Koenigsbrunner Zeitung

Ein Feuerball über Schwabmünc­hen

Der spätere Landrat Karl Vogele erlebte Bilder, die ihn traumatisi­erten

-

Schwabmünc­hen/Langerring­en Es war ein traumatisc­hes Erlebnis für den späteren Landrat Karl Vogele: Nach einem verheerend­en Bombenangr­iff am 4. März 1945 stand ein Feuerball über Schwabmünc­hen. 61 Menschen verloren ihr Leben, der Großteil des Orts war nur noch Schutt und Asche. Vogele, damals fünf Jahre alt und ein Lausbub, erinnert sich: „Unsere Mutter ging mit uns wegen der herannahen­den Bomber in den Keller, obwohl uns der im Falle eines Falles uns sicherlich auch nicht geschützt hätte. Als es nach den schrecklic­hen Geräuschen, die uns viel Angst einjagten, draußen wieder ruhig wurde, gingen wir nach oben. Ich stand am Zaun und sah einen großen Feuerball über Schwabmünc­hen, der immer größer wurde. Ich fürchtete, dass er auch zu uns kommen würde, und rannte weg. Nach einer großen

Suchaktion fand mich meine Mutter dann wieder. Wo, das weiß ich heute nicht mehr.“

Seine Kindheit in Langerring­en bezeichnet­e er als „einfach, ärmlich, aber schön“– auch wenn sein Vater Karl Vogele sen. im Krieg und damit weg war. „In Langerring­en bekamen wir als Kinder nichts davon mit, außer, dass mein Vater irgendwo kämpfte. Wir hatten keine Ahnung, ob er noch lebte. Doch das waren wir so gewöhnt. Er war ja nie da.“Dank des Gartens und der fleischwer­en ßigen Mutter, die Schneideri­n war, gab es genug zu essen. „Not spürten wir keine. Und auf tolle Kleidung oder Schuhe im Sommer legten wir keinen Wert. Alles war so in Ordnung, wie es war“, erinnert sich Vogele.

Einmal während des Krieges sei der Vater nach Hause gekommen. Er war 1944 bei Stalingrad verletzt worden. Er kam ins Lazarett und durfte zurück nach Schwabmünc­hen. „Das war für mich ziemlich ungewohnt“, so Vogele. Doch der Vater musste wieder zurück an die Front.

Auch das Kriegsende hat Vogele als solches wohl nicht wahrgenomm­en. „Alles war wie immer. Für uns hatte sich nichts verändert.“Wenn nicht die Amerikaner gekommen wären. „Ich weiß noch, dass ich mich schrecklic­h fürchtete und mir der Atem stockte, als die riesigen Panzer lärmend durch Langerring­en rollten. Doch dann erwiesen sich die schwarzen Soldaten als sehr freundlich. Sie schenkten uns Bonbons. Ich bekam eine Banane und eine Orange von ihnen. Früchte, die ich noch nie gesehen hatte. Als wir sie zu Hause aßen, war das eine richtige Feier. Meine Mutter verband diese Geschenke mit dem Kriegsende, wir Kinder mit einem tollen Erlebnis.“

Das nächste Großereign­is war für Vogele, der 1946 in die Schule kam, die Heimkehr des Vaters aus zweijährig­er Gefangensc­haft. In der Normandie war er den Engländern in die Hände gefallen. „Ich seh’ in noch vor mir, wie er im Haus stand, völlig ausgemerge­lt und in Lumpen gekleidet. Meine kleine Schwester Anna, damals vier Jahre alt, sagte: Mami, wann geht der alte Mann wieder?“

 ?? Repro: Christian Kruppe ?? Ein Bild aus unbeschwer­ten Tagen im Garten in Langerring­en: der Vater des späteren Landrats Karl Vogele mit Frau und Tochter Anna. Karl Vogele sen. wurde 1941 eingezogen. Er überlebte Stalingrad, geriet in Gefangensc­haft und kam dann als gezeichnet­er Mann 1947 zurück.
Repro: Christian Kruppe Ein Bild aus unbeschwer­ten Tagen im Garten in Langerring­en: der Vater des späteren Landrats Karl Vogele mit Frau und Tochter Anna. Karl Vogele sen. wurde 1941 eingezogen. Er überlebte Stalingrad, geriet in Gefangensc­haft und kam dann als gezeichnet­er Mann 1947 zurück.
 ??  ?? Karl Vogele
Karl Vogele
 ??  ?? Karl Vogele sen.
Karl Vogele sen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany