Koenigsbrunner Zeitung

„Das menschenle­ere Titania macht mich traurig“

Die Therme in Neusäß hat seit 16. März geschlosse­n. Die Betriebsle­iterin spricht über die finanziell­en Verluste, die Reaktion der Kunden und ein Fünkchen Hoffnung zur Wiedereröf­fnung

- VON REGINE KAHL

Neusäß Das Maskottche­n Tikki läuft nach Gästen suchend durch die Empfangsha­lle und der Kids-Klub dreht Mitmachvid­eos. Das TitaniaTea­m versucht, die Kunden aus der Ferne mit netten Filmchen im Internet bei Laune zu halten. Die Stimmung der Betriebsle­iterin, Jana Freymann, ist in dieser schwierige­n Lage der Schließung alles andere als gut. In einem Gespräch spricht sie über die größten Probleme für die Therme und ein kleines Licht am Horizont.

Wie viele Beschäftig­te hat das Titania und wie viele sind von der Schließung seit 16. März betroffen?

Freymann: Wir sind 113 Mitarbeite­r und jeder einzelne ist von Kurzarbeit betroffen. Momentan gibt es zwar zwei Dreierteam­s, die jeweils drei Tage abwechseln­d tätig sind, aber auch diese kommen nicht auf ihre Sollarbeit­szeit.

Welche Arbeiten müssen/können während einer solchen längeren Schließung trotzdem weiter noch gemacht werden? Freymann: Wichtig ist, dass wir die Anlagen am Laufen halten. Die Technik ist sehr komplex. Um wieder in Betrieb gehen zu können, müssen die Anlagen gepflegt und gewartet werden. Auch im administra­tiven Bereich fallen viele Aufgaben an. Rechnungen müssen gezahlt werden. Anträge für Kurzarbeit wurden gestellt, insgesamt läuft die Lohn- und Finanzbuch­haltung weiter. Wir prüfen unser Vertragswe­sen. Eine zeitnahe und fortlaufen­de Liquidität­svorschau ist unabdingba­r. Daneben steht für uns der Gästekonta­kt an erster Stelle. Als Ansprechpa­rtner sind wir telefonisc­h und per E-Mail erreichbar. Wir versenden unseren Newsletter und veröffentl­ichen News auf unserer Homepage sowie unter Nutzung der üblichen Social-Media-Kanäle.

Was muss mit dem Wasser gemacht werden?

Freymann: Das Wasser muss weiterhin umgewälzt, chloriert und die Wasserqual­ität überwacht werden. Die Filter werden gespült. Um Stagnation­en zu vermeiden, betätigen wir täglich alle Duschen, Wasserhähn­e und lassen die Attraktion­en zeitweise laufen. Auch Beckenwass­er-Beprobunge­n erfolgen weiterhin.

Gibt es schon Vorbereitu­ngen für den Tag X, an dem wieder eröffnet werden kann?

Freymann: Wir arbeiten an einer vorgezogen­en Revision. Leider haben wir keine Perspektiv­e, wann der Tag X tatsächlic­h kommt und in welchen Schritten die Wiedereröf­fnung konkret erfolgen kann. Die Meldung, dass ab 29. Mai in Österreich wieder Schwimmbäd­er öffnen dürfen, macht uns Hoffnung.

Wird die Revision aus dem Sommer vorgezogen?

Freymann: Wir haben im Erlebnisbe­cken und in den Kinderbeck­en bereits das Wasser abgelassen und befinden uns in aktiver Vorbereitu­ng für die diesjährig­e Revision. Welche Maßnahmen innerhalb welchen Zeitraumes möglich sind, bedarf noch einer abschließe­nden Klärung. Wir stehen hier im engen Kontakt mit der Stadt Neusäß. Wir als Titania Neusäß Betriebsge­sellschaft sind als Pächter der Anlage vorwiegend für Wartungs- und Instandhal­tungsmaßna­hmen zuständig. Umfangreic­he Bauprojekt­e fallen in das Resort der Eigentümer­in. Wir können nur an dieser Stelle sagen, dass wir gerade in dieser schweren Zeit sehr froh darüber sind, dass wir mit der Stadt Neusäß einen so starken Partner an unserer Seite haben.

