Jetzt auch Kurzarbeit bei Airbus und MAN Energy
In Donauwörth ist die Produktion von Flugzeug-Türen betroffen, bei MAN in Augsburg sogar das gesamte Werk
Donauwörth/Augsburg Zwei der größten Industrie-Standorte in Bayerisch-Schwaben konnten einige Wochen der Kurzarbeit trotzen. Nun hat es aber mit dem Donauwörther Airbus-Werk, für das knapp 7000 Mitarbeiter tätig sind, und dem Augsburger Stammsitz des Motorenbauers MAN Energy Solutions (rund 4500 Beschäftigte) zwei der bekanntesten Unternehmen der Region erwischt. Nach Informationen unserer Redaktion ist innerhalb des Luftfahrt-Standortes in Donauwörth nicht die Fertigung von zivilen und militärischen Hubschraubern, sondern der viel kleinere Bereich der Produktion von Türen und Toren für Airbus-Maschinen betroffen. In der Sparte, die unter den Absatzproblemen des europäischen Flugzeugbauers leidet, sind etwa 500 Frauen und Männer tätig.
Wie berichtet, hatte sich zuletzt Airbus-Chef Guillaume Faury in einem Brandbrief an die rund 135 000 Mitarbeiter des Unternehmens gewandt und gewarnt: „In nur wenigen Wochen haben wir rund ein Drittel unseres Geschäfts verloren.“In dem dramatischen Appell des französischen Managers heißt es weiter: „Wenn wir jetzt nicht agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich.“Die Aussagen Faurys sind auf das zivile Flugzeuggeschäft und nicht auf die Helikoptersparte, die ihren deutschen Hauptsitz in Donauwörth hat, bezogen. Wie zu erfahren ist, läuft das Geschäft im Hubschrauberbereich nach wie vor gut. Es werden weiter Fluggeräte ausgeliefert. Kunden aus dem Rettungsdienstund Polizeibereich brauchen ja neue Hubschrauber. Und auch die Bundeswehr ist ein verlässlicher Abnehmer.
Dabei steht das Geschäft in Donauwörth auf mehreren Beinen, was sich in Krisenzeiten bislang bewährt hat: So profitiert das Unternehmen nicht nur vom Hubschrauberbau, sondern auch vom lukrativen Wartungsgeschäft. Wenn wie jetzt mit der Airbus-Fertigung eine Sparte schwächelt, wirken die anderen Bereiche stabilisierend. So können, wie der Betriebsratsvorsitzende Martin Gnad bestätigt, zumindest rund 50 der etwa 500 Beschäftigen in der Türen- und Tore-Fertigung werksintern in andere Bereiche wechseln, in denen es besser läuft. Damit bleibt ihnen Kurzarbeit erspart. Manche ihrer Kollegen trifft es härter. Nach Kenntnissen des Betriebsrats werden knapp 40 Leiharbeiter „abgemeldet“. Sie werden also nicht weiter beschäftigt. Letztlich müssen noch rund 400 Beschäftigte mit Kurzarbeit leben. Dabei wird die Arbeitszeit der Betroffenen auf 60 Prozent abgesenkt. Sie bekommen von ihrem dadurch entstehenden Nettolohn-Ausfall 80 beziehungsweise mit Kindern 87 Prozent ausgeglichen. Arbeitnehmervertreter
Gnad weiß wie viele seiner Kollegen in anderen Betrieben nicht, wie lange die Kurzarbeit andauert: „Wir fahren auf Sicht.“Der 53-Jährige meint: „Zuletzt gab es bei uns in Donauwörth Mitte der 90er Jahre Kurzarbeit. Viele unserer Beschäftigten kennen so eine Krise nicht. Für sie ging es in den vergangenen Jahren immer nur aufwärts.“
Doch um Kurzarbeit kommen viele Betriebe angesichts der Wucht der Corona-Krise nicht mehr umhin. Auch der zum VolkswagenKonzern gehörende Großmotorenund Turbomaschinenbauer MAN Energy Solutions beantragt Kurzarbeit für den gesamten Augsburger Standort. Ein Sprecher des Unternehmens räumte auf Nachfrage ein, dass nach einem guten ersten Quartal nun die Aufträge rückläufig seien. Er bezifferte das Minus jedoch nicht. Das Unternehmen wolle nun den Einbruch durch Kurzarbeit abfedern. Die von einer Verringerung der Arbeitszeit betroffenen Beschäftigten bekämen bis zu 90 Prozent des ihnen durch die Kurzarbeit entstanden Verlustes des Nettolohns ausgeglichen. Über die Osterferien ruhte bei MAN Energy Solutions die Produktion für zwei Wochen. Seitdem wird weiter produziert.
Nach wie vor ist offen, wie der Volkswagen-Konzern mit seiner Augsburger Tochterfirma verfährt.
Es ist also möglich, dass das Traditionshaus verkauft wird. Ein Verbleib in den gerade in Corona-Zeiten schützenden Volkswagen-Armen gilt aber ebenso als denkbar. Letztlich könnte bei dieser Variante erst im kommenden Jahr eine Lösung für MAN Energy Solutions gefunden werden. Nach Abklingen der Wirtschaftskrise würde VW dann wohl auch wieder einen besseren Preis für das Augsburger Unternehmen erzielen, was den Verantwortlichen in Wolfsburg natürlich angesichts von Milliarden-Ausgaben für Strafzahlungen infolge des DieselSkandals und Aufwendungen für die Entwicklung neuer Elektroautos wichtig ist. Das Management von MAN Energy Solutions hätte unter dem VW-Dach länger Zeit, neue Geschäfte mit Speicherungstechnologien etwa für regenerative Energien weiter zu entwickeln.
In den vergangenen Wochen tauchten nach Recherchen unserer Redaktion keine neuen Interessenten für MAN Energy Solutions auf. Nach wie vor wird hier auf mögliche Bewerber wie den US-Diesel- und Gasmotorenhersteller Cummins, die japanische Firma Mitsubishi Heavy Industries und den österreichischen Gasmotorenproduzenten Innio Jenbacher verwiesen. Hinter letzterem Unternehmen steckt der US-Finanzinvestor Advent International.