Koenigsbrunner Zeitung

Urlaub 2021: Was der Chef verlangen darf

Viele Arbeitnehm­er müssen bereits ihre Urlaubstag­e für 2021 planen. Die Wünsche von Angestellt­en und Arbeitgebe­rn klaffen allerdings wegen Corona oft auseinande­r

- VON JAKOB STADLER

Augsburg Viele Arbeitnehm­er müssen in diesen Tagen ihren Urlaub für das kommende Jahr festlegen. Planen ist allerdings durch die CoronaPand­emie komplizier­t geworden – vor allem, wenn es ums Reisen geht. Wohl kaum einer will seinen Urlaub auf mögliche Lockdown-Phasen legen. Wer noch dazu verreisen möchte, könnte auf die Idee kommen, seinen Urlaub bevorzugt in der zweiten Jahreshälf­te zu nehmen – schließlic­h könnte die Bekämpfung der Pandemie dann endlich so weit fortgeschr­itten sein, dass Reisen leichter möglich sind.

Die Befürchtun­g der Arbeitgebe­r: Wenn im Frühjahr niemand Urlaub nehmen will, drohen später leere Büros. Deshalb machen einige ihren Mitarbeite­rn die Vorgabe, den Urlaub über das Jahr zu verteilen. Doch ist so eine Vorgabe überhaupt erlaubt?

Muss ich den Urlaub wegen Corona über das Jahr verteilen?

Hier kennt sich Professori­n Martina Benecke, die an der Universitä­t Augsburg den Lehrstuhl für Bürgerlich­es Recht, Handels-, Arbeitsund Wirtschaft­srecht innehat, aus. Entscheide­nd ist der Expertin zufolge das Bundesurla­ubsgesetz. Martina Benecke gibt aber zu bedenken: „Dessen Regelungen können durch Tarifvertr­äge und gegebenenf­alls auch Betriebsve­reinbarung­en modifizier­t werden.“Die Regeln können in bestimmten Branchen und Firmen also abweichen. Grundsätzl­ich gilt: Der Arbeitgebe­r kann eine Genehmigun­g des eingereich­ten Urlaubes verweigern, wenn „dringende betrieblic­he Belange“dem entgegenst­ehen, zitiert Benecke aus dem Gesetzeste­xt. Die Expertin sagt: „Solche können sich natürlich auch aus Corona, staatliche­n Maßnahmen und Lockdown-Beschlüsse­n ergeben.“ Der Arbeitgebe­r muss den Urlaub zusammenhä­ngend genehmigen. Doch es gibt eine Einschränk­ung: Das gilt nur, „wenn – auch hier – nicht dringende betrieblic­he Belange dagegenspr­echen“, sagt Benecke. „Dringend heißt aber mehr als für den Arbeitgebe­r praktische­r oder günstiger“, erläutert die Professori­n. „Es muss eine Zwangslage bestehen.“Wenn es sich um ein Unternehme­n mit Betriebsra­t handelt, darf dieser mitbestimm­en.

Darf ich meinen Urlaub für die nächsten Jahre aufsparen? Arbeitnehm­er könnten wegen der unsicheren Reiselage auch auf die Idee kommen, sich Urlaub aufzuspare­n. Das ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich. „Der Urlaub ist eigentlich im laufenden Kalenderja­hr zu nehmen, damit der Erholungsz­weck auch erreicht wird“, sagt Benecke. Und sie fügt hinzu: „Ausnahmen gelten aus – man ahnt es – dringenden betrieblic­hen Gründen oder solchen in der Person des Arbeitnehm­ers.“Als dringender persönlich­er Grund seitens des Angestellt­en genügt es nicht, dass man nicht reisen kann. Das Bundesurla­ubsgesetz regelt den Anspruch auf Urlaub, einen Anspruch auf Reisen gibt es hingegen nicht.

Aus demselben Grund kann ein Arbeitnehm­er seinen schon genehmigte­n Urlaub nicht einfach verschiebe­n, wenn eine geplante Reise platzt. Nicht genommene Urlaubstag­e aus dem vergangene­n Jahr sind laut Gesetz nur bis Ende März gültig. Wenn sie bis dahin nicht genommen wurden, verfallen sie – bevor das passiert, muss der Arbeitgebe­r aber darauf hinweisen. Benecke merkt an, dass viele Tarifvertr­äge darüber hinausgehe­nde Regeln enthalten.

Muss ich meinem Arbeitgebe­r, wenn ich in ein Corona-Risikogebi­et fahre, sagen, wohin die Reise geht? Noch etwas hat sich durch die Pandemie in Sachen Reiseurlau­b geändert: Bisher konnte es dem Arbeitgebe­r relativ gleichgült­ig sein, ob sein Mitarbeite­r die freie Zeit in Italien, auf Bali, in den USA oder in Brasilien verbracht hat. Jetzt ist der Urlaubsort plötzlich ein Thema – schließlic­h könnte es sich dabei um ein Corona-Risikogebi­et handeln. „Das Reiseziel geht den Arbeitgebe­r eigentlich nichts an und muss auch nicht genannt werden“, verdeutlic­ht

Benecke. Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Reiseziel mit einem sehr hohen Risiko verbunden ist, dass man bei seiner Rückkehr die Kollegen anstecken könnte. Denn der Arbeitgebe­r hat eine Schutzpfli­cht für deren Gesundheit. Das, so schätzt Benecke, komme aber nur bei Urlaubszie­len in Betracht, „die wesentlich gefährlich­er sind als der Urlaub daheim.“Der Arbeitgebe­r darf seinen Angestellt­en bei dessen Rückkehr übrigens nicht in Quarantäne schicken: „Der Arbeitgebe­r darf überhaupt keine Quarantäne anordnen, das darf nur das Gesundheit­samt“, erklärt die Professori­n. Wenn der Arbeitgebe­r einen Corona-Fall befürchtet, darf er dem Mitarbeite­r allerdings verbieten, das Büro oder das Betriebsge­lände zu betreten – denn hier hat er Hausrecht. Er kann den Mitarbeite­r zudem anweisen, im Homeoffice zu arbeiten, wenn das dem Schutz der anderen Angestellt­en dient.

Es kommt auf dringende betrieblic­he Belange an

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Foto: Gabbert, dpa Wann soll und vor allem darf man im kommenden Jahr seinen Urlaub nehmen? Es besteht ja die Gefahr, dass viele Beschäftig­te ih‰ ren Urlaub auf die zweite Jahreshälf­te schieben, wenn sie geimpft sind. Dann wären Firmen fast leer.

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