Wie sind die Reaktionen Ihrer Kunden?

Freymann: Wir danken unseren Kunden für das große Verständni­s. Wir sind bei allen gebuchten Kursen zeitnah in Kontakt mit den Nutzern gegangen und haben hier Alternativ­en angeboten. Insbesonde­re bei den Schwimmkur­sen gab es seitens unserer Kunden sehr viel Verständni­s. Viele sind uns entgegenge­kommen und haben Vorreservi­erungen für einen späteren Kursstart angenommen.

Was sind die häufigsten Nachfragen? Freymann: Viele Nachfragen erhalten wir bezüglich Verlängeru­ng unserer Klubkarten und ob wir die Schließpha­se für Revisionst­ätigkeiten nutzen. Selbstvers­tändlich streben wir eine Verlängeru­ng unserer Klubkarten an. Momentan stehen wir allerdings vor den Problemen, dass wir aktuell keinen Zeitpunkt der Wiedereröf­fnung benennen können und auch nicht wissen, ob es sich hier um einen sukzessive­n Prozess handelt oder ob eine Komplettöf­fnung erfolgen kann.

Gibt es schon irgendwelc­he Signale, die Ihnen Hoffnung machen?

Freymann: Hoffnung macht uns auf jeden Fall, dass die Stadt Neusäß uns unterstütz­t. Weiterhin ist die Gewährung des Kurzarbeit­ergeldes durch die Agentur für Arbeit für uns eine bedeutende finanziell­e Unterstütz­ung. Wir möchten unsere Mitarbeite­r halten und geben unser Bestes, sie im Rahmen unserer Möglichkei­ten fair zu behandeln. Signale hinsichtli­ch eines Termins bezüglich Wiedereröf­fnung gibt es nicht. Das ist wie ein Blick in eine getrübte Glaskugel. Selbstvers­tändlich habe ich dafür Verständni­s, dass kein Politiker oder Virologe uns momentan diesen Zeitpunkt benennen kann. Auch aus meinem Verständni­s steht die Erhaltung der Gesundheit aller Menschen an erster Stelle, trotzdem macht es mich traurig, wenn ich durch das menschenle­ere Titania gehe.

Können Sie sagen, wie hoch der Verlust bisher oder durchschni­ttlich an einem Tag ist?

Freymann: Unsere Kosten belaufen sich im Jahr auf ca. 5 Millionen

Euro. Auch wenn wir einige Kosten reduzieren konnten, fahren wir täglich einen Verlust von ca. 10000 Euro ein.

Wie viele Besucher waren im Titania bis zum Tag der Schließung? Freymann: Von Januar bis zum 15. März 2020 hatten wir 37943 Besucher in unserem Haus inklusive Kleinkinde­r und Sportbecke­nnutzer. Im Jahr 2019 besuchten uns insgesamt mehr als 300 000 Gäste.

Wie sind Sie privat von der Krise betroffen?

Freymann: Ich bin an aller erster Stelle Mutter eines achtjährig­en Kindes. Als Betriebsle­iterin eines Freizeitun­ternehmens gehöre ich nicht zu den systemrele­vanten Branchen. Zu früheren Zeiten habe ich seitens meiner Nachbarsch­aft und im Freundeskr­eis viel Unterstütz­ung hinsichtli­ch der Betreuung erfahren. Das ist - der Situation geschuldet - selbstvers­tändlich nicht mehr möglich. Für mich bedeutet dieses einen stetigen Spagat. Gerade jetzt benötigt mein Kind familiäre Geborgenhe­it.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Chefin eines leeren Bades: Jana Freymann hofft auf eine baldige Wiedereröf­fnung des Titania. Doch derzeit ist kein Land in Sicht.
Foto: Marcus Merk Chefin eines leeren Bades: Jana Freymann hofft auf eine baldige Wiedereröf­fnung des Titania. Doch derzeit ist kein Land in Sicht.

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