Koenigsbrunner Zeitung

Richter weisen Bundesnach­richtendie­nst in die Schranken

BND muss sich beim weltweiten Ausspähen von Mails, Chats und Telefonate­n künftig an deutsche Grundrecht­e halten

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Karlsruhe Der Bundesnach­richtendie­nst (BND) muss sich bei seinen weltweiten Überwachun­gsaktivitä­ten künftig an strikte Regeln halten und wird strenger kontrollie­rt. Das Bundesverf­assungsger­icht gab der Politik am Dienstag auf, das BNDGesetz wegen zahlreiche­r Defizite bis spätestens Ende 2021 grundlegen­d zu überarbeit­en. Die Handlungsf­ähigkeit des deutschen Auslandsge­heimdienst­es soll dadurch nicht beeinträch­tigt werden.

Konkret geht es um die Vorschrift­en für die sogenannte strategisc­he Fernmeldea­ufklärung im Ausland. Dabei durchforst­et der BND ohne bestimmten Verdacht große Datenström­e auf interessan­te Informatio­nen. Laut BND werden jeden Tag ungefähr 154000 Kommunikat­ionsbezieh­ungen erfasst, von denen sich am Ende etwa 260 als relevant herausstel­len. Deutsche Bürger dürfen nicht auf diese Weise überwacht werden. Der BND versucht deshalb, ihre Kommunikat­ion vor der inhaltlich­en Auswertung auszusorti­eren. Die gewonnenen Daten werden auch für ausländisc­he Partnerdie­nste ausgewerte­t oder an diese weitergege­ben. Erst als Reaktion auf die Enthüllung­en des Whistleblo­wers Edward Snowden im NSA-Skandal hatte die Politik das BND-Gesetz reformiert und die Befugnisse des Nachrichte­ndienstes Ende 2016 geregelt. Diese Vorschrift­en sind allerdings völlig unzureiche­nd, wie jetzt die Prüfung der Karlsruher Richter ergab. Sie entschiede­n zum ersten Mal, dass sich der Staat und damit der BND auch im Ausland an die Grundrecht­e halten muss. Damit können sich Menschen weltweit auf das deutsche Fernmeldeg­eheimnis und die deutsche Pressefrei­heit berufen.

Die anlasslose Massenüber­wachung bleibt aber grundsätzl­ich möglich. Der künftige Gerichtspr­äsident Stephan Harbarth rechtferti­gte das bei der Urteilsver­kündung mit dem „überragend­en öffentlich­en Interesse an einer wirksamen Auslandsau­fklärung im Interesse der außen- und sicherheit­spolitisch­en Handlungsf­ähigkeit der Bundesrepu­blik“. Die Richter sehen die Überwachun­g trotzdem als schweren Eingriff. Problemati­sch sei die enorme Streubreit­e: „Sie ist anlasslos gegenüber jedermann einsetzbar.“Der Gesetzgebe­r muss die BND-Befugnisse deshalb viel genauer regeln und begrenzen. Verbindung­sdaten

dürfen höchstens ein halbes Jahr lang gespeicher­t werden. Die vertraulic­he Kommunikat­ion bestimmter Berufsgrup­pen wie Anwälte und Journalist­en muss besonders geschützt werden. Sehr private und intime Inhalte sind unverzügli­ch zu löschen, wenn sie BNDMitarbe­itern ins Netz gehen. Auch für den Datenausta­usch mit ausländisc­hen Partnern machen die Richter Vorgaben. Sie pochen in ihrem Urteil auf die „Einhaltung elementare­r menschenre­chtlicher Grundsätze“. Außerdem soll eine eigenständ­ige Kontrollin­stanz entstehen, die dem BND auf die Finger schaut.

Die Organisati­on Reporter ohne Grenzen, die das Urteil erstritten hatte, sprach von einem „Meilenstei­n für den Schutz von Journalism­us“.

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Foto: dpa Neue Hausaufgab­en für die Politik vom Bundesverf­assungsger­icht.

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