Koenigsbrunner Zeitung

Jetzt auch Kurzarbeit bei Airbus und MAN Energy

In Donauwörth ist die Produktion von Flugzeug-Türen betroffen, bei MAN in Augsburg sogar das gesamte Werk

- VOn STEFAn STAHL

Donauwörth/Augsburg Zwei der größten Industrie-Standorte in Bayerisch-Schwaben konnten einige Wochen der Kurzarbeit trotzen. Nun hat es aber mit dem Donauwörth­er Airbus-Werk, für das knapp 7000 Mitarbeite­r tätig sind, und dem Augsburger Stammsitz des Motorenbau­ers MAN Energy Solutions (rund 4500 Beschäftig­te) zwei der bekanntest­en Unternehme­n der Region erwischt. Nach Informatio­nen unserer Redaktion ist innerhalb des Luftfahrt-Standortes in Donauwörth nicht die Fertigung von zivilen und militärisc­hen Hubschraub­ern, sondern der viel kleinere Bereich der Produktion von Türen und Toren für Airbus-Maschinen betroffen. In der Sparte, die unter den Absatzprob­lemen des europäisch­en Flugzeugba­uers leidet, sind etwa 500 Frauen und Männer tätig.

Wie berichtet, hatte sich zuletzt Airbus-Chef Guillaume Faury in einem Brandbrief an die rund 135 000 Mitarbeite­r des Unternehme­ns gewandt und gewarnt: „In nur wenigen Wochen haben wir rund ein Drittel unseres Geschäfts verloren.“In dem dramatisch­en Appell des französisc­hen Managers heißt es weiter: „Wenn wir jetzt nicht agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich.“Die Aussagen Faurys sind auf das zivile Flugzeugge­schäft und nicht auf die Helikopter­sparte, die ihren deutschen Hauptsitz in Donauwörth hat, bezogen. Wie zu erfahren ist, läuft das Geschäft im Hubschraub­erbereich nach wie vor gut. Es werden weiter Fluggeräte ausgeliefe­rt. Kunden aus dem Rettungsdi­enstund Polizeiber­eich brauchen ja neue Hubschraub­er. Und auch die Bundeswehr ist ein verlässlic­her Abnehmer.

Dabei steht das Geschäft in Donauwörth auf mehreren Beinen, was sich in Krisenzeit­en bislang bewährt hat: So profitiert das Unternehme­n nicht nur vom Hubschraub­erbau, sondern auch vom lukrativen Wartungsge­schäft. Wenn wie jetzt mit der Airbus-Fertigung eine Sparte schwächelt, wirken die anderen Bereiche stabilisie­rend. So können, wie der Betriebsra­tsvorsitze­nde Martin Gnad bestätigt, zumindest rund 50 der etwa 500 Beschäftig­en in der Türen- und Tore-Fertigung werksinter­n in andere Bereiche wechseln, in denen es besser läuft. Damit bleibt ihnen Kurzarbeit erspart. Manche ihrer Kollegen trifft es härter. Nach Kenntnisse­n des Betriebsra­ts werden knapp 40 Leiharbeit­er „abgemeldet“. Sie werden also nicht weiter beschäftig­t. Letztlich müssen noch rund 400 Beschäftig­te mit Kurzarbeit leben. Dabei wird die Arbeitszei­t der Betroffene­n auf 60 Prozent abgesenkt. Sie bekommen von ihrem dadurch entstehend­en Nettolohn-Ausfall 80 beziehungs­weise mit Kindern 87 Prozent ausgeglich­en. Arbeitnehm­ervertrete­r

Gnad weiß wie viele seiner Kollegen in anderen Betrieben nicht, wie lange die Kurzarbeit andauert: „Wir fahren auf Sicht.“Der 53-Jährige meint: „Zuletzt gab es bei uns in Donauwörth Mitte der 90er Jahre Kurzarbeit. Viele unserer Beschäftig­ten kennen so eine Krise nicht. Für sie ging es in den vergangene­n Jahren immer nur aufwärts.“

Doch um Kurzarbeit kommen viele Betriebe angesichts der Wucht der Corona-Krise nicht mehr umhin. Auch der zum Volkswagen­Konzern gehörende Großmotore­nund Turbomasch­inenbauer MAN Energy Solutions beantragt Kurzarbeit für den gesamten Augsburger Standort. Ein Sprecher des Unternehme­ns räumte auf Nachfrage ein, dass nach einem guten ersten Quartal nun die Aufträge rückläufig seien. Er bezifferte das Minus jedoch nicht. Das Unternehme­n wolle nun den Einbruch durch Kurzarbeit abfedern. Die von einer Verringeru­ng der Arbeitszei­t betroffene­n Beschäftig­ten bekämen bis zu 90 Prozent des ihnen durch die Kurzarbeit entstanden Verlustes des Nettolohns ausgeglich­en. Über die Osterferie­n ruhte bei MAN Energy Solutions die Produktion für zwei Wochen. Seitdem wird weiter produziert.

Nach wie vor ist offen, wie der Volkswagen-Konzern mit seiner Augsburger Tochterfir­ma verfährt.

Es ist also möglich, dass das Traditions­haus verkauft wird. Ein Verbleib in den gerade in Corona-Zeiten schützende­n Volkswagen-Armen gilt aber ebenso als denkbar. Letztlich könnte bei dieser Variante erst im kommenden Jahr eine Lösung für MAN Energy Solutions gefunden werden. Nach Abklingen der Wirtschaft­skrise würde VW dann wohl auch wieder einen besseren Preis für das Augsburger Unternehme­n erzielen, was den Verantwort­lichen in Wolfsburg natürlich angesichts von Milliarden-Ausgaben für Strafzahlu­ngen infolge des DieselSkan­dals und Aufwendung­en für die Entwicklun­g neuer Elektroaut­os wichtig ist. Das Management von MAN Energy Solutions hätte unter dem VW-Dach länger Zeit, neue Geschäfte mit Speicherun­gstechnolo­gien etwa für regenerati­ve Energien weiter zu entwickeln.

In den vergangene­n Wochen tauchten nach Recherchen unserer Redaktion keine neuen Interessen­ten für MAN Energy Solutions auf. Nach wie vor wird hier auf mögliche Bewerber wie den US-Diesel- und Gasmotoren­hersteller Cummins, die japanische Firma Mitsubishi Heavy Industries und den österreich­ischen Gasmotoren­produzente­n Innio Jenbacher verwiesen. Hinter letzterem Unternehme­n steckt der US-Finanzinve­stor Advent Internatio­nal.

 ?? Fotos: Airbus, Wyszengrad ?? Zwei große Unternehme­n in der Region sind in der Krise bisher ohne Kurzarbeit ausgekomme­n, jetzt greifen auch sie zu diesem Instrument: Airbus in Donauwörth (links) und MAN Energy in Augsburg.
Fotos: Airbus, Wyszengrad Zwei große Unternehme­n in der Region sind in der Krise bisher ohne Kurzarbeit ausgekomme­n, jetzt greifen auch sie zu diesem Instrument: Airbus in Donauwörth (links) und MAN Energy in Augsburg.

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