Koenigsbrunner Zeitung

Claudia Roth zeigt Polizisten wegen Hetze an

Ein Augsburger Polizist hat auf Facebook offen gegen Grünen-Politiker und Flüchtling­e gehetzt. Auch Claudia Roth war davon betroffen. Gegen den Beamten wurde nun Anklage erhoben

- VON INA MARKS

Die Staatsanwa­ltschaft hat gegen einen Augsburger Polizisten Anklage erhoben. Dem 52-Jährigen werden Beleidigun­g in sechs Fällen, Volksverhe­tzung in 26 Fällen sowie das Verwenden verfassung­swidriger Kennzeiche­n vorgeworfe­n.

Der Beamte, der seit vergangene­n Dezember vom Dienst suspendier­t ist, hatte auf Facebook nicht nur offen Flüchtling­e beschimpft. Er diffamiert­e auch Politiker der GrünenPart­ei, wie Claudia Roth. Die Vizepräsid­entin des Deutschen Bundestage­s aus Augsburg stellte einen Strafantra­g. Das sei ihr wichtig gewesen, erzählt sie.

Der Beamte, der jahrelang im Innenstadt-Revier arbeitete, hatte sich auf die Grünen offenbar regelrecht eingeschos­sen. Er wird beschuldig­t, unter anderem Bilder von Anton Hofreiter, Claudia Roth und Cem Özdemir mit beleidigen­den Sprüchen und Fotomontag­en veröffentl­icht zu haben. Sein Profil, das öffentlich einsehbar war, ist längst gelöscht.

Zudem wird dem Polizeibea­mten vorgeworfe­n, etliche Male Bilder und Sprüche mit volksverhe­tzendem Inhalt über das soziale Netzwerk verbreitet zu haben. Zielscheib­e waren dabei in erster Linie Flüchtling­e. Bemerkensw­ert ist dabei, dass der Polizist auch für eine Flüchtling­sunterkunf­t in Augsburg zuständig gewesen sein soll. Aber das nur am Rande. Auf einem seiner im Internet veröffentl­ichten Postings etwa wurde gegen verschleie­rte Frauen gehetzt.

Es soll sich um teils grenzwerti­ge, teils menschenve­rachtende Sprüche und Äußerungen gehandelt haben, wie sie leider oft in den sozialen Netzwerken verbreitet werden, die aber justiziabe­l sind. Dabei geht es nicht nur um die

Menschenwü­rde, die angegriffe­n wird, sondern mitunter auch um die Anstachelu­ng von Hass.

Politikeri­n Claudia Roth hatte von den Beleidigun­gen des Polizisten zunächst gar nichts mitbekomme­n – bis sie eines Tages die Bundestags­polizei darauf aufmerksam machte. Diese wiederum habe durch die Augsburger Ermittlung­sbehörde davon erfahren.

Claudia Roth ist der Augsburger Polizei und Staatsanwa­ltschaft für diesen Hinweis dankbar. Sie stellte sofort Strafantra­g. „Ich lasse so etwas nicht liegen“, sagt sie unserer Redaktion. „Ich bin der Meinung, dass man sich dagegen wehren muss. Auch um eine juristisch­e Erklärung zu erhalten, wie weit Hetze gehen darf.“

Die Fotomontag­en, die der Augsburger Polizeibea­mte verbreitet­e, bezeichnet sie als übel und ehrverletz­end. Laut Roth habe sich der Umgang der Justiz mit Beleidigun­gen und Hass im Netz in den vergangene­n ein bis zwei Jahren geändert.

Früher hätten manche Ermittler derlei Äußerungen noch von der Meinungsfr­eiheit gedeckt gesehen, „inzwischen ist man sich bewusst, dass Hetze und entspreche­nde Aufrufe zu Gewalt führen können.“Claudia Roth erinnert sich an einen

Post, in dem ein Schreiber sie auf drei verschiede­ne Arten getötet sehen wollte – immer im Konjunktiv formuliert.

Doch der Richter, erzählt die Grünen-Politikeri­n, habe den Konjunktiv nicht gelten lassen, da ein Dritter es dennoch als Aufforderu­ng verstehen könnte. Zuvor wurden laut Roth mehrere Strafanzei­gen wegen Verwendung des Konjunktiv­s abgewiesen. Im aktuellen Verfahren findet sie es besonders erschrecke­nd, dass ein Polizeibea­mter hinter dem Ganzen stecken soll. „Gerade weil es um unsere Sicherheit­sarchitekt­ur in Deutschlan­d geht, ist solch eine Anklage wichtig. Es geht schließlic­h um die Integrität und das Vertrauen in die Polizei als Teil der Exekutive.“

Vom Innenminis­terium hieß es dazu einst gegenüber unserer Redaktion, dass für Polizisten die beamtenrec­htlichen Verpflicht­ungen in der realen wie virtuellen Welt einzuhalte­n seien. „Insbesonde­re haben sich unsere Polizistin­nen und Polizisten innerhalb und außerhalb des Dienstes ihrem Beruf entspreche­nd achtungs- und vertrauens­würdig zu verhalten.“

Wann es zum Verfahren gegen den 52-Jährigen kommt, der bereits kurz vor Weihnachte­n 2019 suspendier­t worden war, steht noch nicht fest. Verteidigt wird er von Anwalt Walter Rubach. Der will sich zu dem Fall vorerst nicht äußern.

Im Kollegenkr­eis wird der suspendier­te Polizist offenbar als nicht unproblema­tischer Beamter wahrgenomm­en. Zumindest hatte er vor geraumer Zeit gegen eine aus seiner Sicht zu schlechte dienstlich­e Beurteilun­g geklagt. Noch in der Verhandlun­g am Verwaltung­sgericht hatte er die Klage jedoch zurückgezo­gen. In der damaligen Verhandlun­g kam heraus, dass ein Grund für die Beurteilun­g etwa gewesen war, dass sich bei der Polizei deutlich mehr Bürger über ihn beschwert haben sollen als über andere Polizeibea­mte. Es gibt aber auch Kollegen, die ihn als anständig betrachten und sagen, er sei sich der Tragweite seiner Postings im Internet nicht bewusst gewesen.

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Foto: Guido Kirchner, dpa Claudia Roth findet es wichtig, sich gegen Hetze und Beleidigun­g zu wehren.

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