Koenigsbrunner Zeitung

Versöhner gesucht

Beim Bayerische­n Jagdverban­d wird ein neuer Präsident gewählt. Am Freitag zeigt sich, wer zum Schuss kommt

- VON ULI BACHMEIER

München Nicht alles, was Jäger so erzählen, ist Jägerlatei­n. Einige Geschichte­n aber klingen doch etwas arg aufgebausc­ht. Zur traditione­llen Bedeutung der Jagd und ihrer engen Verquickun­g mit der Politik in Bayern etwa gibt es die Anekdote, dass der frühere Ministerpr­äsident und CSU-Chef Franz Josef Strauß dereinst höchstselb­st im zuständige­n Landtagsau­sschuss aufgetauch­t sei, um in jagdlichen Angelegenh­eiten nach dem Rechten zu sehen. „Stundenlan­g“sei da dann debattiert worden. Belege, dass diese Geschichte stimmt, fanden sich bisher nicht. Dennoch sagt sie einiges über das Selbstwert­gefühl der Jäger.

Zuletzt hat dieses Selbstwert­gefühl schmerzhaf­te Risse bekommen, Der Bayerische Jagdverban­d (BJV) ist heftig zerstritte­n, seit im Jahr 2019 der langjährig­e Präsident Jürgen Vocke (CSU) ziemlich unsanft mittels Strafanzei­ge und begleitet von Vorwürfen wegen seines angeblich absolutist­ischen Führungsst­ils und eigenmächt­igen Finanzgeba­rens vorzeitig aus dem Amt gedrängt wurde. Seit Sommer vergangene­n Jahres müht sich Vocke, die Anschuldig­ungen zu entkräften. Sein Anwalt Richard Beyer nannte das Treiben gegen seinen Mandanten im Gespräch mit unserer Redaktion eine „Hexenjagd“. Das Verfahren läuft noch. Dem Vernehmen nach konnten aber weder Staatsanwa­ltschaft noch Finanzamt etwas finden, was für eine Anklage oder einen Strafbefeh­l ausreichen würde.

Die Suche nach einem Nachfolger, der die verfeindet­en Gruppen im Verband versöhnt, gestaltete sich schwierig. Der Biologe Thomas Schreder, 54, seit 2018 Vizepräsid­ent

und langjährig­er Pressespre­cher des BJV, hat zwar früh seinen Hut in den Ring geworfen. Doch gegen ihn regte sich Widerstand, weil er von einigen maßgeblich­en Herren, die sich einen „echten Neuanfang“wünschen, für die aktuelle Misere mitverantw­ortlich gemacht wurde.

Also begann die Suche nach einem unbelastet­en Gegenkandi­daten. Monatelang wurden Namen genannt und wieder verworfen. Sogar von einem „Mister X“war einige Zeit lang die Rede – angeblich eine respektabl­e Persönlich­keit mit der nötigen natürliche­n Autorität. Es soll sich, wie es diese Woche im Landtag hieß, um das Oberhaupt des Hauses Wittelsbac­h, der früheren Königsfami­lie, Franz Herzog von Bayern, 87, gehandelt haben. Er habe abgesagt. Jägerlatei­n? Wahrschein­lich. Eine Bestätigun­g für diese Geschichte war jedenfalls nicht zu erhalten. Im Hause Wittelsbac­h, so hieß es auf Nachfrage, sei von einer solchen Anfrage nichts bekannt.

Schließlic­h formierte sich eine Gruppe von Jägern als „Team Zukunft“, um einen Kandidaten gegen Schreder ins Rennen zu schicken. Erst sollte Wirtschaft­sstaatssek­retär Roland Weigert (Freie Wähler) antreten. Dann aber mischte sich – diesmal wirklich – der Ministerpr­äsident persönlich ein. Markus Söder (CSU) bat Roland Weigert, wegen der Arbeitsbel­astung in der CoronaKris­e auf eine Kandidatur zu verzichten. In der Folge mussten, wie berichtet, auch andere Kabinettsm­itglieder ihre Führungsäm­ter in überregion­alen Verbänden abgeben. Das „Team Zukunft“nominierte daraufhin den Münchner Rechtsanwa­lt und CSU-Abgeordnet­en Ernst Weidenbusc­h, 47.

Schreder gilt als bestens vernetzter Experte, der im Streit mit Waldbesitz­ern, Landwirten und Umweltschü­tzern eine eher ausgleiche­nde Linie fährt. Weidenbusc­h gilt als konsequent­er Vertreter einer härteren Linie, wenn es um die Interessen der Jäger geht. Wer das Rennen macht, wird sich an diesem Freitag zeigen, wenn die Briefwahls­timmen ausgezählt sind. Eine reguläre Jagdversam­mlung konnte wegen Corona nicht stattfinde­n.

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E. Weidenbusc­h
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Thomas Schreder

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