Corona und die Kinder
Die Einschränkungen durch die Pandemie sind allgegenwärtig: kein Vereinssport, wenig Kontakte. Nehmen Kinder und Jugendliche dadurch seelischen Schaden? Eltern berichten über ihre Erfahrungen
Kein Sport im Verein, Schule von zu Hause und weniger Kontakte: Kinder sind von den Corona-Folgen besonders betroffen. Wie kommen sie damit klar?
Landkreis Einen für Kinder erfreulichen Nebeneffekt hat die CoronaKrise sicher gehabt: Eltern sind großzügiger bei der Handy- und Computernutzung. „Früher hätte ich Apps wie Instagram oder Snapchat nicht erlaubt“, erzählt die Mutter zweier Kinder im Alter von zehn und 13 Jahren. „Aber während der Schulschließung war ich froh, wenn sie so viel Kontakt wie möglich mit ihren Freunden haben konnten.“Denn der Austausch mit Gleichaltrigen wird in dieser Entwicklungsphase als enorm wichtig angesehen. (siehe Interview).
Diese Sorge teilen viele Eltern. Sie befürchten, dass die Beschränkungen für die Entwicklung ihrer Kinder schädlich sind. Ohne Sportverein, Musikschule oder Treffen in der Clique sind die Kontakte stark eingeschränkt. „Meine Tochter zieht sich zunehmend zurück und sitzt stundenlang in ihrem Zimmer“, erzählt eine besorgte Mutter. „Ist das normal in der Pubertät? Oder liegt es an Corona?“fragen sich die Eltern.
Andere, die ebenfalls ihren Namen zum Schutz ihrer Kinder nicht in der Zeitung lesen wollen, können der Krise auch durchaus etwas Positives abgewinnen: „Wir haben weniger Terminstress und mehr gemeinsame Zeit als Familie - das ist vor allem jetzt im Advent ganz schön“, sagt ein Vater von vier Kindern aus Neusäß. Negative Folgen sieht er für seine Kinder nicht: „Bei so vielen Geschwistern besteht keine Gefahr der Vereinsamung“, hier sei immer jemand zum Spielen da. Die beiden älteren Mädchen treffen sich regelmäßig mit einer Freundin, das reicht ihnen. Auf manches Hobby müssen sie derzeit zwar verzichten, auch auf den geplanten Schwimmkurs, „das ist aber nicht tragisch“, so der Neusässer.
Anita Leichtl ist Elternbeiratsvorsitzende im Kindergarten St. Michael in Schwabmünchen. Sie ist Mutter eines Kindergarten- und eines Schulkindes. Der jüngere Sohn gehe in der Kita ganz normal ein und aus wie immer „und er kriegt das auch gar nicht so mit“, sagt Leichtl. Auch der Mundschutz störe ihn nicht. Die Mutter eines Krippenkindes aus Bobingen berichtet, dass die Rückkehr ihrer Tochter in die Krippe nach einer längeren Pause schwierig war: „Das hat sich in ihrem Sozialverhalten schon etwas bemerkbar gemacht. Die ersten Kontakte mit gleichaltrigen Kindern waren sehr schwierig, da sie es z. B. nicht mehr gewohnt war, zu teilen.“Dass es viel ausmacht, ob die Kinder weiterhin ihren Hobbys nachgehen und Freunde treffen können, zeigt das Gespräch mit einer Mutter aus Meitingen: Ihr 14-jähriger Sohn und seine Freunde haben statt Fußball das Mountainbiken für sich entdeckt.
„Die sind immer draußen unterwegs.“Und auch die Tochter im Grundschulalter findet im Wohnviertel immer jemanden zum Spielen. Bemerkenswert ist es für die Eltern, dass der Sohn – anders als bisher – sogar wieder gerne in die Schule geht. „Anscheinend weiß er das jetzt eher zu schätzen“, vermutet die Meitingerin. Generell hätten die Kinder gemerkt, dass ihnen die feste Tagesstruktur guttut. Nur der Kontakt zu ihren Großeltern fehle ihnen sehr.
Das Mountainbiken hat auch ein 13-Jähriger aus Neusäß für sich entdeckt. „Mein Sohn ist zum Glück ein Bewegungstier“, sagt die Mutter mit einem Schmunzeln. Vor dem PC sitzt er in der Freizeit selten - „außer er nimmt an einer Online-Schulung der Jugendfeuerwehr teil“, wo er aktives Mitglied ist. Er sei zwar auch gerne mal alleine und lese ein Buch, aber insgesamt verkrafte er die Corona-Zeit sehr gut, meint die Mutter. Auch ein schönes neues Hobby habe sich der Teenager zur Überraschung der Eltern im Sommer zugelegt: „Er hat ein Gemüsebeet im Garten angelegt.“Davon profitierte dann die ganze Familie.