Koenigsbrunner Zeitung

Er ist der neue Mann für Sport und Kultur

Jürgen Enninger setzt als Augsburger Referent auf Mitsprache und niedrigsch­wellige Angebote. Von Brecht und einem 50-Meter-Becken hat er klare Vorstellun­gen

- VON NICOLE PRESTLE

Wenn er könnte, wäre Jürgen Enninger noch öfter unterwegs. Doch ausgerechn­et er, der gerne mit den Menschen ins Gespräch kommt, hat sein Amt in dieser Krise angetreten, in der Abstand oberstes Gebot ist. Dennoch ist Augsburgs neuer Sport- und Kulturrefe­rent bereits herumgekom­men in seinen ersten Wochen: Er hat eine „Tour de Sport“zu Augsburger Bädern und Sportanlag­en absolviert und die Hochschule besucht, er war in der Augsburger Puppenkist­e, im CurtFrenze­l-Stadion, in virtuellen Videokonfe­renzen und Besprechun­gen. Eher nebenbei organisier­t er da schon seinen privaten Umzug: Anfang Dezember wird seine Wohnung in der Stadtmitte fertig. Dann wird aus dem 51-jährigen, „leidenscha­ftlichen Münchner“ein NeuAugsbur­ger.

Einen leichten Posten hat er nicht angetreten. Er sah sich schon Kritik ausgesetzt, da hatte sich die schwarz-grüne Regierung gerade erst für ihn entschiede­n. Auslöser war der Zuschnitt seines Referats, das die Bereiche Kultur, Sport und Welterbe umfasst. Sowohl Kulturscha­ffende als auch Sportfunkt­ionäre fürchten, beide Themen seien kaum in einem Referat zu vereinen – sie seien zu verschiede­n und zu zeitintens­iv. Hinzu kommt, dass ein ähnlicher Referatszu­schnitt unter

Peter Grab (damals Pro Augsburg) in schlechter Erinnerung blieb: Das Projekt Kuspo versuchte eher zwanghaft, beide Bereiche in gemeinsame­n Aktionen zu bündeln. Gelungen ist das selten.

Enninger will in diese Richtung gar nicht erst loslaufen: „Kultur und Sport sind zwei unabhängig­e, selbstbewu­sste Bausteine in der Stadt, die eigenständ­ig zu entwickeln sind. Sie konkurrier­en nicht, sie nehmen sich nichts weg, im Gegenteil.“Der studierte Kulturwirt und Religionsp­ädagoge sieht seine Aufgabe darin, die Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, damit Bürger sich im sportliche­n und kulturelle­n Umfeld engagieren können. Da fällt dann schnell das Wort Partizipat­ion, das Enninger so gern benutzt: Teilhabe ist eines seiner Lieblingst­hemen, was er schon bei seiner Wahl im Mai im Stadtrat unterstric­h.

Die Kultur ist für Enninger gewohntes Terrain. Über einige Jahre leitete er in München das Kompetenzt­eam Kultur- und Kreativwir­tschaft, das die freie kreative Szene der Landeshaup­tstadt vernetzen und beraten sollte, ihren Akteuren neren Sportverei­ne im Stadtteil fördern. Die Ansätze für Vereinspau­schalen, den Bau von Sportstätt­en sowie die Jugendförd­erung seien von der Stadt trotz des massiven finanziell­en Drucks nicht nach unten korrigiert worden. Am Sport- und Bäderentwi­cklungspla­n seines Vorgängers Dirk Wurm (SPD) will Enninger festhalten: „Ich freue mich einerseits darauf, bereits begonnene Projekte wie den Sporttreff Oberhausen oder die Sportanlag­e Süd zu Ende führen zu dürfen sowie anderersei­ts gemeinsam weitere Maßnahmen der Augsburger Sport- und Bäderentwi­cklungspla­nung voranzutre­iben.“

In der Kultur liegt Enninger einerseits das Thema Brecht am Herzen. Sein Geburtshau­s müsse zeitgemäß überarbeit­et, überhaupt das Thema besser präsentier­t werden. Und dann ist da noch der dritte Bereich, für den Enningers Referat künftig zuständig sein wird: das Welterbe. „Hier möchte ich klare Akzente setzen, denn der Titel ist eine große Auszeichnu­ng und Chance für Augsburg.“

Doch erst einmal müssen Enningers Bereiche wieder anlaufen, denn solange in den Sporthalle­n nicht gespielt und in den Theatern nicht aufgetrete­n werden darf, ist der neue Kultur- und Sportrefer­ent zwar nicht arbeitslos, doch aber etwas machtlos. „Ehrlich gesagt hat mich in diesen ersten Wochen vor allem die Bewältigun­g der CoronaPand­emie umgetriebe­n.“Enninger sagt, er sei beeindruck­t, wie kreativ Sportverei­ne und Kulturakte­ure Hygienekon­zepte erstellten und umsetzten. Nun hofft er, dass es ihnen gemeinsam mit der Stadt gelinge, auch für den Winter Rahmenplän­e zu erarbeiten, ohne dass die Infektions­rate dieses Bemühen nicht wieder über den Haufen werfe. „Hier geht es um Existenzen.“

Politisch ist Enninger seit letztem Jahr aktiv. 2019 trat er der EuropaPart­ei Volt bei, für die er auch für den Münchner Stadtrat kandidiert­e. Gerüchten, er würde sich über kurz oder lang ein grünes Parteibuch zulegen, widerspric­ht er, obwohl er seine neue Aufgabe in Augsburg mehr oder weniger den Grünen verdankt.

Privat lebt Enninger mit seinem Mann zusammen, den er 2018, als dies für homosexuel­le Paare erstmals möglich wurde, geheiratet hat. Auch deshalb sei er ein überzeugte­r Europäer: Die EU habe einen zentralen Beitrag zur Gleichbere­chtigung Homosexuel­ler geleistet und sichere deren Rechte dauerhaft.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? „Es geht um Existenzen“: Jürgen Enninger, Augsburgs neuer Referent für Sport, Kultur und Welterbe, kämpfte in seinen ersten Wochen vor allem gegen die Auswirkung­en der Corona‰Krise.
Foto: Silvio Wyszengrad „Es geht um Existenzen“: Jürgen Enninger, Augsburgs neuer Referent für Sport, Kultur und Welterbe, kämpfte in seinen ersten Wochen vor allem gegen die Auswirkung­en der Corona‰Krise.

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