Hauptsache spielen
Wie die Bayerische Kammerphilharmonie trotz Corona ihr Publikum sucht
Ein Wechselbad der Gefühle, dieses Corona-Jahr 2020, ganz besonders für freie Künstler, aus welchen überwiegend auch die in Augsburg residierende Bayerische Kammerphilharmonie besteht. Im Frühjahr Lockdown mitsamt Absage von drei allein in Augsburg geplanten Konzerten, dazu das Gebot, sich selbst zum Zweck des Probens nicht miteinander zu treffen. Erst Ende September wieder die erste gemeinsame Zusammenkunft als Orchester anlässlich eines – nun wieder erlaubten, wenn auch publikumsreduzierten – Konzerts mit der Sängerin Simone Kermes. Mitte Oktober ein weiterer Auftritt beim nachgeholten Augsburger Mozartfest. Jetzt der neuerliche Lockdown, der für die Kammerphilharmonie von Anfang an gar nicht „light“war, weil sie nämlich wieder zum Nichtstun verdonnert wurde. Kein Wunder, dass der Deutsche Kulturrat in seine Publikation
Politik & Kultur das Kammerorchester auf seine „Rote Liste“bedrohter Kultureinrichtungen setzte.
Im November hätte auch eine besondere Veranstaltung stattfinden sollen: Das für den 22. des Monats terminierte Konzert zum 30-jährigen Bestehen der Bayerischen Kammerphilharmonie. Das Programm war dem Anlass entsprechend wahrlich festlich zugeschnitten mit der Uraufführung einer Auftragskomposition („Arsen“) des Augsburger Komponisten Patrick T. Schäfer, zwei Hommagen an die 125-JahrJubilare Hindemith und Orff sowie einer Max-Bruch-Serenade. Doch der Lockdown machte die zunächst im Parktheater geplante Feier mit dem Publikum zunichte.
Sollte man das Jubiläumskonzert also einfach ausfallen lassen? Oder auf irgendeinen zukünftigen Termin verschieben? „Das wäre auch blöd, weil unser Jubiläum und ebenso die Jubilare Orff und Hindemith in das Jahr 2020 gehören“, sagt Valentin Holub, Bratschist und Geschäftsführer der Kammerphilharmonie. Deshalb fragte er beim Bayerischen Rundfunk an, ob man sich vorstellen könne, das Festkonzert – vor leerem Saal gespielt – aufzuzeichnen und im Radio zu senden. So geschah es, nach langem Hin und Her mit Gesundheitsbehörden fand der Mitschnitt schließlich in der Stadthalle Gersthofen statt, mit Alexander Schimpf als Klaviersolist statt der erkrankten Evgenia Rubinova. Am morgigen Samstag nun wird das Konzert im Programm von BR Klassik gesendet.
Doch schon taucht am Horizont der Termin für das nächste Konzert der Kammerphilharmonie auf, am 30. Januar. „Öffentlich wird das nicht stattfinden“, ist Holub überzeugt. Zugleich hat er nach einem dreiviertel Jahr mit Corona den Schluss gezogen, einmal geplante Veranstaltungen möglichst stattfinden zu lassen, in welcher Form auch immer. So soll das Januar-Konzert mit den Solisten Sarah Christian (Violine) Maximilian Hornung (Cello) als Videoproduktion stattfinden: Aufgeführt als Konzert ohne Publikum und mitgeschnitten von einem professionellen Video-Team, um dann auf der Homepage des Orchesters ebenso wie auf dem Youtube-Kanal abrufbar zu sein. „Die künstlerische Arbeit darf nicht stagnieren, sie muss weitergehen“, davon ist Holub fest überzeugt. Umso mehr, als er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht damit rechnet, mit seinen Kammerphilharmonie-Kollegen vor Ostern wieder vor Publikum musizieren zu können. Radio Der Mitschnitt des Jubiläums konzerts wird am 12. Dezember ab 19.05 Uhr bei BR Klassik gesendet.