Koenigsbrunner Zeitung

Brexit‰Angst vor leeren Regalen

Boris Johnson dämpft Hoffnung auf einen Durchbruch massiv

- VON KATRIN PRIBYL

London Es ist etwa drei Jahrzehnte her, da verkündete der damalige EU-Korrespond­ent des Telegraph namens Boris Johnson der britischen Öffentlich­keit, dass das mit Asbest verseuchte Berlaymont-Gebäude in Brüssel in die Luft gesprengt werden soll. Nicht nur, dass das mittlerwei­le renovierte Hauptquart­ier der Europäisch­en Kommission noch immer steht. Am Mittwochab­end trafen hier auch der mittlerwei­le zum britischen Premiermin­ister aufgestieg­ene Boris Johnson und EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen zum Abendessen zusammen.

Es sollte der Schauplatz des nächsten Kapitels im Brexit-Drama werden, das wie gewohnt endete: mit abgenutzte­n Phrasen und ergebnislo­s. Von der Leyen nannte die Diskussion während des Dinners in Diplomaten­sprache „lebendig und interessan­t“. Übersetzt heißt das, dass es düster aussieht. Die Stimmung schlecht, der Optimismus gedämpft, die Fronten verhärtet. Die nächste Deadline ist für Sonntag gesetzt. Doch Beobachter mutmaßen, dass die Hängeparti­e noch bis zum Ende des Jahres andauert. Dann läuft die Übergangsp­hase aus.

Von der Leyen veröffentl­ichte Notfallmaß­nahmen für den Fall, dass kein Deal zustande kommt. Die Regelungen betreffen etwa den Flug- und Straßenver­kehr sowie die Fischerei und sollen Verwerfung­en abmildern. Es handelt sich nicht nur um eine Versicheru­ng für Unternehme­n und Bürger auf dem Kontinent, sondern auch um eine Botschaft an die britische Regierung: Die EU meint es ernst.

Der größte Streit dreht sich aber um die Garantie für einen fairen Wettbewerb. Die EU will den Briten nur einen zollfreien Zugang zum europäisch­en Markt gewähren, wenn sie bei Staatsbeih­ilfen und Standards im Arbeits-, Umwelt-,

Sozial- und Wettbewerb­srecht gewisse EU-Standards weiter anerkennen. Johnson lehnt dies als Einschränk­ung der britischen Souveränit­ät ab. Es seien „Bedingunge­n, die kein Premiermin­ister dieses Landes akzeptiere­n sollte“.

Johnson dämpfte am Donnerstag­abend in London dann die Hoffnungen auf einen Durchbruch erneut und massiv. „Ich denke, wir müssen uns sehr, sehr klar darüber sein, dass es nun eine hohe Wahrschein­lichkeit – eine hohe Wahrschein­lichkeit – gibt, dass wir eine Lösung haben werden, die eher der australisc­hen Beziehung mit der EU entspricht als der kanadische­n“. Alle müssten sich nun auf „die australisc­he Option“vorbereite­n – also Handel ohne Abkommen, wobei Zölle nach Regeln der Welthandel­sorganisat­ion fällig würden.

Aus London hieß es am Donnerstag allerdings auch, es sei nicht ausgeschlo­ssen, dass die Gespräche nach Sonntag fortgesetz­t würden. Johnson deutete auch die Möglichkei­t weiterer Gespräche mit Kanzlerin Merkel oder Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron an: „Ich werde nach Brüssel gehen, ich werde nach Paris gehen, ich werde nach Berlin gehen, ich werde wo auch immer hingehen, um einen Deal nach Hause zu bringen.»

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Foto: dpa Boris Johnson und Ursula von der Leyen stritten hart über den Brexit.

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