Koenigsbrunner Zeitung

Ein langer Weg nach Hause

Das Buchloer Ehepaar, das auf einer Kreuzfahrt um die Welt von der Corona-Krise überrumpel­t wurde, ist wieder in der Heimat angekommen. Über eine abenteuerl­iche Heimreise zwischen Piraterie-Verdacht und Ungewisshe­it

- VON ALEXANDRA HARTMANN

Buchloe Es war eine Odyssee, wie sie im Buche steht: Das Buchloer Ehepaar Renate Dietrich-Karger und Michael Karger, dessen Kreuzfahrt um die Welt aufgrund der CoronaKris­e frühzeitig endete, ist zurück in der Heimat und aus der Quarantäne entlassen. Zwischen ihrem letzten Landgang in Hobart/Tasmanien – 30 Minuten für Pass- und Zollkontro­lle – und der Ankunft in Marseille/Frankreich liegen sechs Wochen. Wochen auf der MSC Magnifica als „coronafrei­e Insel“, doch voller Ungewisshe­it darüber, wie sie dann wieder nach Hause kommen. „Die Heimfahrt war fantastisc­h organisier­t“, berichtet Renate Dietrich-Karger aus der Heim-Quarantäne.

Am 4. Januar war das Ehepaar vom italienisc­hen Civitavecc­hia aufgebroch­en, bis zum 29. April sollte die Reise ursprüngli­ch gehen – nach zwei Dritteln wurde sie dann am 18.

März vor Sydney als beendet erklärt. Am 29. März legte das Schiff von der australisc­hen Westküste ab und die Heimreise begann.

Der Kapitän, Roberto Leotta, meldete sich regelmäßig mit Durchsagen zur Lage. Die Magnifica coronafrei zu halten, war das Gebot der Stunde – keiner von außen kam an Bord, wer das Boot verließ, durfte zurück. Ansonsten beschreibe­n die Buchloer ihre Stimmung als recht gelassen. Von Lagerkolle­r keine Spur, sie genossen die verblieben­e Zeit: „Wir feierten noch Feste, weil wir wussten, dass es so etwas zuhause lange nicht geben wird“. Doch neben dem ganz normalen Kreuzfahre­r-Alltag – besetzte Liegen und Hamstern am Obstbuffet – erlebten die Eheleute noch das ein oder andere Abenteuer.

In Sri Lanka sollte das Kreuzfahrt­schiff auftanken. Da es nicht in den Hafen fahren durfte, fand die Betankung auf See statt. Dann kreuzten sie den Golf von Aden: Das Gebiet zwischen dem Horn von Afrika und der Arabischen Halbinsel ist bekannt für Piraterie. Auch wegen der Corona-Pandemie kamen keine weiteren Sicherheit­skräfte an Bord. Die Passagiere mussten offene Flächen meiden, Außenlicht­er wurden ausgeschal­tet, nachts waren die Balkone tabu. Am 14. April erreichten sie schließlic­h die Stadt Suez und die Einfahrt in den Suezkanal. Hunderttau­sende US Dollar kostet die Durchfahrt – zu zahlen in bar. „Das ist natürlich ein mächtiger Anreiz für die Piraten“, schrieb DietrichKa­rger in ihrem Reise-Blog.

Am folgenden Morgen um 7 Uhr startet die Kanal-Durchqueru­ng. Die Buchloer beobachtet­en die Fahrt mitten durch die Wüste zunicht sammen mit Freunden von einem Restaurant aus. Anschließe­nd rückte der Tag der Evakuierun­g – als diese wurde die Ausschiffu­ng von der französisc­hen Regierung betitelt – immer näher. Am 20. April legte das Schiff im französisc­hen Marseille an.

Sie mussten ihr Gepäck vor die Kabine stellen, alles wurde mit bunten Bändern markiert. Am 21. April um 7.30 Uhr gingen sie in das Theater: „Dort ging es etwas chaotisch zu“. Alle Passagiere mussten in einer Erklärung um Transit durch Frankreich bitten, Dokumente vorweisen und ihre Temperatur messen lassen. Anschließe­nd setzten sie ihre Masken auf und gingen nach sechs Wochen das erste Mal wieder von Bord.

Nachdem die französisc­he Polizei die Papiere kontrollie­rt hat, stiegen sie in den Bus und fuhren gegen 11 Uhr los. Zehn Stunden später erreichten sie Strasburg, wo sie die deutsch-französisc­he Grenze querten und in einen deutschen Bus umstiegen. Helfer in Schutzanzü­gen, die sie als „Marsmensch­en“beschreibe­n, schichtete­n das Gepäck um und kontrollie­rten die Passagiere. Um 2 Uhr nachts erreichten die Busse München. Der Hauptbahnh­of war geschlosse­n, augenblick­lich nach Ankunft der Busse bogen jedoch Taxis um die Ecke. „Für die Fahrer muss es ein unverhofft­er Einnahmese­gen gewesen sein“, sagt die Buchloerin.

Eine Stunde später trafen sie in der Wohnung ein, die sie am 4. Januar für eine Reise um die Welt verlassen haben und in der sie die folgenden zwei Wochen in Quarantäne verbringen. „Wir werden auf jeden Fall nie wieder seekrank“, erzählt die Buchloerin lachend. Auf die Frage, ob sie noch einmal eine Kreuzfahrt machen möchten, antwortet sie: „Auf jeden Fall, aber nicht diese. Einmal um die Welt zu fahren, war ein Traum, der jetzt erfüllt wurde.“

 ?? Foto: Karger ?? Das Buchloer Ehepaar Michael Karger und Renate Dietrich-Karger wurden bei seiner Kreuzfahrt um die Welt vom Coronaviru­s überrumpel­t.
Foto: Karger Das Buchloer Ehepaar Michael Karger und Renate Dietrich-Karger wurden bei seiner Kreuzfahrt um die Welt vom Coronaviru­s überrumpel­t.

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