Einige Studenten dürfen wieder auf den Campus
Die Hochschule startet am Montag einen eingeschränkten Präsenzbetrieb mit strengen Hygieneregeln und einer „Mensa to go“. Die Universität arbeitet noch an einem Konzept. Das sorgt für Kritik bei Studenten
Einige Studenten an der Hochschule Augsburg können aufatmen. Ab kommenden Montag darf ein Teil der 6700 Studierenden wieder auf den Campus und ausgewählte Kurse besuchen. Wegen der Corona-Pandemie sei der Präsenzbetrieb jedoch weit vom herkömmlichen Campusleben entfernt, sagt Hochschulsprecher Tobias Kolb. Normalerweise wäre jetzt in den Hörsälen, Laboren und Cafeterien auf dem Campus Hochbetrieb. Durch die CoronaKrise ist alles anders. Seit dem Sommersemester bieten die bayerischen Hochschulen in der Regel nur Online-Lehre an, um Ansteckungsrisiken zu vermeiden.
Das Problem: Praktische Unterrichtseinheiten können nicht über das Internet stattfinden. Deshalb geht die Hochschule für angewandte Wissenschaften ab 11. Mai mit bestimmten Angeboten wieder in den Präsenzbetrieb. Dazu zählen Praktika und Unterrichtseinheiten in Laboren und Werkstätten. Tobias Kolb betont jedoch: „Die Präsenzlehre bildet in diesem Semester eine absolute Ausnahme.“Studierende bekommen auf dem Campus sicherheitshalber eine Art Bodyguard. Sie werden an den Außentüren abgeholt und anschließend dorthin zurückgebracht. „Wir möchten aktuell nachvollziehen können, wer die Hochschule besucht“, sagt Kolb. Insgesamt
findet rund 85 Prozent des Lehrangebots weiter online statt. In der Informatik, Elektrotechnik und Wirtschaftslehre sind es rund 90 Prozent und mehr.
Für Veranstaltungen auf dem Campus hat die Hochschule ein Hygieneund Infektionsschutzkonzept erarbeitet, das Studenten und Dozenten schützen und sogar Klausuren ermöglichen soll. Konkret muss im Labor und in den Werkstätten ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Soweit das nicht möglich ist, muss ein MundNasen-Schutz getragen werden. Praktikumstermine dürfen nur in Kleingruppen mit maximal zehn Teilnehmenden stattfinden. Gleiches gilt für den Vorlesungsbetrieb. Es gibt beispielsweise eine ChemieVorlesung, die bis auf einen Termin online stattfindet. Die Professorin hat die meisten Experimente für die Online-Lehre vorbereitet. Sie hat Studierende angeleitet, wie sie mit haushaltsüblichen Stoffen chemische Experimente zu Hause durchführen können.
Die Hochschulbibliothek hat bereits seit 28. April wieder eingeschränkt geöffnet. Die Bibliothek kann aber nur zu Recherchezwecken sowie zur Ausleihe und Abgabe von Büchern und anderen Medien genutzt werden, nicht als Lern- oder Arbeitsort. Die Hochschule bekommt als erste in Schwaben ab Dienstag auch eine „Mensa to go“, und zwar auf dem Campus am
Brunnenlech. Wie das Studentenwerk mitteilt, wird es zwei Gerichte zur Auswahl geben, die am Vortag bestellt werden müssen und am Ausgabetag zwischen 11.30 und 13.30 Uhr abgeholt werden können.
An der Universität Augsburg mit rund 18500 Studierenden wird derzeit an einem Konzept gearbeitet, wie Praxisangebote auf dem Campus wieder stattfinden können. Laut Unisprecher Michael Hallermayer betrifft dies beispielsweise Sport, Musik, Kunst oder Lehre im Labor. Ansonsten läuft an der Uni die Lehre weiter vor allem online.
Auch die Universitätsbibliothek ist geschlossen. Theoretisch dürfte sie zwar wieder öffnen, doch dies sei aktuell durch die strengen Vorgaben des Infektionsschutzes noch nicht möglich, teilt die Uni mit. Per kontaktloser Ausleihe und einem ScanService haben aktuell nur Dozenten, Doktoranden und Habilitierende Zugang zu den Bibliotheksinhalten. Ab 13. Mai soll der Service dann auch auf Studenten, die gerade eine Abschlussarbeit schreiben oder für Examensprüfungen lernen müssen, ausgeweitet werden. Denn diese trifft die fast zweimonatige Schließung der Bibliothek besonders hart. Eine von ihnen ist Lisa Huber (Name geändert), die aktuell ihre Bachelorarbeit schreibt. Deren Abgabe verzögere sich wegen der geschlossenen Bibliothek um ein bis zwei
Monate. „Viele Bücher, die ich für meine Arbeit brauche, gibt es einfach nicht digital“, erklärt sie.
Mehrere Bücher habe sie sich für ihre Arbeit gekauft, um weiterschreiben zu können. Sie kritisiert, dass von der Universität zu lange keine Informationen kamen. „Zuerst hieß es, dass die Uni-Bibliotheken ab dem 27. April wieder aufmachen dürfen, aber dann kam lange nichts mehr.“Sie kritisiert: „Andere Unis bieten ihren Abschlussstudenten an, ihnen Bücher zuzuschicken“. Insgesamt, meint sie, könnte das digitale Angebot besser sein auch unabhängig von Corona.
Davon würden auch alle anderen Studenten profitieren. Denn auch für diese hat die geschlossene Bibliothek Folgen. So verzögern sich zum Beispiel auch Abgaben für Hausarbeiten aus dem letzten Semester mit jedem Tag, den die Bibliothek geschlossen ist. Doch die Literaturversorgung für alle Studenten sei erst in einem noch späteren Schritt geplant, so Hallermayer. „Dieses schrittweise Vorgehen ermöglicht es, die Einhaltung der Hygienemaßnahmen zu überprüfen, und verhindert einen Ansturm, der zu ungewollten Gruppenbildungen auf dem Campus führen könnte“, sagt er. Ob Studenten in diesem Semester noch wie sonst in der Bibliothek lernen oder vor Ort nach Literatur suchen können, steht ohnehin noch in den Sternen – das hängt von der weiteren Entwicklung der Corona-Situation ab.