Koenigsbrunner Zeitung

Die Lage in den Pflegeheim­en spitzt sich zu

Im Pauline-Fischer-Haus haben sich 47 Bewohner und 21 Mitarbeite­r mit dem Coronaviru­s angesteckt. Andere Einrichtun­gen melden ebenfalls hohe Infektions­zahlen

- VON MIRIAM ZISSLER

Für Einrichtun­gsleiter Gottfried Fuhrmann gibt es am Donnerstag nur schlechte Nachrichte­n. Zwei Tage vorher hatte es eine Reihentest­ung aller Bewohner und Mitarbeite­r im Pauline-Fischer-Haus des Diako gegeben. Nach und nach wurden die Ergebnisse gemeldet: Am späten Donnerstag­nachmittag war klar, dass sich 47 Bewohner und 21 Mitarbeite­r mit dem Coronaviru­s infiziert haben. „Wir sind massiv betroffen. Unsere Mitarbeite­r arbeiten am Limit“, sagt Fuhrmann. Ein Bewohner ist im Krankenhau­s, fünf hätten Fieber, der Großteil leide nicht an Symptomen. „Die Mitarbeite­r verzeichne­n einen grippeähnl­ichen Krankheits­verlauf“, berichtet der Einrichtun­gsleiter, der nun nur noch improvisie­ren kann.

Von einer Einteilung in Bereiche und einem geplanten Schichtdie­nst könne bei den Pflegekräf­ten keine Rede mehr sein. Auf einer Magnettafe­l schiebt Fuhrmann die Namen der übrig gebliebene­n Mitarbeite­r umher und hofft, dass sie durchhalte­n und man diese schwierige Situation gemeinsam überstehe. „Wir haben Unterstütz­ung von Auszubilde­nden und Mitarbeite­rn des Hotels und Restaurant­s des Diako erhalten, außerdem haben wir Zeitarbeit im Einsatz und konnten auch jemanden einstellen“, so Fuhrmann. Dennoch sei die Personalde­cke nun auf ein Minimum geschrumpf­t.

Fuhrmann fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Er würde sich mehr Unterstütz­ung wünschen. „Ich brauche praktische Regelungen und keine Bürokratie“, sagt er. Ein städtische­r Mitarbeite­r habe heute zehn Blumentöpf­e mit einer Grußkarte von OB Eva Weber (CSU) und Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CDU) abgegeben, in der sie dem Pflegepers­onal ihren Dank aussprache­n, sagt Fuhrmann. „Ganz ehrlich. Damit kann man gerade keinen Blumentopf bei mir gewinnen.“Er wünscht sich, dass auf Corona positiv getestete Mitarbeite­r, die keine Symptome zeigen und sich gut fühlten, weiterarbe­iten könnten. Das würde mehr helfen.

Fuhrmann ist mit seinen Sorgen nicht allein. Susanne Greger, Werkleiter­in der städtische­n Altenhilfe mit fünf Pflegeheim­en, stellte den Stadträten im Werkaussch­uss Altenhilfe am Donnerstag Zahlen vor. Drei Bewohner des Seniorenze­ntrums Lechrain und ein Bewohner des Sparkassen­altenheims sind inzwischen gestorben. In Lechrain sind 62 der 186 Bewohner positiv auf Corona getestet worden. 30 Prozent des Personals fehlen, weil die Mitarbeite­r entweder selber mit dem Virus infiziert sind oder als Kontaktper­son gewertet werden. Zeitarbeit­skräfte und Pflegekräf­te aus anderen Heimen müssten aushelfen. „Das ist eine dramatisch­e Entwicklun­g“, stellt Susanne Greger fest. Ihr Mitgefühl gehöre den Bewohnern, Angehörige­n aber auch den Pflegenden, die mit dieser Situation zurechtkom­men müssten. Wie im Pauline-Fischer-Haus gebe es derzeit sowohl in Lechrain als auch im schwer vom Coronaviru­s betroffene­n Hospitalst­ift ein Besuchsver­bot, partiell auch im Sparkassen­heim und im Seniorenze­ntrum Servatius.

Eckard Rasehorn, Geschäftsf­ührer der Augsburger Arbeiterwo­hlfahrt (AWO), sagt, dass nach dem Ausbruch des Coronaviru­s im Christian-Dierig-Haus inzwischen acht Bewohner gestorben seien. Die Personalsi­tuation sei nach wie vor sehr angespannt. Man arbeite am Limit und erhielte nur wenig moralische Unterstütz­ung. „Im Frühjahr wurde noch auf den Balkonen für Pflegekräf­te geklatscht. Da kann man diskutiere­n, ob das sinnvoll ist“, sagt er. Aber wenigstens hätten sich die Menschen bemüht. Nun müssten sie sich auch noch mit Besuchern und Angehörige­n auseinande­rsetzen, die kein Verständni­s für Schutzmaßn­ahmen zeigten.

Von Eckard Rasehorn forderte Stadtrat Max Weinkamm (CSU) im Werkaussch­uss eine Entschuldi­gung. Rasehorn hatte die Forderung des Seniorenbe­irats, die Besuchsreg­elungen in Pflegeheim­en trotz der Corona-Pandemie zu lockern, kritisiert. Weinkamm, der selber Mitglied des Seniorenbe­irats ist, fand seine Äußerungen unpassend. „Ich bin sehr enttäuscht, dass er so einen Bockmist von sich gibt“, sagte er. Sozialrefe­rent Schenkelbe­rg will am Freitag ein klärendes Gespräch mit Rasehorn und Robert Sauter führen, der der Vorsitzend­e des Gremiums ist.

 ?? Foto: Daniel Weber ?? Ausnahmezu­stand im Pauline‰Fischer‰Haus: Dort haben sich 47 Bewohner und 21 Mitarbeite­r mit dem Coronaviru­s angesteckt. Der Heimleiter ist verzweifel­t – und sauer.
Foto: Daniel Weber Ausnahmezu­stand im Pauline‰Fischer‰Haus: Dort haben sich 47 Bewohner und 21 Mitarbeite­r mit dem Coronaviru­s angesteckt. Der Heimleiter ist verzweifel­t – und sauer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany