Derzeit treffen nur die anderen
Florian Niederlechner hat eine überragende Hinrunde gespielt, nun wartet der Angreifer des FC Augsburg seit sieben Bundesligapartien auf einen eigenen Treffer
Vor einigen Monaten, als Stadionränge noch nicht verwaist waren, hätte Florian Niederlechner wohl die nächste Torbeteiligung für sich verbucht. Entweder hätte er den Ball zu Eduard Löwen gepasst, dessen Treffer Formsache gewesen wäre. Oder Niederlechner hätte gleich selbst getroffen. Doch das 2:0 für den FC Augsburg ließ auf sich warten, weil Niederlechner den Ball unplatziert und kraftlos Schalkes Torhüter Markus Schubert an die Beine schoss.
Äußerlich hat er sich kaum verändert, lediglich die Haare sind kürzer geschnitten, dennoch scheint es, als stünde jetzt ein anderer Niederlechner auf dem Rasen. Während der Angreifer in seiner Hochphase aus teils schwierigsten Winkeln den Ball ins Netz bugsierte, wartet er nun seit sieben Spieltagen auf einen eigenen Treffer; auch eine Vorlage gelang dem besten Scorer des Fußball-Bundesligisten seitdem nicht mehr.
Wie wertvoll er für seine Mannschaft sein kann, beweist die Statistik vor dem Heimspiel gegen den SC Paderborn (Mittwoch, 20.30 Uhr/ Sky). An knapp der Hälfte aller Augsburger Tore (40) ist Niederlechner aktuell beteiligt – trotz torloser Zeit. Elf Mal traf er, acht Mal bereitete er vor. Dass der FCA vor dem Erfolg auf Schalke einen Abwärtstrend aufwies, begründete sich unter anderem in Niederlechners Abschlussschwäche.
Gegen Schalke setzte er nach der Begegnung dennoch sein breites Grinsen auf. Dass er nicht getroffen hatte, verschmerzte der 29-Jährige angesichts des souveränen 3:0. „Ich will treffen und will Vorlagen geben, aber ich bin ein Teamplayer und will gewinnen. Das ist viel wichtiger“, erklärte Niederlechner. Nach dem unbefriedigenden Corona-Auftakt gegen Wolfsburg zeigten sich die Augsburger gegen die verunsicherten Schalker stark verbessert. Niederlechner: „So macht es Bock, so müssen wir auftreten. Das war ein Top-Auswärtsspiel, wir haben es richtig geil gemacht.“
Seine Treffer waren nicht nötig, weil andere trafen. Erstmals in einem Pflichtspiel erfolgreich war
Noah Sarenren Bazee, den der ehemalige Trainer Martin Schmidt im Überschwang einmal mit Barcelonas Dembélé verglichen hatte. Der Treffer des Flügelspielers kam einer Vorentscheidung gleich. In der Nachspielzeit legte Sergio Córdova überlegt den dritten Treffer nach.
Klubverantwortliche freuen sich, wenn Torjäger in steter Regelmäßigkeit das Runde ins Eckige befördern. Nachteil: Beschränkt sich die Torgefahr auf einen Spieler, ist man offensiv leichter auszurechnen. Indirekt lobte Augsburgs Sportgeschäftsführer Stefan Reuter nach dem Sieg auf Schalke daher seine Personalplanung, als er hervorhob, welche Spieler getroffen hatten. Nämlich kein Niederlechner oder
Finnbogason, sondern Stürmer aus der zweiten Reihe. Reuter stellte fest: „Die Torschützen zeigen, dass aus unserem Kader viele Spieler wichtige Tore erzielen können.“Vor allem in Abwesenheit Alfred Finnbogasons dürfte es Reuter beruhigen, dass andere Angreifer Treffsicherheit zeigten.
Wie schwerwiegend Finnbogasons Knieverletzung ist, darüber gab Trainer Heiko Herrlich zuletzt keine Auskünfte. Nur soviel: Finnbogason macht schon Teile des Mannschaftstraining mit arbeitet an einer Rückkehr ins Mannschaftstraining. Druck will Herrlich keinen aufbauen.
Der Trainer gibt sich dieser Tage wortkarg, wenn Nachfragen zum Personal gestellt werden. Einwechselspieler Sarenren Bazee hinterließ nicht nur wegen seines feinen Premierentreffers einen guten Eindruck, der 23-Jährige könnte die zuletzt blassen Marco Richter oder Ruben Vargas im Angriff ersetzen.
Niederlechner hingegen bleibt unantastbar, weil er sich nicht auf Torgefahr reduzieren lässt, sondern mannschaftsdienlich agiert und sich im laufintensiven Pressing-System als erster Verteidiger aufreibt. Herrlich hält an ihm fest und will seinem Stürmer helfen, die Torkrise zu beenden. „Flo hat gegen Schalke sensationell für die Mannschaft gearbeitet. In der Halbzeit hatte er fast so viele Sprints wie im ganzen Spiel. Man darf solche Spieler nicht immer nur nach den Toren bewerten.“
Nach der vergebenen Chance gegen Schalke sehnt sich Niederlechner danach, mal wieder ein eigenes Tor bejubeln zu können. „Ich hoffe, dass ich mir den Treffer für das Spiel gegen Paderborn aufgehoben habe.“