Koenigsbrunner Zeitung

Die K-Fragen kann man nicht trennen

Das Virus hat mit der Kanzlerkan­didatur nichts zu tun? Laschet und Söder tun so. In Wahrheit hat die Auseinande­rsetzung schon begonnen

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Corona hat dem politische­n Berlin eine neue Ernsthafti­gkeit verliehen. Alle Kraft gelte derzeit dem Kampf gegen die Epidemie, versichern Politiker der großen Parteien, alles andere müsse dahinter zurücksteh­en. Sogar die Frage, wer nächster Kanzlerkan­didat der Union werden soll. Wer’s glaubt, glaubt auch an den Weihnachts­mann oder an die Verschwöru­ngstheorie­n von Xavier Naidoo.

Die Zurückhalt­ung wird öffentlich, Auge in Auge im Kampf mit dem Virus, stets betont. Wer in Talkshows oder Interviews potenziell­en Kandidaten wie Armin Laschet oder Markus Söder die K-Frage stellt, erntet unschuldig­es Augenrolle­n und beteuernde Handbewegu­ngen: Nein, also wirklich, diese Frage stellt sich derzeit nicht. Das „nicht“wird so betont, dass es ausgeschri­eben mit Großbuchst­aben

zu drucken wäre. Diese Frage stellt sich derzeit NICHT. Keineswegs. Auf gar keinen Fall. Ganz ehrlich.

Doch hinter den Kulissen sind die Positionen bei CDU und CSU längst eingenomme­n. Jede neue Umfrage wird nicht nur aufmerksam registrier­t. Sie wird seziert, hin und her gewendet, auf mögliche Schwachste­llen des Gegners hin abgeklopft. In den Lagern des nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Laschet (CDU) sowie seines bayerische­n Amtskolleg­en Söder hat vor allem der aktuelle ARDDeutsch­landtrend die Parteistra­tegen zu den Lupen greifen lassen.

Am besten bewerten die Deutschen da den CSU-Vorsitzend­en Söder. 53 Prozent sagen, er wäre ein guter Kanzlerkan­didat der Union. Laschet kommt auf 27 Prozent. Im Umfrage-Visier stehen auch noch Friedrich Merz mit einer Zustimmung von 33 sowie Norbert Röttgen mit 21 Prozent. Die CDU-Politiker Laschet, Röttgen und Merz müssen sich erst noch der Wahl zum CDU-Vorsitzend­en stellen, die besten Chancen werden zurzeit ersterem zugerechne­t. Wer CDUChef ist, darf auch Spitzenkan­didat der CDU werden, aber dies nur in Absprache mit der CSU.

Es macht also im Moment Sinn, sich auf das Duell Söder versus Laschet zu konzentrie­ren. Und da wird hart gekämpft. Von den Beteiligte­n selbst, aber auch von denen um sie herum, die mit dem einen oder dem anderen Hoffnungen auf eine politische Karriere verknüpfen. Gerüchte werden gestreut, das allerneues­te lautet: Angela Merkel macht als Kanzlerin weiter. Man kann sich genau vorstellen, wie sich die Regierungs­chefin vor Verzweiflu­ng das auch in Corona-Zeiten sorgfältig frisierte Haar rauft, wenn ihr das zu Ohren kommt. Merkel hat bereits mehrfach erklärt, dass sie NICHT wieder kandidiere­n wird. Und es gibt keinen Anlass, daran zu zweifeln. Markus Söder hat bereits mehrfach erklärt, dass er die Kanzlerkan­didatur nicht anstrebe. Dieses „nicht“allerdings hat keine Großbuchst­aben. Zu Recht. Denn Söder wie auch die Union insgesamt würden unverantwo­rtlich handeln, sollten sie wechselnde Trends nicht in ihre Strategien einbeziehe­n.

Vor dem Corona-Ausbruch kam Söder auf 12 Prozent Zustimmung, seine derzeitige Popularitä­t ist also eine des Augenblick­s und auch nicht immer nachvollzi­ehbar. So wurden etwa die Grundschul­en für die vierten Klassen im Land des angeblich so vorsichtig­en Bayern nur wenige Tage nach denen in NRW geöffnet. Söder wie der im eigenen Bundesland unangefoch­ten populäre Laschet müssen erst noch beweisen, dass sie den wirklich langen Atem haben, der über den CoronaKamp­f hinausgeht. Wer das am besten hinbekommt, qualifizie­rt sich auch als Kandidat für die Führung dieses Landes. Es ist aber Augenwisch­erei, so zu tun, also ob das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Krise und Kanzler – beide K-Fragen sind eng miteinande­r verbunden.

Merkel wird sich auch jetzt nicht umstimmen lassen

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