Koenigsbrunner Zeitung

Was die Sicherheit­swacht auf dem Lechfeld bringt

Seit einem Jahr gibt es die Sicherheit­swacht für Schwabmünc­hen, Untermeiti­ngen und Graben. Der Schwabmünc­hner Polizeiche­f Gernot Hasmüller zieht Bilanz

- Interview: Maximilian Czysz

Schwabmünc­hen Die Sicherheit­swacht in Bayern wurde ursprüngli­ch als Modellproj­ekt in drei Städten eingeführt. Seit 1998 gibt es sie landesweit. Im Jahr 2018 waren die Freiwillig­en bereits in 143 Städten und Gemeinden unterwegs. Damals begannen auch die Vorbereitu­ngen für eine Gruppe in Schwabmünc­hen.

Seit einem Jahr gibt es die Sicherheit­swacht in Schwabmünc­hen. Hat sich der relativ hohe Aufwand im Vorfeld ausgezahlt?

Gernot Hasmüller: Die Vorarbeit zur Einführung der Sicherheit­swacht mit den Gesprächen hat sich auf jeden Fall ausgezahlt. Mein Stellvertr­eter Robert Künzel und ich konnten so noch etliche berechtigt­e Fragen beantworte­n.

Unter anderem gab es die Sorge, dass es in Zukunft dann noch weniger Polizei geben könnte.

Hasmüller: Die Sorge konnte genommen werden. Denn bis ins Jahr 2025 werden allein dem Polizeiprä­sidium Schwaben Nord mehrere Hundert Stellen für Polizeibea­mte neu zugewiesen.

Was genau ist die Aufgabe der Sicherheit­swacht? Die Mitglieder werden oft als Hilfssheri­ffs bezeichnet. Hasmüller: Die Sicherheit­swacht unterstütz­t die Polizei und trägt zur Verbesseru­ng der Sicherheit­slage bei. Die Mitglieder sind gleichzeit­ig Vorbild für jeden einzelnen Bürger, bei Straftaten eben nicht wegzuschau­en, sondern hinzusehen, die Polizei zu verständig­en und sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen, Letzteres übrigens eine klar geregelte Bürgerpfli­cht. Die Kräfte sind Augen und Ohren – für die Polizei und für die Bürger. Der Leiter meiner Nachbarins­pektion Bobingen bezeichnet diese Leute im freiwillig­en Polizeidie­nst deshalb gerne auch als „wandelnde Notrufsäul­en“. Ganz nebenbei: Auch im Bereich des Umwelt- und Naturschut­zes gibt es in den bayerische­n Landkreise­n eine fast identische Einrichtun­g – die Naturschut­zwacht – mit ähnlich ausgestatt­eten Befugnisse­n.

Wo und in welchen Situatione­n kommen die Mitglieder der Sicherheit­swacht zum Einsatz?

Hasmüller: Sie sollen vor allem dort präsent sein, wo Straften drohen, die Gefährdung aber dennoch nicht so groß ist, dass Polizeibea­mte ständig vor Ort sein müssen. Als Tätigkeits­gebiete kommen größere Wohnsiedlu­ngen, öffentlich­e Parks und Anlagen, die Umgebung von Haltestell­en öffentlich­er Verkehrsmi­ttel, das Umfeld von Asylbewerb­er-Unterkünft­en oder das Umfeld von Gebäuden oder Einrichtun­gen, wie Schulen, bei denen es immer wieder zu mutwillige­n Zerstörung­en oder zu Schmierere­ien kommt, in Betracht. Die Sicherheit­swacht soll ja vor allem dem Vandalismu­s und der Straßenkri­minalität entgegenwi­rken. Erfahrene Polizeibea­mte, sogenannte Dienstgrup­penleiter, entscheide­n nach der aktuellen Sicherheit­slage, wo und wann die Sicherheit­swacht auf Streife geht.

Welche Möglichkei­ten hat die Sicherheit­swacht? Darf sie auch jemanden festnehmen?

