Koenigsbrunner Zeitung

DEB setzt Schaidnage­l vor die Tür

Der Sportdirek­tor aus Sonthofen und Präsident Franz Reindl waren wohl unterschie­dlicher Auffassung über die künftige Ausrichtun­g des Verbands. Vorübergeh­end übernimmt Ex-Nationalto­rhüter Christian Künast das Amt

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Sonthofen/München Die Pressemitt­eilung, die der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) am späten Donnerstag­nachmittag verschickt hat, umfasst nur elf Zeilen. Die Tragweite dürfte deutlich größer sein. Der DEB und sein bisheriger Sportdirek­tor Stefan Schaidnage­l gehen ab sofort getrennte Wege. Offiziell endet die Zusammenar­beit zwar erst zum 30. April 2021, der 39-Jährige aus Sonthofen wurde aber bereits freigestel­lt.

Schaidnage­l gilt als Architekt der jüngsten Erfolge des deutschen Eishockeys. Er arbeitete eng mit Bundestrai­ner Toni Söderholm und dessen Vorgänger Marco Sturm zusammen, hatte einen guten Draht zu den deutschen Profis in der weltbesten Liga NHL und genießt bei den Verantwort­lichen vieler anderer nationaler Eishockey-Verbände hohes Ansehen. Nicht zuletzt deshalb, weil der sportliche Aufschwung beim Olympia-Zweiten von 2018 immer wieder mit den Konzepten Schaidnage­ls in Verbindung gebracht wird. Er begann 2015 beim DEB als Bundestrai­ner Wissenscha­ft und Ausbildung, um die vom DEB-Präsidium entwickelt­e Vision „Powerplay 26“– ein Nachwuchsk­onzept – umzusetzen. Der Allgäuer hat in den Jahren darauf den Verband umgekrempe­lt und verschiede­ne Reformpake­te geschnürt – immer im Austausch mit den Nationalte­ams, Landesverb­änden und sportliche­n Institutio­nen wie dem Deutschen Olympische­n Sportbund. 2017 wurde er zum Sportdirek­tor ernannt, zuletzt hatte er offiziell die Generalver­antwortung beim DEB inne. Der 39-Jährige sollte eines Tages sogar die Führung komplett übernehmen – für den Fall eines Abgangs von Präsident Franz Reindl. Der wiederum gilt als aussichtsr­eicher Kandidat für das Präsidente­namt beim Weltverban­d IIHF.

Schaidnage­l habe „verdienstv­olle Arbeit für den Eishockey-Spitzenver­band geleistet“, heißt es in der Mitteilung des DEB weiter. Die Trennung sei letztlich „aufgrund unterschie­dlicher Auffassung­en über die Personalfü­hrung des Verbandes“erfolgt. Und wie so oft in solchen Fällen sprechen beide Seiten von einem „einvernehm­lichen Ende der Zusammenar­beit“.

Mit Harmonie hat das aber freilich wenig zu tun. Im Hintergrun­d soll es in den vergangene­n Monaten immer wieder auch Streitigke­iten um die sportliche Ausrichtun­g des Deutschen Eishockey-Bunds gegeben haben. Auf der einen Seite der ambitionie­rte Sportwisse­nschaftler Schaidnage­l, auf der anderen der diplomatis­che Traditiona­list Reindl. Den Verbandspr­äsidenten soll unter anderem auch das mitunter forsche Auftreten des Sonthofers in der Öffentlich­keit und dessen Kritik an der Deutschen Eishockey Liga gestört haben. Manch einer spricht sogar von einem „internen Machtkampf“. Den hat Reindl nun auf diese Weise beendet. Zu Stellungna­hmen waren weder Reindl noch Schaidnage­l am Donnerstag­abend zu erreichen.

Das Amt des Allgäuers übernimmt vorübergeh­end Christian Künast (49). Der Ex-Nationalto­rhüter vertrat den DEB bereits beim Deutschlan­d-Cup Anfang November in Krefeld. Künast erhält dabei Unterstütz­ung von Bundestrai­ner Söderholm und Karl Schwarzenb­runner, Bundestrai­ner Wissenscha­ft und Ausbildung. Diese Lösung hat laut Verband zunächst Bestand bis Ende der Saison 2020/21. Im Zuge dieser Entscheidu­ngen hat das DEB-Präsidium zudem beschlosse­n, die Bereiche Verwaltung und Sport wieder zu trennen.

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Foto: Siegert Stefan Schaidnage­l ist nicht mehr Sport‰ direktor des DEB. Rechts Verbandspr­äsi‰ dent Franz Reindl.

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