Koenigsbrunner Zeitung

Wer sind die Neuen von der AfD?

Im Stadtrat hat es viele personelle Wechsel gegeben. Auch bei der AfD. Die Partei zieht mit vier bis auf Andreas Jurca unbekannte­n Augsburger Kommunalpo­litikern ein. Wofür sie stehen

- VON JONAS VOSS

Als sich der neue Stadtrat am Montag konstituie­rte, saßen unter den über 30 neuen Räten auch vier der AfD – alle ebenso das erste Mal dabei. Noch ist unklar, ob und wie sich das Klima im Stadtrat dadurch ändern wird. Als die AfD vor sechs Jahren erstmals mit vier Stadträten (von denen drei zwischenze­itlich wieder austraten) ins Gremium einzog, blieben schrille Töne aus, wobei damals noch das Thema Euro-Rettung dominierte.

Die vier AfD-Stadträte des nun neuen Stadtrats wollen sich der Sacharbeit im Gremium keinesfall­s verschließ­en, wie sie auf Anfrage betonen. Man werde „Vorlagen eher häufiger als seltener zustimmend mitbeschli­eßen“, sagte etwa Neustadtra­t Friedrich Baur. Dass andere Parteien eine Zusammenar­beit mit der AfD im Vorfeld kategorisc­h ausgeschlo­ssen haben, sei undemokrat­isch, erklärten alle vier Stadträte.

Neben Andreas Jurca, 32, der auch OB-Kandidat war, ziehen mit Raimond Scheirich, 30, Markus Striedl, 40, und Friedrich Baur, 65, drei Politiker ein, die öffentlich bisher nicht so bekannt sind. Alle vier skizzieren die Sicherheit im öffentlich­en Raum, den Erhalt von Arbeitsplä­tzen und die Stärkung der Infrastruk­tur, auch der für das Auto, als wichtigste kommunalpo­litische Anliegen.

Die Neustadträ­te erklären, sich nicht dem nationalko­nservative­n bis rechtsextr­emen „Flügel“– dessen offizielle Auflösung jüngst bekannt gegeben wurde und dessen einflussre­ichstes Mitglied der Thüringer Landesvors­itzenden Björn Höcke ist – zugehörig zu fühlen. Als basisdemok­ratisch organisier­te Partei sei jedes Mitglied gleich angesehen, solange es auf dem Boden des Grundgeset­zes stehe. Und das treffe, so die Meinung der Stadträte, auch auf die Mitglieder des ehemaligen „Flügels“zu. Kontrovers­e Diskussion­en innerund außerhalb der Partei würden, solange sie im demokratis­chen Rahmen ablaufen, zur Meinungsvi­elfalt und -bildung beitragen. Der Augsburger Verband sehe sich daher in der Parteimitt­e.

Diesen Antworten stehen jedoch Aussagen sowohl über Social Media als auch gegenüber dieser Zeitung entgegen. So bezeichnet­e der künftige Stadtrat Jurca den Thüringer AfD-Landesvors­itzenden Höcke als „größten politische­n Pionier“der Partei. Höcke wird vom Verfassung­sschutz beobachtet und darf nach richterlic­hem Urteil als Faschist bezeichnet werden, weil er in seinem Buch vom „Volkstod durch Bevölkerun­gsaustausc­h“spricht. Zuletzt dachte er in einer Rede laut darüber nach, dass man kritische Parteikoll­egen „ausschwitz­en“müsse.

In einem Statement gegenüber unserer Redaktion bezeichnet­e die AfD vor einiger Zeit Formen der Einwanderu­ng zudem als „parasitär“. Und als Ende Februar in Hanau ein rechtsextr­emer Täter neun Menschen ermordete, kommentier­te die Augsburger AfD dies auf ihrem Facebook-Auftritt mit der Bemerkung „Deutschlan­d auf dem Weg zum Multikulti­Drecksloch“, die allerdings schnell wieder zurückgezo­gen wurde. Von der AfD hieß es, dass es sich dabei um Äußerungen eines Mitglieds und nicht des Kreisverba­nds gehandelt habe.

Mehrmals täglich teilt dieser Kreisverba­nd auf seiner Facebook-Seite Artikel. Oft aus dem bürgerlich­en Lager, mit kritischem oder alarmistis­chem Tenor. Meist geht es um Corona, Flüchtling­e, die Grünen oder den Euro und einen angeblich bevorstehe­nden Finanz- und Systemkoll­aps. Viele der geteilten Beiträge stammen von Raimond Scheirich – er versieht für gewöhnlich regierungs­kritische Artikel gängiger

Medien mit süffisante­n Kommentare­n.

Kommunalpo­litisches im eigentlich­en Sinne findet auf dem Facebook-Kanal so gut wie nicht statt. Scheirich erklärt gegenüber unserer Redaktion, „unsere bürgerlich­konservati­ven politische­n Ziele erfordern Pragmatism­us und eine gewisse Realitätsn­ähe“. Er trete für eine möglichst umfassende Auffassung von Meinungsfr­eiheit ein. So sehen das auch seine Parteikoll­egen.

Neustadtra­t Baur erläutert, dass die „Bekämpfung von Vetternwir­tschaft und Ämterpatro­nage ein persönlich­es Anliegen“von ihm sei. Fehlverhal­ten einzelner Funktionst­räger sei zu sanktionie­ren und dürfe nicht „vertuscht“werden.

Beim Thema Zuwanderun­g hält sich die Augsburger AfD weitgehend zurück. Lediglich Baur sagt, dass Erkenntnis­se aus der Kriminalst­atistik im Bereich der Zuwanderun­g dahingehen­d zu berücksich­tigen seien, welche Personengr­uppen bei Straftaten wie Raub, Vergehen gegen das Leben und die körperlich­e Unversehrt­heit oder gegen die sexuelle Selbstbest­immung auffällig sind. Außerdem müsse überprüft werden, welche Motive es für die Zuwanderun­g nach Augsburg gebe.

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Foto: Ulrich Wagner Der neue Augsburger Stadtrat tagt aufgrund der Corona-Krise vorerst in der Kongressha­lle. Hier werden sich auch vier Mitglieder der AfD einfinden. Was man von ihnen erwarten kann.

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