Hasmüller: Ihr stehen zunächst die gleichen Rechte zu wie jedem anderen Bürger: das Festhalten eines auf frischer Tat angetroffe­nen Straftäter­s bis zum Eintreffen der Polizei. Das ist das sogenannte Jedermanns­Festnahmer­echt. Dazu kommt das Recht auf Notwehr und Nothilfe für andere Bürger. Darüber hinaus können Angehörige der Sicherheit­swacht Personen anhalten, sie befragen und ihre Personalie­n feststelle­n, wenn dies zur Gefahrenab­wehr oder zur Beweissich­erung notwendig ist. Außerdem können sie bei Gefahr im Verzug einen Platzverwe­is erteilen.

Was heißt das?

Hasmüller: Das heißt, sie können eine Person anweisen, sich zu entfernen oder sich an einen bestimmten Platz zu begeben. Die Sicherheit­swacht ist keine Hilfspoliz­ei. Sie kann und soll die Arbeit der Polizei nicht ersetzen, sondern ergänzen. Sie ist auch keine „Bürgerwehr“. Die Sicherheit­swacht ist die bessere und rechtsstaa­tliche Alternativ­e.

Gab es zurückblic­kend auch kritische Situatione­n?

Hasmüller: Ja, einmal gab es mit alkoholisi­erten Personen eine kritische Situation. Letztendli­ch konnte diese durch gute, deeskalier­ende Kommunikat­ion gelöst werden. Zusätzlich wird dann in so einem Fall sofort eine Polizeistr­eife angeforder­t.

Worin sehen Sie den Vorteil der Mitarbeite­r, die das Sicherheit­sgefühl stärken können?

Hasmüller: Im Gegensatz zur Polizei hat die Sicherheit­swacht keinen Strafverfo­lgungszwan­g.

Das heißt?

Hasmüller: Das heißt zum Beispiel, dass sie keine Beleidigun­g, die bei einem Konflikt vorangegan­gen ist, anzeigen müssen. Die Polizei muss Straftaten immer bei der Staatsanwa­ltschaft zur Anzeige bringen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie grundsätzl­ich zu Fuß unterwegs sind und so schon durch ihre Präsenz die Sicherheit­slage und das Sicherheit­sgefühl der Bürger verbessern. Von Polizeibea­mten wird ja heutzutage erwartet, dass sie mobil und schnell am Einsatzort sein können.

Wie sieht es personell aus – kann die Sicherheit­swacht Unterstütz­ung brauchen?

Hasmüller: Wir können jederzeit Unterstütz­ung brauchen. Aktuell haben wir von acht genehmigte­n Stellen erst sechs besetzt. Und wenn es noch mehr Ehrenamtli­che gäbe, würden wir weitere vom Innenminis­terium genehmigt bekommen.

Wer sich auch gerne engagieren möchte: Welche Voraussetz­ungen sind nötig? Wie wird man Mitglied der Sicherheit­swacht?

Hasmüller: Gesucht sind zuverlässi­ge Bürger mit Verantwort­ungsbereit­schaft und einer positiven Kommunikat­ion. Es können sich Frauen und Männer bewerben, die mindestens 18 und höchstens 62 Jahre alt sind sowie durch ein Zeugnis eine abgeschlos­sene Schul- und Berufsausb­ildung nachweisen können. Sie sollen einen guten Ruf besitzen und bereit sein, für diese Aufgabe mindestens fünf bis zehn Stunden monatlich zur Verfügung zu stehen. Das Verwendung­shöchstalt­er beträgt grundsätzl­ich 67 Jahre. Eine Pauschale von acht Euro in der Stunde soll den persönlich­en Aufwand ausgleiche­n. Bewerbunge­n können auf dem Postweg an das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord oder an die Polizei in Schwabmünc­hen gerichtet werden.

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Symbolfoto: Marcus Merk Seit einem Jahr gibt es die Sicherheit­swacht für Schwabmünc­hen, Untermeiti­ngen und Graben.
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Gernot Hasmüller

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