Das Comeback des Drivein
Lange Zeit spielte der Mitnahmeschalter für McDonald’s, Burger King und Co. nur eine Nebenrolle. Nun ist die Essensausgabe zu einer Stütze des Geschäfts geworden – und das wahrscheinlich nicht nur vorübergehend
Ratingen Im Lockdown-November, in dem alle Restaurants geschlossen haben, rettet er vielen Schnellrestaurants zumindest einen Teil des Geschäfts: der Autoschalter. Bei Burger King etwa lag der Autoanteil am Gesamtumsatz vor Corona bei einem Drittel, im Sommer stieg er auf mehr als 45 Prozent. Bei Marktführer McDonald’s kletterte der Autoanteil im Frühjahr von 30 auf 50 Prozent, bezogen auf den Umsatz der Drivein-Filialen. Immer mehr Kunden wollten eine Essensübergabe, ohne ins Lokal zu gehen, sagt BurgerKing-Deutschland-Chef Cornelius Everke. „Die Drive-in-Filialen haben uns sehr geholfen, einen Weg durch die Krise zu finden.“
Konkurrent Kentucky Fried Chicken (KFC) vermeldete ebenfalls einen Anstieg des Drive-in-Umsatzanteils von 27 Prozent vor der Pandemie auf etwa 65 Prozent im Sommer, im November sind es 85 Prozent. Der Rest entfiel auf Abholung im Lokal und auf Lieferdienste. Von 174 Restaurants der Kette haben 110 einen Autoschalter. „Wir konnten schnell umsteuern auf andere Vertriebswege abseits des klassischen Thekengeschäfts, das hat uns geholfen“, sagt KFC-DeutschlandChef Marco Schepers. KFC setzt nun offensiv auf das Modell. Am Donnerstag stellte das Unternehmen eine Expansionsstrategie vor, nach der in kleineren Städten bis 2025 pro Jahr 25 neue Lokale aufmachen sollen – fast ausschließlich mit Autoschalter.
Die Firma hat ein durchwachsenes Jahr hinter sich. So brachen die 20 Standorte an Flughäfen und Bahnhöfen beim Umsatz ein. Auch die knapp 30 Restaurants in Einkaufszentren schnitten schlecht ab. Glänzen konnten hingegen die Lokale mit Drive-in, ihre Erlöse zogen im Jahresverlauf zweistellig an. Für das ganze Jahr rechnet aber auch KFC mit Einbußen: Nach 267 Millionen Euro 2019 wird der Deutschlandumsatz 2020 wohl auf etwas mehr als 250 Millionen Euro sinken.
Eine Nummer größer als KFC ist
Burger King, das in Deutschland 750 Restaurants betreibt und 2019 auf einen Jahresumsatz von etwa einer Milliarde Euro kam – und dieses Jahr mit einem Rückgang rechnet. Die verwaisten Büros in Innenstädten, der Homeoffice-Boom und die Ausgeh-Einschränkungen hätten
Burger King zugesetzt, sagt Deutschland-Chef Everke. Wer zu Hause arbeite, hole sich auf dem Weg zur Arbeit keinen Kaffee oder kein Frühstück. Und die jungen Leute machten abends vor oder nach der Disco nicht bei Burger King halt. Dennoch ist Everke angesichts der Umstände zufrieden. Standorte an Raststätten, Bahnhöfen und Flughäfen waren zwar Ausfälle, Restaurants mit Autoschaltern in Städten hingegen gefragt. Everke rechnet damit, dass Corona die Branche nachhaltig verändern wird. „Die Kundenfrequenz in Innenstädten hat durch den Online-Handel ohnehin schon abgenommen, sie könnte noch weiter sinken.“Verkehrstechnisch günstige Standorte am Stadtrand oder auf der grünen Wiese würden attraktiver, dort sei Platz für Zufahrten zum Autoschalter.
Die Nachfrage der Verbraucher habe sich radikal geändert, sagt auch Boris Tomic vom Branchenmagazin foodservice. „Die verpackten, gut mitnehmbaren oder lieferbaren Speisen sind ein großer Vorteil gegenüber Bedienrestaurants“, sagt der Fachmann. Nach Zahlen des Marktforschers npdgroup sind die Fastfood-Ketten in Corona-Zeiten mit einem blauen Auge davongekommen. „Im September nahm die gesamte Gastronomie in Deutschland ein Viertel weniger ein als im Vorjahr, beim Quick Service waren es hingegen nur minus elf Prozent“, sagt Marktforscher Jochen Pinsker. Mit Quick Service sind alle Lokale und Verkaufspunkte gemeint, bei denen Essen zum Mitnehmen ein wesentlicher Faktor ist, also auch Dönerbuden.
Jahrelang waren die Autoschalter für die US-Ketten in Deutschland eher eine Pflichtaufgabe. Nun wollten viele Verbraucher gar nicht mehr ins Restaurant und seien dankbar für die Autoschalter: „Die Menschen fühlen sich nun besser, wenn sie mit dem Pkw unterwegs sind – das Drive-in erlebt eine Renaissance, die auch nach Corona weitergehen wird.“