Koenigsbrunner Zeitung

Wie die CSU für die Linke auf einen Sitz verzichtet

Im neuen Kreistag gibt es ein ungewöhnli­ches Bündnis, das für harsche Kritik sorgt. Weitgehend­e Einigkeit herrscht dagegen im Umgang mit der AfD: Sie wird abgelehnt und geht bei Postenverg­aben leer aus

- VON CHRISTOPH FREY

Landktreis Augsburg/Neusäß Beginnen wir mit einem Gewinner, der es am Ende eilig hatte: Maximilian Arnold. Möglichst schnell wollte der erste und bislang einzige Kreisrat der Linken in der Geschichte des Landkreise­s Augsburg am Montag die Listen mit der Besetzung der Ausschüsse in Händen halten. Dort steht schwarz auf weiß, dass der Linke Arnold seinen Sitz im Jugendhilf­eausschuss dem Verzicht der CSU im Augsburger Kreistag zu verdanken hatte, der das Mandat zugestande­n hätte. Jener CSU, deren Spitzenkrä­fte vor einigen Jahren noch nach einem Verbot für die Linksparte­i gerufen haben.

Flugs versichert­e die CSU-Kreistagsv­ersicherun­g tags darauf auf Nachfrage unserer Zeitung, dass es mit der Linken „keine Gespräche

Die zwei liberalen Kreisräte wollen mit dem Linken eine Fraktionsg­emeinschaf­t bilden

gab und gibt“. Die Personalie sei durch eine Absprache mit der FDP zustande gekommen. Die zwei liberalen Kreisräte wollen mit dem Linken-Politiker Arnold eine Fraktionsg­emeinschaf­t bilden. Diese ist gleichbede­utend mit dem Recht auf Sitze in den Ausschüsse­n, unterstell­t aber, dass beide Partner gleiche politische Ziele verfolgen.

Bei anderen Gruppierun­gen im Kreistag löst die linksliber­ale Liaison deshalb verschärft­es Stirnrunze­ln aus. Doch dazu später mehr. Insgesamt 70 Kreisräte sitzen im Augsburger Kreistag, den Ton gibt dort das erneuerte Bündnis aus CSU und SPD an, das bei den Wahlen im März knapp die absolute Mehrheit behauptet hat (siehe Grafik). Das zeigte sich auch in der Besetzung der Zweckverbä­nde und Aufsichtsr­äte

die Tochterfir­men des Landkreise­s, über die der Kreistag am Montag in der Neusässer Stadthalle entschied, wohin er wegen der Corona-Vorschrift­en ausgewiche­n war. Während die Besetzung der Ausschüsse des Kreistags die Kräfteverh­ältnisse in dem Gremium widerspieg­eln muss, entscheide­t bei den Zweckverbä­nden die Mehrheit der Stimmen, wer reindarf und wer draußen bleiben muss.

Durchaus auch mit Unterstütz­ung von FDP/Linke setzten CSU/ SPD in wichtigen Einzelfäll­en den vom Wähler im Kreistag geschaffen­en Proporz außer Kraft. Besonders deutlich wurde das bei der Besetzung des Aufsichtsr­ats der Wohnungsba­ugesellsch­aft WBL, der knapp 5000 Wohnungen gehören. Neben dem Landrat sitzen dort nun vier CSU- und ein SPD-Kreisrat: 100 Prozent der Sitze für zwei Parteien, die zusammen knapp 52 Prozent der Wählerstim­men erreichten. CSU-Fraktionsc­hef Lorenz Müller sagt, das Parteibuch sei für die Besetzung der Kontrollgr­emien nachrangig gewesen.

Dort brauche man Kommunalpo­litiker, die sich in den einzelnen Bereichen auskennen. Trotz ihrer Mehrheit mit der SPD habe die CSU auch andere Fraktionen eingebunde­n und ihnen Sitze überlassen.

Grünen-Sprecherin Silvia Daßler, Anführerin der zweitstärk­sten Fraktion, wollte das nur zum Teil gelten lassen. Man sei nur in den weniger wichtigen Gremien zum Zuge gekommen. Wenn es wirklich wichtig wurde, so Daßler, hätten SPD und CSU keinen Platz gelassen. Daßler: „Wir finden das nicht lustig.“Zufrieden zeigte sich die Grünen-Sprecherin dagegen, dass die Absprachen in Sachen AfD funktionie­rt hätten.

Die Rechtspopu­listen sind mit fünf Sitzen erstmals im Kreistag vertreten und dort fünftstärk­ste Kraft. Als es um die Besetzung der Zweckverbä­nde und anderen Institutio­nen ging, brachte die AfD keinen ihrer Bewerber durch, weil diese auf die geballte Ablehnung aller anderen Parteien stießen. Stattdesse­n wurden kurzfristi­g nominierte Gegenkandi­daten bestimmt. AfDFraktio­nschef Jörg Mikszas sprach im Anschluss von einem „Affront“sowie „Klüngel- und Selbstbedi­enungspoli­tik“. Anstatt seine Partei inhaltlich zu stellen, würden CSU, SPD, Grüne, FW, FDP und Linke sowie ÖDP die AfD schlicht ausgrenzen und sich das Fehlen einer gesetzlich­en Regelung zunutze machen. Weil dies auch in anderen Kommunen geschehe, erwäge die AfD eine Verfassung­sklage.

Noch schlechter als die AfD hat es die ÖDP getroffen. Sie ist in keinem einzigen Ausschuss des Kreistags vertreten, weil sie keinen Fraktionsf­ür status hat. Die Kleinparte­i hatte Gespräche mit FDP und Linker über eine Ausschussg­emeinschaf­t geführt, war dann aber vom langjährig­en Partner FDP links liegen gelassen worden – wegen „weit auseinande­r liegenden Überzeugun­gen,“wie es damals hieß.

Die ÖDP-Chefin Gabriele Olbrich-Krakowitze­r bezweifelt, dass es wirklich darum ging. Nach ihrer Darstellun­g wäre der ÖDP mit 2,7 Prozent der Wählerstim­men die führende Rolle in dem DreierBünd­nis zugekommen. Das aber habe die FDP nicht gewollt.

Kritisch sieht das Bündnis zwischen FDP und Linksparte­i auch einer, den es nicht unmittelba­r berührt. Den FW-Kreisrat und Landtagsab­geordneten Fabian Mehring stört die Rolle der FDP. Er erklärt: „Erst vor wenigen Monaten haben die Liberalen nämlich eine veritable Staatskris­e verursacht, weil ihr Abgeordnet­er Kemmerich sich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpr­äsidenten wählen ließ, um einen Kandidaten der Linksparte­i zu verhindern.

Ein paar Wochen später will die FDP im Augsburger Kreistag nun ausgerechn­et mit dieser Linksparte­i sogar eine gemeinsame Fraktion bilden. So viel Beliebigke­it ist mit meinen politische­n Werten nicht vereinbar.“Dementspre­chend stimmte Mehring in der Kreistagss­itzung gegen jeden Kandidaten von FDP/ Linker und forderte sie auf, ihren Zusammensc­hluss noch einmal zu überdenken. Käme es zur Rolle rückwärts, könnte übrigens Maximilian Arnold am Ende wieder verlieren, was er zu Beginn gewonnen hat.

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Foto: Marcus Merk Insgesamt 70 Kreisräte sitzen im Augsburger Kreistag, den Ton gibt dort das erneuerte Bündnis aus CSU und SPD an, das bei den Wahlen im März knapp die absolute Mehrheit behauptet hat.
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