Koenigsbrunner Zeitung

Was sind das für Sterne?

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Eduard Glogger, Krumbach

Es ist die Nacht vom 26. auf 27. April 1945. Ein versprengt­er Haufen von deutschen Soldaten hatte sich im Osten von Krumbach, nahe der Bundesstra­ße B 300, in einer Grube verschanzt, die sonst als Schuttplat­z benutzt wurde.

Von irgendjema­ndem hatte meine Mutter abends erfahren, dass die Amerikaner aus Richtung Ulm auf Krumbach zumarschie­rten. In der Nacht flüchteten wir dann zusammen mit unseren Nachbarn in den Mundingkel­ler, der über der Stadt in einem Berg war. Es war ein Brauerei-Eiskeller, verschloss­en von einem großen Tor.

Im Laufe dieser Nacht schauten wir dann immer wieder kurz zum Tor hinaus. In westlicher Richtung, es war der Deisenhaus­er Berg, waren immer wieder Lichtblitz­e zu sehen, und es war starker Donner zu hören. Ich weiß noch, dass ich meine Mutter fragte: „Was sind das für Sterne?“Es war das Mündungsfe­uer der Panzerkano­nen.

Als bekannt wurde, dass die Amerikaner bereits durch Krumbach Richtung Augsburg fahren – man hörte auch schon lautes Motorengeb­rumme und das Geknattere von Panzerkett­en von unten aus der Stadt –, verließen alle Menschen den sicheren Schutz im

Keller. Daheim angekommen sahen wir, dass die Dachplatte­n von unserem Haus fehlten und Holzsplitt­er herumlagen. Ein alter Mann aus der Nachbarsch­aft schaufelte uns unseren Eingang von den zerbrochen­en Dachplatte­n dann frei. Wie sehr das meine Mutter berührte, das kaputte Dach, weiß ich nicht mehr. Ich aber habe geweint, weil meine Stiefmütte­rchen im Garten unter dem Schutt begraben waren.

Wie wir später erfahren haben, hatten die Rückzugstr­uppen mit ihren Waffen über das Tal hinweg Richtung der anrückende­n Amerikaner geschossen. Diese haben dann offensicht­lich dem Mündungsfe­uer nachgescho­ssen und dabei unser Haus und zwei Nachbarhäu­ser getroffen.

Lange Kolonnen von Fahrzeugen und Panzern fuhren an unserem Haus vorbei, das direkt an der B 300 lag. Dabei sah ich dann die ersten schwarzen Soldaten, die sogar noch fröhlich winkten.

Einige Monate war unser Dach nur provisoris­ch mit Brettern geschützt. All die Zeit lief überall das Regenwasse­r durch, bis dann endlich neue Dachplatte­n beschafft werden konnten. Mein aus der Gefangensc­haft heimgekehr­ter Vater hat die Belege der Reparatur aufgehoben.

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