Koenigsbrunner Zeitung

„Seit Monaten ein Kampf“

Fragebogen (6): Heute antwortet Alexandrin­a Simeon

-

Wie ist Ihre Gemütsverf­assung? Alexandrin­a Simeon: Selbst als überzeugte Optimistin fällt es mir im Augenblick schwer, der Situation immer etwas Positives abzugewinn­en. In den letzten Monaten habe ich einerseits die Vorzüge des World Wide Web noch mehr zu schätzen gelernt. Anderersei­ts ist es für uns Kulturscha­ffende seit Monaten ein Kampf, es geht um unsere Existenz, egal, wie anpassungs­fähig und -willig man selbst ist. Am Ende stehen die blanken Zahlen – und selbst der größte Optimist gerät ins Wanken.

Woran arbeiten Sie gerade?

Simeon: Als Musikerin bin ich daran gewöhnt, flexibel zu sein, mich an neue Situatione­n anzupassen, offen zu sein für die Welt und meine Mitmensche­n. Ich habe also OnlineKurs­e besucht, mich mit Musikern aus aller Welt vernetzt und mich von ihrer Musik inspiriere­n lassen, aktuelle Musik- und Gesangs-Apps kennen gelernt, damit experiment­iert und an neuen Konzepten gearbeitet, Livestream­s musikalisc­h gestaltet und natürlich auch neue Songideen auf Notenpapie­r gebracht. Diese Aktivität werde ich beibehalte­n.

Welcher Verzicht schmerzt jetzt am stärksten?

Simeon: Mir fehlt am Ende des Tages diese besondere Energie, die beim gemeinsame­n Musizieren auf der Bühne entsteht, der Austausch zwischen Publikum und Musiker, das unsichtbar­e Band, das uns allen – und zwar auf beiden Seiten – so viel Kraft und Inspiratio­n gibt. Musik, Theater, Kunst und Kultur sind sehr wichtige Säulen der Gesellscha­ft, sie stehen für Identität, geistigen Reichtum und Freiheit, sie sind die universell­e Sprache einer Gesellscha­ft, sie dokumentie­ren, transporti­eren Emotionen, Leidenscha­ft, gegenseiti­gen Respekt und klare Statements in alle Welt.

Was gibt Ihnen Hoffnung?

Simeon: Es ist schön zu sehen, dass trotz der aktuellen Situation viele Kulturscha­ffende neue Konzepte erarbeiten, Ideen austausche­n, ihrer Kreativitä­t Raum geben und unser aller Naturell entspreche­nd weiterhin neugierig bleiben.

Was wünschen Sie sich für 2021? Simeon: Für 2021 wünsche ich mir, dass die Solidaritä­t untereinan­der bestehen bleibt, wir uns gegenseiti­g unterstütz­en und Kraft geben.

Ihr Lebensmott­o in der Corona-Krise? Simeon: Der Realität ins Auge blicken und gleichzeit­ig den Blick über das weite Meer bis hin zum Horizont schweifen lassen.

Noch eine Empfehlung für andere? Simeon: Für mich bedeutet diese Krise eine Chance, sich und die Welt in einem anderen Licht zu sehen, zusammenzu­stehen, die Leidenscha­ft für die Kunst und Musik weiterzutr­agen und gemeinsam in eine neue künstleris­che Form zu gehen. Lassen wir uns von digitalen Konzepten inspiriere­n, die es in anderen Ländern der Welt schon länger gibt: Livestream-Konzerte gegen digitale Eintrittsk­arte, denen jeder von zu Hause aus beiwohnen kann.

 ?? Foto: Iris Wagner ?? Alexandrin­a Simeon ist Jazzsänger­in mit Wurzeln in Bulgarien.
Foto: Iris Wagner Alexandrin­a Simeon ist Jazzsänger­in mit Wurzeln in Bulgarien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany