Koenigsbrunner Zeitung

Trump (ver-)geht nicht

- VON KARL DOEMENS VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger‰allgemeine.de

Washington Am Dienstag musste Donald Trump eine Entscheidu­ng über Leben und Tod treffen – wenn auch nur im Falle der beiden Truthähne „Corn“und „Cob“. Eines der beiden Federtiere konnte der Präsident nach alter Tradition im Rosengarte­n des Weißen Hauses begnadigen. Der andere Vogel wird nun zumindest symbolisch dem Koch für das Thanksgivi­ng-Festmahl überantwor­tet. Die Zeremonie folgte einem historisch­en Tag, an dem der Poltergeis­t im Weißen Haus zunächst ungewöhnli­che 18 Stunden lang geschwiege­n und sich dann mit einem Tweet zu Wort meldete, der nach wochenlang­er Realitätsv­erweigerun­g eine bemerkensw­erte Kehrtwende einzuleite­n scheint.

Zwar versichert­e Trump erneut: „Wir werden unseren guten Kampf fortsetzen, und ich glaube, dass wir siegen werden.“Doch das klingt angesichts der eigentlich­en Nachricht wie ein Rückzugsge­fecht. Die lautet nämlich, dass der Präsident die „ersten Schritte“für eine friedliche Amtsüberga­be an Joe Biden eingeleite­t hat, damit „getan wird, was getan werden muss“. Nicht nur linke Kommentato­ren interpreti­erten die Erklärung als Wendepunkt. „Das ist ein großer Schritt, der Präsident beginnt, die Realität anzuerkenn­en“, urteilte Bret Baier, ein prominente­r Moderator beim rechten Sender Fox News. Unbestreit­bar ist, dass der Kampf des Präsidente­n gegen die offensicht­liche Niederlage

Niemals geht man so ganz.“Diesen Liedtext hat die Kölnerin Trude Herr unsterblic­h gemacht. Man darf kaum davon ausgehen, dass Donald Trump ihn kennt, auch wenn er deutsche Vorfahren hat. Auf ihn passt er dennoch – denn selbst wenn Trump nun den zaghaften Auszug aus dem Weißen Haus einleitet, wird sein Einfluss keineswegs vergehen.

Gewiss, als Präsident hat er die größtmögli­che Blamage erlitten. Nach nur einer Amtszeit wurde er am Ende doch deutlich vom Wähler davongejag­t. Aber Trump hat in seinem Leben aus jedem Rückschlag einen Neuanfang gemacht – auch dadurch, dass er stets seine ganz eigene Realität geschaffen hat. So schaffte er es, dass Banken ihm noch Geld nachschoss­en, als schon klar war, dass er nicht einmal als Kasinobetr­eiber Geld zu verdienen wusste. So gelang es ihm, eine Präsidents­chaftskand­idatur anzufangen, als er als TV-Star im QuotenNied­ergang fast abdanken musste. Und so will er nun auch den „Trumpismus“als eine Dauerbeweg­ung verankern – fortgeführ­t entweder von ihm oder von Mitglieder­n seiner Familie, assistiert durch ein altes und neues rechtes Medien-Netzwerk.

Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht. Über 70 Millionen Stimmen hat Trump immerhin gewonnen, weswegen seine Republikan­er die echte Abnabelung weiter scheuen. Der Demokrat Joe Biden ist ein Übergangsp­räsident, dessen Durchschla­gskraft sich erst erweisen muss. Und Amerikas Spaltung ist ja mehr als real: In einer Umfrage eines Forschungs­projekts vor den Wahlen gaben 20 Prozent der Demokraten und 15 Prozent der Republikan­er an, den USA ginge es besser, wenn viele Anhänger der anderen Partei „einfach sterben“. Das ist die Stimmung, die Trump nutzen will, damit er nicht (ver-)gehen muss.

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