Volle Bierfässer und leere Gaststätten
Die Ausgangsbeschränkungen stellen Brauereien vor große Probleme. Wie die Unternehmen im Augsburger Land auf die Krise reagieren
Es sind Nachrichten, die nicht nur alle Liebhaber des Gerstensafts betroffen machen. Da durch die Corona-Krise alle Veranstaltungen wie beispielsweise Maifeiern abgesagt wurden, sind viele Brauereien auf ihren vollen Fässern sitzen geblieben. Und da auch Bier ein Mindesthaltbarkeitsdatum hat, müssen einige Brauereien ihr Bier einfach wegschütten. Andere wiederum verschenken den Gerstensaft, da auch der Absatz über die Gastronomiebetriebe seit Wochen wegfällt. Auch die Brauereien im Augsburger Land müssen sich dieser Herausforderung stellen.
„Wir haben natürlich seit der Schließung der Gaststätten und Restaurants sowie dem Veranstaltungsverbot einen Totalausfall bei Fassbier“, sagt Stephanie Schmid von der Brauerei Ustersbach. Als Soforthilfe habe sie den Pächtern der Ustersbacher Gaststätten für März und
April die Pacht komplett erlassen. Die Geschäftsführerin bemerkt, dass Kunden sich nun eben vermehrt in den Getränkemärkten versorgen. „Insgesamt gesehen sind die Zahlen daher in Ordnung.“Eine vor Kurzem getätigte Investition stellt sich dabei als unverhoffter Glücksfall dar: Ustersbach hat gerade erst eine neue Fassfüllanlage installiert und daher eine Zeit lang überhaupt nicht abfüllen können.
Sobald die ersten Biergärten wieder aufmachen dürfen, werden bereits angezapfte Fässer ausgetauscht. Schmid verspricht, alle Fässer durch neue zu ersetzen. „Das heißt, die Gäste werden dann ein superfrisches Helles direkt aus unserer neuen Fassfüllanlage bekommen. Das haben sie sich nach dieser langen Zeit ehrlich verdient“, sagt Schmid.
Von einer „wirklich schwierigen Situation“spricht auch Leopold Schwarz von Schwarzbräu in Zusmarshausen. Dort ist der Absatz aufgrund der geschlossenen Gaststätten und abgesagten Veranstaltungen um 25 Prozent eingebrochen. „Da in unserer Branche traditionell die mittleren und kleineren Brauereien, zu denen auch wir gehören, einen höheren Gastronomieanteil als die großen Konzernbrauereien haben, können wir von einem Anstieg im Handel leider nur unterdurchschnittlich profitieren“, sagt Schwarz.
Wegschütten muss Schwarzbräu sein Fassbier allerdings nicht. „Im Gegensatz zu Großbrauereien füllen wir immer frisch und bedarfsgerecht die Biere ab und lagern Fassbier dunkel und kühl, weil wir das Bier nicht pasteurisieren“, erklärt Schwarz. Die Haltbarkeit von Fassbier entspreche bei Schwarzbräu dem des Flaschenbiers, also rund sechs Monate.
Ähnlich sieht es bei Staudenbräu in Walkertshofen aus. „Da wir ohne Konservierungsstoffe brauen, füllen wir unsere Biere ebenfalls erst kurz vor dem Verkauf ab“, sagt Franz Schorer. Kleinere Brauereien hätten somit in der Corona-Krise gegenüber großen Unternehmen einige Vorteile. Bier wegzuschütten würde ihm als Brauer „in der Seele wehtun“, sagt er.
Da Staudenbräu aber keine große Vorratshaltung habe, komme das Unternehmen trotz geschlossener Gaststätten und abgesagter Feste quasi mit einem blauen Auge davon. Einen großen Wunsch aber hat der Brauereibesitzer. „Es wäre toll, wenn die Haushalte ihr Leergut nicht daheim stehen lassen, sondern schnellstmöglich zurückbringen.“Durch die aktuelle Lage sei der Absatz an Flaschenbieren gestiegen, somit könnte aufgrund der fehlenden Behältnisse ein Engpass bei der Abfüllung entstehen.
Auch die Brauerei Ustersbach kennt das Problem. Chefin Schmid hat daher bereits zu Beginn der Krise reagiert, als sich die Verbraucher verstärkt mit Vorräten eindeckten.
„Wir haben Infoblätter in unsere Kisten gelegt mit der Erinnerung, Leergut zeitnah zurückzugeben“, sagt Schmid. „Das hat offenbar ganz gut funktioniert und wir wollen die Gelegenheit nutzen, den Verbrauchern hierfür auch zu danken.“Schwarzbräu hat sich ebenfalls im Vorfeld ausreichend Leergut beschafft. „Im Sommer wäre das aber sicher zum Problem geworden“, so Schwarz.
Auch wenn die heimischen Brauereien zuversichtlich sind, die Schwierigkeiten zu meistern, wird ein Ende der Krise sehnsüchtig erwartet. „Irgendwie hat diese Pandemie den ganzen Alltag geprägt – im sozialen wie im geschäftlichen, in Begegnungen, Überlegungen, Planungen“, sagt Stephanie Schmid. „Doch ich bin der Meinung, wenn sich jeder bisschen dehnt und streckt, können wir die Situation gemeinsam gut bewältigen.“
Auch Leopold Schwarz hat einen großen Wunsch. „Am meisten freue ich mich darauf, wenn ich meine 80-jährige Mutter wieder besuchen kann und wenn mein Stammtisch nicht mehr digital, sondern mit Essen und Trinken stattfindet!“