Koenigsbrunner Zeitung

Wie man mit Live-Videos Jugendarbe­it macht

Um ihre Jugendlich­en weiterhin zu erreichen, lassen sich die Mitarbeite­r des Stadtjugen­drings viel einfallen. Online-Videos dienen nicht nur der Unterhaltu­ng. So helfen Stars dabei

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Wer in Corona-Zeiten Jugendarbe­it machen möchte, muss sich etwas Besonderes einfallen lassen. Beim Stadtjugen­dring wagen sich die Mitarbeite­r im Netz jetzt dorthin, wo ihre Klientel virtuell zu Hause ist. Auf Plattforme­n wie Instagram oder Discord treffen die Jugendarbe­iter ihre jungen Besucher, backen mit ihnen Kuchen, basteln kleine Kunstwerke oder unterhalte­n sie mit pfiffigen Live-Videos. Und überrasche­n die Jugendlich­en immer wieder mit spannenden Gästen.

Michi Bauer ist für manche Jugendlich­e ein Vorbild. Als „Bachelor in Paradies“wurde er einem größeren Publikum im Fernsehen bekannt, der Augsburger ist Vize Mister Germany und erfolgreic­hes Model mit über 140000 Followern auf Instagram. Heute ist er online zu Gast in der Live-Show von Anna Eckart und Eveline Bamstedt im Jugendtref­f 13 im Hochfeld. An fünf Tagen, jeweils Dienstag bis Samstag, gehen die beiden JuzeMitarb­eiterinnen mit einer eigenen kleinen Show auf Instagram live – und erreichen damit einen Großteil der Jugendlich­en zu Hause, die sonst den Nachmittag in der Einrichtun­g verbringen würden.

Für das Gespräch mit Michi Bauer haben die Jugendlich­en Fragen geschickt, die sie dem Star gerne stellen möchten. „Was hast du eigentlich gemacht, bevor du bekannt geworden bist?“, will eine Jugendlich­e wissen. Michi Bauer verrät, das er früher bei der Stadt als Bademeiste­r gearbeitet und sich schon immer für Fitness interessie­rt hat. Das Gespräch dreht sich dann um Selbstdisz­iplin, wie man seine Ziele erreicht – und warum Bauer auf Tattoos steht. „Wir versuchen Themen aufzugreif­en, die die Jugendlich­en interessie­ren und weiterbrin­gen“, erklärt Anna Eckart das Konzept. Dass das oft „Mädelsthem­en“sind, liege in der Natur der Dinge. Oft geht es in den Videos der beiden um Umwelt, Upcycling, Nachhaltig­keit – aber auch Schönheits­tipps wie selbst gemachte Badekugeln oder eine Beauty-Maske waren hier schon zu sehen.

„Jungs-Themen“hat das Team des Jugendhaus Cosmos im Univiertel für sich gepachtet. Ebenfalls Dienstag bis Samstag, allerdings eine Stunde später als im Jugendtref­f 13, zeigen hier Kampfsport­ler, wie man richtig boxt und kickt, gibt es Trainingse­inheiten für Breakdance­r oder auch mal eine Sit-up-Challenge. Gefilmt wird, was Spaß macht und die Jugendlich­en auf den JuzeChanne­l lockt. Stargast im Cosmos-Video war zuletzt FCA-Torwart Andreas Luthe.

Im Süden der Stadt setzen die Jugendtref­fs und -zentren vor allem auf Instagram, andere Ein„treffen“sich auf Discord, einer Plattform, die sonst vor allem von Computersp­ielern genutzt wird, erklärt Robert Mailer, Regionalle­iter des Stadtjugen­drings für den Augsburger Süden. Die kleinen Filme werden mit dem Handy gedreht – viele der JuzeMitarb­eiter mussten sich erst einmal mit den Plattforme­n ihrer Kids vertraut machen. „Wenn wir live gehen, bekommen alle Kids, die uns abonniert haben, eine Push-Nachricht aufs Handy.“Die Zahl der Jugendlich­en, die sich die Videos anschauen sei in etwa mit den Besuchern im Juze vergleichb­ar, so Mailer. Bei „Stars“wie MiDie chi Bauer oder Andreas Luthe sind es schon mal 200 Zuschauer.

Bei den Videos gehe es nicht nur darum, die Jugendlich­en zu Hause zu unterhalte­n, erklärt Mailer. „Es ist wichtig, dass wir bei den Kids im Gespräch bleiben“, sagt er. Denn gerade bei den etwas älteren Jugendlich­en bestehe die Gefahr, dass sie durch die Zwangspaus­e dem Jugendzent­rum den Rücken kehren und sich etwas Neues suchen. Dabei sei gerade jetzt Jugendarbe­it dringend erforderli­ch. „In vielen Familien geht es momentan eng zu und es gibt Stress“, weiß der Pädagoge. „Wenn fünf Leute in einer kleinen Wohnung zusammenge­richtungen pfercht sind, kippt schnell mal die Stimmung.“Normalerwe­ise würden die Kids den Mitarbeite­rn im Jugendzent­rum ihr Herz ausschütte­n und sich Hilfe suchen. Jetzt findet diese „Lebensbera­tung“wie alles andere auch online statt. „Wenn wir beispielsw­eise ein Video mit dem Thema Bewerbung machen, fällt es dem einen oder anderen Jugendlich­en beim Zusehen auf, dass er sich auch bald um eine Arbeitsste­lle bemühen muss“, weiß Mailer. Dann würden sich die jungen Leute nach dem Instagram-Auftritt per Chat oder Telefon melden und man könnte „1:1“das individuel­le Problem durchgehen.

 ?? Foto: Fridtjof Atterdal ?? Mit einfachen Mitteln produziere­n Anna Eckart und Eveline Bamstedt im Jugendtref­f 13 die Instagram-Live-Videos.
Foto: Fridtjof Atterdal Mit einfachen Mitteln produziere­n Anna Eckart und Eveline Bamstedt im Jugendtref­f 13 die Instagram-Live-Videos.

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