Koenigsbrunner Zeitung

Selbst die Union ringt um Merkels EU-Rettungspl­an

Brandbrief von CDU-Spitzenpol­itikern verteidigt die deutsch-französisc­he Initiative gegen interne Bedenken

- VON STEFAN LANGE

Berlin Nachdem es vielen Abgeordnet­en bei CDU und CSU angesichts dessen, was ihre Kanzlerin da mit den Franzosen ausgehande­lt hatte, zunächst die Sprache verschlug, findet die Union beim 500 Milliarden Euro schweren europäisch­en Wiederaufb­aufonds langsam die Stimme wieder. Ein Rundbrief von UnionsFrak­tionsvize Andreas Jung (CDU) und CDU-Chefhaushä­lter Eckhardt Rehberg an die Parlamenta­rier der Union fasst die Stimmung nun so zusammen: Hilfen für notleidend­e EU-Staaten ja, aber nur zu ganz klar definierte­n Bedingunge­n. Ein innenpolit­isches Durcheinan­der wie bei der Euro-Rettung nach der Finanzkris­e 2009 soll offenbar unbedingt vermieden werden.

Wenn der Plan von Kanzlerin Angela Merkel und dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron aufgeht, soll die EU erstmals in ihrer Geschichte Schulden machen dürfen. Das Geld aus dem Wiederaufb­aufonds wird von der Kommission als nicht rückzahlba­rer Zuschuss an die Mitgliedst­aaten verteilt, die es wegen der Corona-Pandemie

besonders schwer haben. Merkel und Macron vermeiden das Wort zwar, aber dies ist am Ende der Schritt hin zu Euro- oder Coronabond­s. Hin zur Transferun­ion, die von der Union bisher strikt abgelehnt wurde. Länder wie Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederland­e lehnen den Vorschlag unter anderem deshalb ab und plädieren in einem eigenen Konzept dafür, nicht Zuschüsse, sondern Kredite zu vergeben. Da bei den Hilfen das Einstimmig­keitsprinz­ip gilt, werden Merkel und Macron in der EU noch viel Überzeugun­gsarbeit leisten müssen.

Die Unionsführ­ung hatte sich darauf verständig­t, der deutschen Regierungs­chefin dabei keine Steine in den Weg zu legen. Die Kanzlerin will ab Juli innerhalb der deutschen Ratspräsid­entschaft vor ihrem Abgang aus der Politik auf internatio­naler Bühne noch mal groß auftrumpfe­n. Das will ihr niemand vermiesen. Zumal die Dankbarkei­t bei CDU und CSU riesengroß ist: Die Abgeordnet­en wissen, dass sie die 40 Prozent in den Umfragen vor allem Merkel und ihrem Corona-Krisenmana­gement zu verdanken haben und ihre Chancen auf einen Wiedereinz­ug ins Parlament gewaltig gestiegen sind.

Um Kritik möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen, weisen Jung und Rehberg in dem unserer Redaktion vorliegend­en Rundbrief ausdrückli­ch darauf hin, dass der Merkel-Macron-Plan die nationalen Parlamente miteinbezi­eht. „Der deutsche Haushaltsr­ahmen wird ebenso uneingesch­ränkt geachtet wie die Rechte des Deutschen Bundestage­s“, heißt es. Auch sei kein „freischweb­ender“Fonds vorgesehen, es werde vielmehr auf Grundlage der europäisch­en Verträge eine Anbindung an den EU-Haushalt erfolgen. Wichtig für die beiden CDU-Politiker ist auch der Hinweis,

dass eine gesamtschu­ldnerische Haftung ausdrückli­ch ausgeschlo­ssen sei.

Das könnte in der Tat reichen, um die Union im Bundestag nicht auf die Barrikaden steigen zu lassen wie nach 2009, als der Streit um Rettungssc­hirme und Griechenla­ndhilfen heftige Wogen schlug.

Zumal sich mit Bundestags­präsident

Schäuble stellt sich hinter den Wiederaufb­aufonds

Wolfgang Schäuble ein wichtiger Fürspreche­r gefunden hat. „Wenn Europa überhaupt noch eine Chance haben will, muss es sich jetzt als solidarisc­h und handlungsf­ähig bewähren“, sagte der CDU-Politiker der Welt am Sonntag. Er habe intern dazu geraten, es genauso zu machen wie von Merkel und Macron vorgeschla­gen:. „Denn wir haben eine neue Situation. Europa erfährt einen wirtschaft­lichen Einbruch, wie wir ihn zu unseren Lebzeiten nicht erlebt haben, und nur in Ansätzen ist abzusehen, welche Verwerfung­en daraus für unsere Gesellscha­ften folgen werden.“

 ?? Foto: Kay Nietfeld, dpa ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron haben letzte Details des Plans auf einer Videokonfe­renz geklärt.
Foto: Kay Nietfeld, dpa Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron haben letzte Details des Plans auf einer Videokonfe­renz geklärt.

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