Hier geht’s vor allem um Corona-Tests
Der Schwabmünchner Hausarzt Sebastian Lochbrunner leitet eine von drei Schwerpunktpraxen im Augsburger Land. Wie er bei einem Verdachtsfall reagiert
Schwabmünchen/Landkreis Sebastian Lochbrunner betreibt seit 47 Jahren eine klassische hausärztliche Allgemeinpraxis in Schwabmünchen. Nun zählt sie zu den drei Corona-Schwerpunktpraxen im Landkreis Augsburg.
Lochbrunner hat sich selbst angeboten, denn er war bereits im März an Covid-19 erkrankt und in Quarantäne (wir berichteten). Atemnot und schwerer Husten plagten ihn. Er konnte nachts teils nur noch im Sitzen schlafen. „Ich bin einer der wenigen Ärzte in Bayern, der die Erkrankung schon durchgemacht hat. Deshalb habe ich mich angeboten, da viele Kollegen den Umgang mit Covid-Patienten meiden.“Er kann sich nach aktuellem Kentnissstand zumindest für einige Monate oder sogar Jahre nicht mehr mit dem Virus anstecken, ist also immun.
Seit Anfang April werden nun zahlreiche Termine vergeben, um Verdachtsfälle auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 zu testen. Rund 30 Abstriche hat er bereits gemacht, bislang waren alle negativ. Auch einen Antikörpertest können Patienten in der Schwerpunktpraxis machen lassen.
Neben Verdachtsfällen, die typische Symptome haben, kommen hauptsächlich Menschen für einen Test in seine Praxis, die zum Beispiel ins Ausland reisen möchten und eine Bescheinigung brauchen, dass sie nicht erkrankt sind. Oder auch Patienten, die kurz vor einer Operation stehen. Sie müssen nachweisen, dass sie nicht infiziert sind.
Da aber nach wie vor auch „normale“Sprechstunden stattfinden, hat sich der Alltag in Lochbrunners Praxis geändert. An der Eingangstüre hängen die Corona-Verhaltensregeln, es steht Desinfektionsmittel bereit und am Tresen prankt eine Plexiglasscheibe. Obwohl weniger Patienten als üblich die Praxis besuchen, arbeitet Lochbrunner länger als sonst. Denn die Corona-Verdachtsfälle kommen in der Früh vor Praxisöffnung oder am Abend, wenn eigentlich schon zu ist, damit sie so gut wie möglich von den anderen abgeschottet sind. Er selbst trägt dann eine FFP2-Schutzmaske, Kittel, Handschuhe und einen Gesichtsschutz, der an der Stirn befestigt ist. Schutzausrüstung ist mittsehr lerweile „mehr als genug“vorhanden, wie der Arzt sagt. Kartonweise hätten der Landkreis und die Kassenärztliche Vereinigung geliefert. Auch an Laborkapazitäten für Corona-Tests und Antikörper-Tests mangele es nicht mehr.
Wer bei Lochbrunner einen Corona-Test machen lassen will, muss vorher anrufen. „Ohne Terminvereinbarung geht es nicht“, erklärt er. Steht der Patient dann im Untersuchungszimmer, entnimmt der Arzt einen Abstrich aus Nase und Rachen. Mit einem übergroßen Wattestäbchen – Tupfer genannt – muss er damit soweit nach hinten wie möglich. „Das ist kurz unangenehm, geht aber schnell vorüber“, sagt er. Das Ergebnis des Tests gibt es dann bereits am nächsten Tag vom Labor und der Patient wird umgehend benachrichtigt.
Typische Anzeichen für eine Infektion seien zwar hohes Fieber, häufig der Geschmacksverlust, aber auch Atemnot und starke Halsschmerzen. Alles das kann vorkommen, muss aber nicht, wie er aus eigener Erfahrung weiß. „Ich hatte zum Beispiel gar kein Fieber. Dafür waren die Blaubeeren geschmacklos“, sagt Lochbrunner, der mit 77 Jahren bereits zur Risikogruppe gehört. „Aber diese Einordnung rein nach dem Alter ist Quatsch. Es trifft auch Kinder und ein Risiko haben wir alle.“
Er nimmt das neue Coronavirus ernst. „Es betrifft ja nicht nur die Lunge, wie vermutet worden ist, sondern auch andere Organe wie die Nieren. Bei Obduktionen wurden außerdem zahlreiche Tromben entdeckt, die zum Tod führten. Das ist die Seuche unseres Jahrhunderts“Er hält weder etwas von den aktuellen Verschwörungstheorien, noch versteht er Aussagen wie die von Boris Palmer, dass viele der CoronaToten sowieso im nächsten halben Jahr gestorben wären. „Es stimmt einfach nicht, dass nur alte Leute daran sterben. Außerdem ist jedes Leben gleichwertig“, betont der Schwabmünchner Hausarzt.
Wie in Krankenhäusern und anderen Praxen ist auch bei Lochbrunner ein Einbruch der Patientenzahlen zu beobachten. „Rund ein Drittel weniger als sonst“, schätzt er. Sie sind besorgt, dass sie sich anstecken könnten. Viele Ältere zählen zur Risikogruppe und bleiben lieber daheim. Auf Video- und Telefonsprechstunden verzichtet er trotzdem und rät auch generell davon ab: „Ich kann meine Kollegen vor Ferndiagnosen nur warnen. Ich habe schon viele Situationen erlebt, in denen die Selbsteinschätzung der Patienten fatal gewesen wäre. So klagte zum Beispiel einmal ein Patient nur über Atemnot, hatte aber tatsächlich einen Herzinfarkt.“