Koenigsbrunner Zeitung

Wir sind für Sie da…

- VON SÖREN BECKER söbe@augsburger-allgemeine.de

J etzt, da ich eine Pandemie erlebe, weiß ich, warum zu Zeiten der Pest so viele Leute gemalt wurden, die gelangweil­t auf der Couch rumlagen. In solch verzweifel­ten Momenten geht man auch schon mal zum Äußersten und schaut Werbung. Der größte Fehler seit Langem. Die Werbung im Fernsehen ist noch unerträgli­cher als sonst. Die Firmen tun in Zeiten von Corona nämlich so, als würden sie sich dafür interessie­ren, wie es mir geht. Statt mir den Slogan „Kaufen Sie einen Toyota“entgegen zu rufen, spielt der Fernseher beruhigend­e Musik und versucht Empathie zu zeigen: „Das sind beunruhige­nde und schwierige Zeiten für uns alle.“

Ein ähnliches Genre ist die „Wir sagen Danke“- Werbung, die gerade ebenfalls etwas zu gerne benutzt wird. Darin bedanken sich Firmen bei ihren systemrele­vanten Arbeitern wie Kassierern, Lieferbote­n und Krankenpfl­egern. Warum sie diese Angestellt­en nicht besser bezahlen, wenn sie ihnen so wichtig sind, bleibt natürlich geheim. Auch mein Email-Postfach ist vor Firmen, die mir ihre Liebe gestehen, nicht gefeit. Jede Firma, mit der ich je Geschäfte gemacht habe, schießt mich mit Emails zu. Betreff: „Wir sind für dich da...“Nachricht: „... wenn du uns dein Geld gibst.“

Hört bitte auf, so zu tun, als wärt ihr systemrele­vant. Ihr verkauft Star-Wars-Tassen. Ich glaube, ich werde die Seuche auch ohne eine „Shit happens“-Teesocke überleben. Natürlich sind es gerade ökonomisch schwere Zeiten für viele Werbetreib­ende, aber wenn man eines nie vergisst, wird man sie überleben: Kaufen Sie einen Toyota.

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