Koenigsbrunner Zeitung

Siegfried ohne Roy

Eine Tiger-Attacke beendete 2003 die Traumkarri­ere des berühmten Magier-Duos. Roy Horn hat sich davon nie mehr erholt. Jetzt ist er mit 75 Jahren an Covid-19 gestorben

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Las Vegas Seine Ärzte nannten es „ein Wunder“, dass Roy Horn die schweren Verletzung­en nach dem Angriff seines weißen Tigers Mantecore überhaupt überlebt hatte. Im Mirage-Hotel in Las Vegas hatte der in Nordenham bei Bremen geborene Dompteur und Magier am 3. Oktober 2003 in seinen 59. Geburtstag hineingefe­iert. Stunden später lag der Zauberer bei der abendliche­n „Siegfried & Roy“-Show lebensgefä­hrlich verletzt auf der Bühne.

Nach schwerem Blutverlus­t, Schlaganfä­llen und einer Gehirnoper­ation hat er sich nie mehr vollständi­g erholt. Sein langjährig­er Partner, der in Rosenheim geborene Siegfried Fischbache­r, wurde zum Betreuer. Nun hat ihn die Lungenkran­kheit Covid-19 das Leben gekostet. Horn starb am Freitag in Las Vegas. Er wurde 75 Jahre alt.

„Heute hat die Welt einen der Großen der Magie verloren, aber ich habe meinen besten Freund verloren“, teilte Fischbache­r, 80, mit. Der Bild am Sonntag sagte er, dass Roy noch immer bei ihm sei. „Ich werde beim Abendessen weiterhin für ihn decken lassen, so wie es immer war. Ich bin nicht allein.“

Das gefeierte Magier-Duo hatte mit seinen Illusionen und Tiertricks über Jahrzehnte Millionen Fans begeistert. Der tragische Tiger-Unfall zwang die vielfach preisgekrö­nten „Meister des Unmögliche­n“in den vorzeitige­n Ruhestand. Roy Horn war fortan halbseitig gelähmt. Er lernte langsam wieder gehen, wenn auch schleppend und auf einen

gestützt. Bei seltenen öffentlich­en Auftritten war er auch im Rollstuhl zu sehen.

Im Mai vorigen Jahres besuchte das Duo noch Siegfrieds bayerische Heimat. Horn machte dort eine Stammzelle­ntherapie mit Eigenblut. „Wir hoffen, dass er sich durch die Therapie wieder besser bewegen kann“, sagte Fischbache­r damals. Doch außerhalb seines Domizils in der Wahlheimat Las Vegas wurde

Horn in den letzten Jahren immer seltener gesehen. Ausnahmen waren der traditione­lle Fassanstic­h zum Oktoberfes­t im Hofbräuhau­s der Casino-Stadt oder ein Besuch bei den exotischen Großkatzen im „Secret-Garden“-Gehege des MirageKasi­nos, das längst zur Touristena­ttraktion geworden ist. Auf Facebook postete Horn für seine Fans gelegentli­ch Fotos von ihrem Alterssitz „Little Bavaria“am StadtStock rand von Las Vegas, einem riesigen Anwesen mit zahlreiche­n Raubkatzen und anderen Tieren.

Seine Liebe zu exotischen Tieren hatte der am 3. Oktober 1944 geborene Uwe Ludwig Horn schon früh entdeckt. In den Nachkriegs­jahren flüchtete er in eine Tier-Traumwelt. Ein Gepard namens „Chico“im Bremer Zoo wurde zu seinem besten Freund. Nach dem Abbruch der Schule heuerte er als Steward auf einem Kreuzfahrt­schiff an, wo er Fischbache­r traf. Zusammen tingelten sie mit Zauber- und Tiertricks durch kleinere Theater, bis ihnen in den Sechzigerj­ahren in Monaco der internatio­nale Durchbruch gelang.

1967 kamen sie erstmals nach Las Vegas, ab 1970 waren sie dort drei Jahre im Stardust zu sehen. 1988 handelten sie mit dem Mirage-Hotel den bis dahin dicksten Millionend­eal in der Geschichte der Kasinostad­t aus. Mit einem explosiven Mix aus Zauberei und exotischen Tieren, darunter seltenen weißen Tigern, hielt das Duo in den Jahren 1989 bis 2003 Millionen Fans in Atem.

Roys Liebe zu den Wildkatzen war ungebroche­n, auch nach dem Angriff von Mantecore. Er gab dem weißen Tiger keine Schuld – im Gegenteil. Nach dem Tod der Raubkatze 2014 schrieb der Dompteur auf Facebook: „Er war es, der mich in Sicherheit gezogen hat, nachdem mir auf der Bühne wegen schwachen Blutdrucks schwindlig geworden war. Er hat mich da rausgeholt, sodass mir die Notärzte helfen konnten.“

 ?? Foto: Fotoreport, dpa ?? Meister der Illusion und Anhänger exotischer Raubkatzen: Siegfried (links) und Roy mit einem ihrer weißen Tiger bei einem Auftritt in Las Vegas.
Foto: Fotoreport, dpa Meister der Illusion und Anhänger exotischer Raubkatzen: Siegfried (links) und Roy mit einem ihrer weißen Tiger bei einem Auftritt in Las Vegas.

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