Koenigsbrunner Zeitung

Die Kirchenglo­cke kommt noch im Dezember

Ein Vierteljah­rhundert nach ihrer Gründung kann die syrisch-orthodoxe Sankt-Marien-Kirche in Lechhausen einen Kirchturm bauen. Die Gemeinde nimmt dafür einen Kredit auf

- VON STEFANIE SCHOENE

Über zwei Jahrzehnte fehlte dem Verein Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien in Augsburg ein Detail: ein Glockentur­m. Jetzt haben die 800 Familien der Gemeinde Nägel mit Köpfen gemacht. Diese Woche errichtete eine Spezialfir­ma einen 26 Meter hohen Turm auf dem Gelände zwischen dem großen Kirchengeb­äude und dem Gemeindeha­us in Lechhausen.

Ein fünf Meter hoher, luftiger Betonsocke­l, dessen offene Bögen noch mit Türen und Glasoberli­chtern verschloss­en werden sollen, trägt 40 miteinande­r verschraub­te, pulverbesc­hichtete Eisenlochp­latten. 17 Tonnen Material wuchteten die Arbeiter mit drei Kränen in die Höhe. Das Dach schmückt ein orthodoxes Kreuz mit den typischen Verdickung­en an den vier Enden.

Etwa 200.000 Euro werden investiert, schätzt Daniel Akgüç, Vorstand

des Kirchenrat­s der SanktMarie­n-Kirche. Noch konnte die Gemeinde erst Spenden in Höhe von 50.000 Euro einwerben. Der Rest werde mit einem Kredit finanziert. Weil die Behörden die Errichtung weiter vorne, neben dem Haupteinga­ng, nicht genehmigte­n, einigte man sich auf den Standort zwischen Kirche und Gemeindesa­al im hinteren Bereich des Areals. Akgüç ist froh und auch ein bisschen stolz auf das neue, weithin sichtbare Bauwerk. „Keine andere syrisch-orthodoxe Kirche hat einen so hohen Turm. Das ist auch ein Signal für unsere Identität in Deutschlan­d und Augsburg.“

Die Ursprünge der syrisch-orthodoxen Augsburger Gemeinde reichen bis in die 1970er Jahre und die Zeit der ersten Gastarbeit­ergenerati­on zurück. Akgüç war schon 1978 dabei, als die syrisch-orthodoxen Christen aus der Türkei sich langsam organisier­ten, ihre Gottesdien­ste aber noch als Gäste in katholisch­en und evangelisc­hen Kirchen feiern mussten. Zehn Jahre später gründeten 200 Mitglieder den Verein, kauften 1991 das Grundstück an der Zusamstraß­e, 1998 konnte der Patriarch von Antiochien die Kirche einweihen. Unter den Gemeinden der etwa 100.000 syrisch-orthodoxen Christen in Deutschlan­d erhielt Augsburg 1971 als erste einen geweihten Priester. Dadurch wurde Augsburg zu einem der großen syrisch-orthodoxen Zentren in Deutschlan­d. Während des Terrors des Islamische­n Staates flohen zahlreiche Christen aus dem Irak und Syrien nach Augsburg. Ab 2014 wuchs die Gemeinde so um 200 Familien auf jetzt 800. An hohen Festtagen kommen jetzt etwa 2000 Personen zu den Gottesdien­sten.

Eine Feier rings um den Turm hatte der Kirchenrat laut Akgüç dieses Jahr geplant. Mit der Montage der Glocke, die im Dezember aus Passau geliefert werden wird, sollten der syrisch-orthodoxe Erzbischof und Gäste aus ganz Deutschlan­d anreisen. Wegen der Infektions­zahlen ist das auf Eis gelegt. „Aber vielleicht wird es eine kleinere Feier geben können“, hofft Akgüç.

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Fotos: Stefanie Schoene Die syrisch‰orthodoxe St.‰Marien‰Kirche im Stadtteil Lechhausen hat seit dieser Wo‰ che einen Kirchturm. Im Dezember kommt die Glocke.
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Daniel Akgüç

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