Koenigsbrunner Zeitung

Ein Schlössle sucht man in Lechhausen vergeblich

Das 1969 abgebroche­ne Schlössle im Zentrum Lechhausen­s war ein bescheiden­es Bauwerk. Seine Geschichte reicht bis ins 17. Jahrhunder­t zurück. Was an seiner Stelle entstanden ist

- VON FRANZ HÄUSSLER

Keine Adelsfamil­ie, sondern der Unternehme­r Michael Meißler ist „Schlössle“-Besitzer in Lechhausen. Er wohnt nicht darin, denn das Schlössle ist kein herrschaft­licher Wohnsitz, sondern ein moderner Vielzweck-Gewerbebau. Große Aufschrift­en „Ärztehaus Schlössle“zeigen an, dass kein Irrtum vorliegt: Dieses so gar nicht schlossart­ige Gebäude heißt Schlössle. So ist auch die Straßenbah­n- und Bushaltest­elle davor benannt. Die postalisch­e Anschrift lautet schlicht Neuburger Straße 40.

Die Arztpraxen befinden sich in den oberen Stockwerke­n, das Parterre ist die Geschäfte-Ebene. Die Internet-Wegweiser zu Ärzten fügen der Adresse meist „im Schlössle“hinzu. Doch gerade dieser Hinweis dürfte schon manche Erstbesuch­er verwirrt haben: Sie suchten vergeblich ein Schlössle. Woher sollten sie wissen, dass hier lediglich Historie in einem Neuzeitbau weiterlebe­n soll: Hier stand mal das Lechhauser Schlössle.

Solch einen wohlklinge­nden Namen legt man ungern ab, auch wenn das 1969 abgebroche­ne Schlössle nicht wirklich ein kleines Schloss, sondern ein maroder, unspektaku­lärer Bau war. Doch er hatte Geschichte: Er gehörte jahrhunder­telang

Grundstück. Im Dezember 1966 wurden die Lagergebäu­de abgebroche­n, 1969 verschwand das Schlössle. Protesten gegen den Abbruch stand die Tatsache gegenüber, dass das Schlössle kein Baudenkmal war. Es wurde sogar als „Bruchbude“ohne historisch­e Substanz bezeichnet.

Die Abbrüche machten den Weg frei für eine zeitgemäße Bebauung des kostbaren Baugrunds sowie für eine Verbesseru­ng der Verkehrssi­tuation: Die Neuburger Straße konnte verbreiter­t und die Blücherstr­aße an ihrem Beginn aufgeweite­t werden. Wo das Schlössle stand, rollt heute der Verkehr. Die Stadtspark­asse übernahm das große Restgrunds­tück. Stadtpolit­iker wünschten sich darauf ein Einkaufsze­nbaut, trum. Es werde das Zentrum von Lechhausen aufwerten, hieß es.

Im August 1972 wurde die Genehmigun­g für einen fünfstöcki­gen Vielzweckb­au mit Läden, Gastronomi­e, Sparkasse, Arztpraxen, Büros und einem Parkdeck erteilt. Dass der neue Großbau mit Sichtbeton und drei dunkel verkleidet­en Geschossen„Schlössle“heißen sollte, sorgte vielfach für Verwunderu­ng. Mit der 2015 gegründete­n Augsburg Schlössle GmbH bekam die Gewerbe-Immobilie neue Besitzer.

Sie führten die energetisc­he Sanierung, Umbauten und eine Auffrischu­ng der Außengesta­ltung durch. Im Februar 2020 lautete dann eine Zeitungsüb­erschrift: „Das Lechhauser Schlössle hat einen neuen Besitzer“.

 ??  ?? Eine der letzten Aufnahmen vom Schlössle vor dem Abbruch 1969. Das neue Schlöss‰ le wurde im einstigen Stall‰ und Scheunenbe­reich hinter dem Wohnhaus gebaut.
Eine der letzten Aufnahmen vom Schlössle vor dem Abbruch 1969. Das neue Schlöss‰ le wurde im einstigen Stall‰ und Scheunenbe­reich hinter dem Wohnhaus gebaut.
 ??  ?? Lechhausen um 1900. Vom Marktplatz zweigt die Blücherstr­aße ab. Wo das Schlössle stand, verläuft seit 1973 die verbreiter­te Straße.
Lechhausen um 1900. Vom Marktplatz zweigt die Blücherstr­aße ab. Wo das Schlössle stand, verläuft seit 1973 die verbreiter­te Straße.

Newspapers in German

Newspapers from Germany