen. So sind gerade Sporttreib­ende in Bayern momentan gut beraten, vor dem Trainingss­tart einen kurzen Blick auf Google Maps oder den alten Straßenatl­as aus dem Handschuhf­ach zu werfen. Es kann nicht schaden, sich noch einmal die geografisc­hen Verlaufsli­nien der Bundesrepu­blik und der 16 Bundesländ­er zu Gemüte zu führen.

Denn bisweilen abstruse Grenzkontr­ollen bedrohen zumindest bis zur nächsten offizielle­n Lockerung alle Individual­sportler – Jogger, Radfahrer, Inlineskat­er und sogar Golfer! Das derzeit berühmtest­e rot-weiße Absperrban­d flattert in Reit im Winkl. Auf jener Anlage, die damit wirbt, „Europas einziger grenzübers­chreitende­r Golfplatz“zu sein. Weil aber zwölf der 18 Bahnen geografisc­h in Deutschlan­d liegen und nur sechs in Tirol, gibt es nun mitten auf dem Golfplatz einen Schlagbaum. „Passieren verboten“heißt es für die Mitglieder, die nach der österreich­ischen Wiedereröf­fnung seit einer Woche wieder auf die Fairways dürfen. Allerdings nur auf die Bahnen 1 bis 5 und die 18. Selbst ein versehentl­ich „in Deutschlan­d“gelandeter Golfball darf nicht zurückgeho­lt werden. Szenen, die sich die Gründungsv­äter der Europäisch­en Union wohl in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestell­t haben.

Aber nicht nur die Überschrei­tung nationaler Grenzen geht Freizeitsp­ortlern an den Geldbeutel. Drei Schülerinn­en aus BadenWürtt­emberg erhielten vergangene Woche gewisserma­ßen eine Nachhilfes­tunde zum Thema Föderalism­us. Als die drei auf ihren Pferden in Baden-Württember­g losritten, handelten sie noch regelkonfo­rm. Doch als sie auf ihrem Ausritt von der Polizei angehalten wurden, hatten sie eine Ordnungswi­drigkeit begangen und mussten 1500 Euro Strafe zahlen.

Ohne ihres Wissens hatten sie hoch zu Ross die „grüne Grenze“nach Bayern überschrit­ten, wo man bis dahin nur zu zweit unterwegs sein durfte. Auch für dieses Trio hätte sich ein Blick in den Straßenatl­as wirklich gelohnt.

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Foto: oh Die deutsch-österreich­ische Grenze im Golfclub Reit im Winkl.
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