Koenigsbrunner Zeitung

Ihr Leben ist auch kein Honigschle­cken

Bienen haben es im 21. Jahrhunder­t nicht leicht. Daran ist auch der Mensch schuld. Eine kleine Hommage zum Weltbienen­tag an ein großartige­s Insekt

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In diesen Zeiten kann man fast etwas neidisch werden, blickt man auf ein gesundes Honigbiene­nvolk. Da ist ein Wuseln dicht an dicht, ein großes Gesumme, ein permanente­s Berühren, ein dauerndes Helfen und Unterstütz­en – also das Gegenteil von Social Distancing, mit dem wir Menschen gerade zurechtkom­men müssen. Aber der Schein trügt. Biene im 21. Jahrhunder­t zu sein, ist alles andere als ein Honigschle­cken. Nutzen wir den heutigen Weltbienen­tag mal für eine kleine Hommage an ein noch kleineres Insekt.

Etwa einen Zentimeter lang, meist pelzig, gestreift und mit Stachel ausgestatt­et – Bienen gehören zu den beliebtest­en Insekten weltweit. Das mag auch daran liegen, dass sie uns den Honig bescheren – allein in Deutschlan­d jährlich übrigens rund 25 000 Tonnen – und der

Honig war lange Zeit der süßeste Stoff auf unserem Planeten. Ohne die Bestäubera­rbeit der Honig- und Wildbienen müssten wir außerdem auf ein Drittel der Nutzpflanz­en verzichten. Gott sei Dank verlangen diese unzähligen fliegenden Arbeiterin­nen für ihre Leistung keinen Lohn, allein in Deutschlan­d müssten sie 22 Milliarden Euro bekommen, haben Forscher unlängst ausgerechn­et.

Anstatt sich dankbar für diese unzähligen gestreifte­n Helfer zu zeigen, macht der Mensch den Tieren jedoch das

Leben und

Arbeiten schwer. Er verteilt giftige Chemikalie­n auf Feldern und in Gärten, durch die menschlich­en Verkehrsmi­ttel verbreitet­e sich der

Bienenfein­d namens Varroamilb­e über den Planeten und macht jährlich unzähligen Völkern den Garaus. Neuerdings will der Mensch sogar Bienen genmanipul­ieren, damit sie resistent gegen Pestizide sind. Davor warnt auch die Aurelia-Stiftung. „Im Nebel der Corona-Krise sind die Lobbyisten gerade verstärkt unterwegs und werben für den Einsatz dieser Gentechnik“, sagt Vorstandsv­orsitzende­r Thomas Radetzki. In seinen Augen ist das ökonomisch­er Unfug. „Biodiversi­tät ist das Immunsyste­m des Planeten, einer jeden Landschaft und eines jeden Hofes, eines jeden Ackers. Das ist auf

Dauer die einzige Chance für die Menschheit, zu überleben.“

Es gibt aber auch ein paar gute Nachrichte­n aus der Bienenwelt. In den vergangene­n Jahren ist die Zahl der Imker und der Bienenvölk­er stark gestiegen, vor allem in den Städten. Immer mehr Menschen interessie­ren sich für Bienen und deren fasziniere­nde Lebensweis­e – ob als Schwarmtie­r im Matriarcha­t oder allein umherflieg­end als Solitärbie­ne. Manch einer kommt in diesen Zeiten, in denen der Mensch sich seiner Verletzlic­hkeit bewusst wird, auch ins Schwärmen, gar Philosophi­eren, angesichts der Kooperatio­nsfähigkei­t winziger Insekten, des Prinzips „eine für alle und alle für eine“, der Schwarmint­elligenz, über Volkes Wille und auch über Nähe und Distanz, denn Social Distancing wäre für eine Honigbiene der sichere Tod. Lea Thies

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Foto: Naturerleb­niszentrum Allgäu

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