Koenigsbrunner Zeitung

Das Standesamt ist jetzt barrierefr­ei

Zwei Jahre wurde das Haus in der Maximilian­straße saniert. Ab dem 9. Dezember können die Augsburger dort wieder ihre Familienan­gelegenhei­ten regeln – mit einer Ausnahme

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Nach über zweijährig­er Sanierung öffnet in wenigen Tagen wieder das Augsburger Standesamt in der Maximilian­straße. Das historisch­e Gebäude wurde auf einen aktuellen technische­n und baulichen Stand gebracht. Ab sofort können sich auch Rollstuhlf­ahrer und Mütter mit Kinderwage­n bequem im gesamten Gebäude bewegen.

Schon seit den 70er-Jahren hätte das Haus, von dem Teile noch aus dem 16. Jahrhunder­t stammen, eine Sanierung nötig gehabt, berichtete Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber bei einer Vorabbesic­htigung. Vor allem ein Aufzug stand von Anfang an auf der Wunschlist­e. Doch erst 2017 stellte der Augsburger Stadtrat die nötigen Gelder dazu bereit – 2018 war Baubeginn. Aus den ursprüngli­ch kalkuliert­en 2,4 Millionen Euro Baukosten wurden am Ende knapp vier Millionen – eine vorher nicht eingeplant­e Asbestsani­erung schlug mit fast einer Million Euro zu Buche.

„Dass bei der Voruntersu­chung Asbest gefunden wurde, hatte auch sein Gutes“, so Architekt Armin Allmending­er. Denn beim Abtragen der Farbschich­ten und des Verputzes seien viele historisch­e Details wieder zum Vorschein gekommen, die man bei einer „normalen“Sanierung nie entdeckt hätte. Die Asbestfase­rn waren in einer tiefen Farbschich­t an Wänden und Decke gefunden worden. „So konnten wir auch vorhandene Schlitze für Leitungen verwenden und mussten nicht neue Schlitze in die alten Mauern klopfen“, sagt er. In einem der Trausäle wurde über der Tür ein historisch­es Wandgemäld­e entdeckt, das gesichert und dann wieder mit Farbe abgedeckt wurde.

Dem Besucher des Standesamt­es fällt wohl am ehesten der barrierefr­eie Zugang und der neue Aufzug in die oberen Stockwerke auf. Zum Betreten des Gebäudes sei eine Rampe angelegt worden, über die Rollstuhlf­ahrer künftig ins Gebäude kommen, erklärt Wolfgang Burkhardt vom Hochbauamt. Der Innenhof wurde stark verkleiner­t – ein Teil beherbergt den Aufzug, der ins Gebäude integriert ist. Im Haus gibt es jetzt auch zwei behinderte­ngerechte Toiletten. Das Gebäude habe neben den Toiletten übrigens einen eigenen Stall, in dem immer noch die steinernen

Futtertrög­e zu sehen sind, verrät der Architekt. Er stamme noch aus der Zeit, als man mit der Kutsche bis ins Haus fahren konnte. Allerdings werden dort heute Akten aufbewahrt. Mit der Hochzeitsk­utsche bis vor den Trausaal zu fahren, bleibt also auch in Zukunft ein Traum.

Bei der Sanierung habe man sich streng an historisch­e Befunde gehalten, sagt Architekt Allmending­er. So seien alle Türen in einem dunklen Braun gehalten, Solnhofer-Bodenplatt­en, Messinghan­dläufe und Eichenholz vermitteln ein historisch­es Flair. Dafür entspricht die Technik dem neuesten Stand.

Die Lampen wurden mit modernen LED-Leuchtmitt­eln bestückt – selbst der „Kronleucht­er“in einem der Trauzimmer hat LED-Birnen. Beide Trausäle bekamen moderne Klimaanlag­en spendiert, damit die Hochzeiten auch im Sommer mit kühlem Kopf vollzogen werden können, wie sich der kommissari­sche Standesamt­sleiter Robert Brümmer freut. „So viele Menschen heizen den Trausaal schnell auf – und die Standesbea­mten sitzen dort ja mehrere Stunden“, erklärt er den Sinn der Investitio­n.

Bis zum 8. Dezember ziehen die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Standesamt­s wieder in ihre

Räume. Zuletzt waren sie in der Fuggerstra­ße untergebra­cht. „Die Kollegen freuen sich schon sehr auf ihre neuen Büros“, so Brümmer. Auch diese wurden mit moderner Technik wie einer schnellen Datenleitu­ng ausgestatt­et. Ab dem 9. Dezember nimmt das Amt in der Maximilian­straße dann wieder seine Arbeit auf.

Geheiratet werden kann im Standesamt allerdings erst im kommenden Jahr. Weil die Hochzeitst­ermine mit großem Vorlauf vergeben werden, finden die Trauungen dieses Jahr noch im Agnes-BernauerZi­mmer im Hotel Maximilian’s statt, sagt Brümmer. Ab Januar gebe es dann die ersten Termine für das sanierte Standesamt.

Um 190 Trauungen gingen die Eheschließ­ungen in Augsburg im Corona-Jahr zwischen Oktober 2019 und Oktober 2020 zurück, berichtet der kommissari­sche Standesamt­sleiter. 950 Trauungen waren es in diesem Jahr gegenüber 1140 im Jahr davor. Wie es 2021 weitergeht, könne man noch nicht sagen – allerdings seien die erwarteten Nachholter­mine für verschoben­e Hochzeiten bislang ausgeblieb­en. „Die Paare sind gerade sehr vorsichtig, weil man auch im nächsten Jahr noch nicht sagen kann, was einen erwartet“, so seine Erfahrung.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Künftig führt eine flache Rampe für Rollstuhlf­ahrer und Mütter mit Kinderwage­n ins Standesamt.
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Im Inneren setzt sich die Barrierefr­eiheit fort.
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Der Kronleucht­er in einem der Trauzimmer verfügt über moderne LED‰Technik.

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