Chöre bleiben im Advent stumm
Auf festliche Kirchenkonzerte müssen Gläubigen verzichten. Das trifft auch Gesangsvereine
Großaitingen Der Advent ist nicht nur die Zeit der Christkindlmärkte, sondern auch des Chorgesangs bei festlichen Kirchenkonzerten. Zahlreiche Lieder sollen Gläubige auf Weihnachten einstimmen. Doch wegen der Corona-Pandemie fallen die meisten Adventskonzerte in diesem Jahr aus. Das ist nicht nur für die Zuhörer, sondern auch für die Sänger eine traurige Botschaft.
„Schweren Herzens haben wir uns entschlossen, das Adventssingen am 20. Dezember in der Pfarrkirche St. Nikolaus abzusagen“, sagt Gerhard Michl, Vorsitzender des Liederkranzes Großaitingen. Die dafür notwendigen intensiven Proben im November und Dezember seien wegen der verschärften Kontaktbeschränkungen einfach nicht möglich, begründet Michl die Entscheidung.
Dabei hatte er sich nach dem gut besuchten Konzert im Vorjahr viel vorgenommen. Der Chor ist von 18 auf 32 singende Frauen und Männer aus Großaitingen und Umgebung angewachsen. Ergänzt durch Solisten wie Andrea Strasser (Sopran), Christoph Teichner (Tenor) und einem Instrumentalensemble mit Streich- und Blasinstrumenten wollten die Mitglieder nach dem Adventssingen die berühmte Kempter-Messe in der Christmette aufführen.
Doch nach dem Wiederbeginn der Proben im September, an denen noch rund 20 Sänger teilnahmen, bröckelte die Begeisterung. „Einige Chormitglieder wollten aus beruflichen Gründen keine Ansteckung riskieren, andere hatten altersbedingt oder wegen Vorerkrankungen Bedenken“, erklärt Michl. Der Vorsitzende kann das verstehen. Doch es stimmt ihn auch ein wenig traurig, ist er doch mit den Auftritten des Chors groß geworden.
Vom Großvater und den Eltern wurde der gebürtige Großaitinger an den Liederkranz gewöhnt. 2008 stieg er als aktiver Sänger im ersten Bass ein. Im März vergangenen Jahres übernahm er den Vorsitz von seinem Vorgänger Johann Schmidl. Chorleiterin ist die Südafrikanerin Lizé von Perbandt in Kooperation mit Renate Altmann, die den personell beinahe identischen Kirchenchor
leitet. Die Großaitinger Sänger sind nicht die einzigen, die heuer stumm bleiben. Marianne Beck machte mit ihrem dreistimmigen, gemischten Chor des Gesangvereins Oberottmarshausen ähnliche Erfahrungen. „Vor den Sommerferien hatten wir noch vier Proben mit neun Sängerinnen und drei Männerstimmen, doch danach kamen nur noch höchstens acht Chormitglieder, und seit November dürfen gar keine Proben mehr stattfinden“, bedauert die gebürtige Dortmunderin. Sie lebt inzwischen seit 40 Jahren in Oberottmarshausen und führt seit 1999 als Vorsitzende den Gesangverein.
Wegen Corona fallen die Adventskonzerte in der Oberottmarshauser St.-Vitus-Kirche in diesem
Jahr aus. Um die probenfreie Zeit zu überbrücken, verschickt Chorleiterin Jewgenia Maciolek Choraufnahmen per WhatsApp. So können die Mitglieder wenigstens zu Hause üben.
Schon im Sommer mussten die Sänger Enttäuschungen hinnehmen. Denn sowohl der Oberottmarshauser Gesangverein als auch der Liederkranz Großaitingen mussten ihre Jubiläumsfeiern absagen. Die Großaitinger wollten ihr 125-jähriges Bestehen mit einem Fest in der Mehrzweckhalle feiern und hoffen nun auf den Nachholtermin am 10. Juli 2021.
Wann die Oberottmarshauser Sänger ihr Gründungsfest nachfeiern, steht noch nicht fest. Der Gesangverein wurde vor 40 Jahren zunächst als Männergesangverein gegründet. Zehn Jahre später kamen die Frauen dazu und übernahmen nach und nach die Mehrheit. Daraus entwickelte sich der gemischte Chor, der heuer sein 30-jähriges Bestehen feierte. Zu diesem Doppeljubiläum gesellt sich noch der vor fünf Jahren gegründete Jugendchor mit dem ambitionierten Namen BavarOtties hinzu. Zum Jubiläum startete Beck einen Projektchor. Sie hofft, dass die Kandidaten trotz der derzeitigen Pause bei der Stange blieben: „Das Zusammengehörigkeitsgefühl leidet schon sehr darunter, dass wir nicht gemeinsam singen und uns treffen können. Aber ich hoffe, dass die Sehnsucht wächst und es nach der Krise zu einem umso größeren Boom kommt.“