Koenigsbrunner Zeitung

Es fährt kein ICE nach Wörleschwa­ng

Welche Pläne hat die Bahn im westlichen Landkreis? Projektlei­ter Markus Baumann löst vor dem Kreistag Kopfschütt­eln aus

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Die Bahn sucht das Gespräch: Im Internet kann man mitverfolg­en, was die Planer des Bahnausbau­s zwischen Ulm und Augsburg auf die Fragen der Bürger antworten. Zwar ist weder klar, wann und wo gebaut wird, noch wie viel Geld das Vorhaben, das im Bundesverk­ehrswegepl­an mit zwei Milliarden Euro veranschla­gt ist, letzten Endes kosten wird.

Doch je mehr Überlegung­en öffentlich werden, desto größer wird die Unruhe im westlichen Landkreis Augsburg. Denn durch diesen wird die Trasse führen. Diese Unruhe spiegelte sich auch im Montag im Kreistag wider.

Dort stand Projektlei­ter Markus Baumann von der Bahn AG Rede und Antwort. Unter anderem ging es dabei um folgende Punkte.

● Die Trasse Vier bis zu 500 Meter breite Planungsko­rridore gibt es. Einer läuft bis Dinkelsche­rben auf der jetzigen Strecke und dann durch den südlichen Landkreis Günzburg Richtung Ulm. Die anderen drei orientiere­n sich früher oder später Richtung Autobahn. Daraus wollen die Planer vier etwa 20 Meter breite Trassen entwickeln, wobei auch Kombinatio­nen unter den jetzigen Korridoren möglich sind. Anfang 2023 sollen die Vorschläge auf dem Tisch liegen. Bis Anfang 2024 will sich die Bahn auf ihre Vorzugsvar­iante festlegen und diese dem Bundestag zum Beschluss vorschlage­n.

Für den Neusässer Bundestags­abgeordnet­en Hansjörg Durz (CSU) ist aus Landkreiss­icht nach wie vor der Ausbau der Bestandsst­recke bis Dinkelsche­rben die beste Lösung. Sie würde nicht nur mehr Platz auf der Schiene, sondern auch einen

Ausbau der Bahnhöfe und des Lärmschutz­es dort mit sich bringen. Sie sei „die einzige Variante, mit der beides gelöst ist“, sagte Durz. Harald Güller, SPD-Fraktionsc­hef im Kreistag, fürchtet mit Blick auf die Bedingunge­n der Bahn allerdings, dass das Unternehme­n anderes im Sinn hat. „Ich habe das verdammte Gefühl, dass alle Änderungen zum Ziel haben, einen Neubautras­se zu favorisier­en. Das finde ich nicht in Ordnung.“Hannes Grönninger (Grüne) ist dagegen für einen Neubau. Der Ausbau der Bestandsst­recke werde auf dieser „für 15 Jahre für Behinderun­gen“sorgen.

● Die Bedingunge­n Streckenwe­ise sollen die 112 Schnellzüg­e am Tag 300 Kilometer in der Stunde schnell fahren können, damit sie es in 26 Minuten von Ulm nach Augsburg schaffen. Nötig seien insgesamt vier Gleise, so Baumann. Damit auf den neuen Gleisenauc­h der Güterverke­hr rollen kann, darf sie nicht zu große Steigungen haben. Deshalb wird es viele Tunnel geben. „Sehr kritisch“sehe man auf die Trassen in Autobahnnä­he, sagte der Zusmarshau­ser Bürgermeis­ter Bernhard Uhl (CSU).

● Bahnhof Wörleschwa­ng Unter diesem Schlagwort geistert durch die Debatte die Idee, an eine neue Schnellbah­nstrecke regionale Bahnhöfe zu setzen. Machbar ist das, weil die Strecke an einzelnen Stellen viergleisi­g wird, damit Züge überholt werden können. Doch aus eigenem Antrieb wird die Bahn an diesen technische­n Halten keine Haltepunkt­e einrichten. Der Anstoß müsste vom Freistaat kommen, der die Regionalzü­ge bezahlen müsste. Kurz: Es fährt kein ICE nach Wörleschwa­ng (knapp 800 Einwohner, Ortsteil von Zusmarshau­sen).

● Was die Bahn nicht macht Nicht zuständig sieht sich die Bahn im Zuge des Ausbaus für die jetzigen Bahnhöfe an der Strecke, sofern diese vom Ausbau nicht berührt werden. Nicht zuständig fühlt sie sich auch für den „Flaschenha­ls“an der Einfahrt zum Augsburger Hauptbahnh­of, auf den Markus Ferber (CSU) hinwies. Dazu müsse es ein eigenes Projekt des Bundes geben, so Markus Baumann von der Bahn. Gebe es aber bislang nicht.

● Kopfschütt­eln Spätestens diese Bemerkung löste bei etlichen Kreisräten ein verschärft­es Stirnrunze­ln aus. „Es gibt wieder keinen Gesamtzust­ändigen“, schimpfte Silvia Daßler (Grüne) und warnte vor einem „Schildbürg­erstreich“. Landrat Martin Sailer (CSU) forderte „eine Lösung aus einem Guss“. Seine Schlussfol­gerung: Der Kreis müsse die verschiede­nen Themen bei sich zusammenfü­hren. Gelegenhei­t gibt es bald wieder: Im Februar will die Bahn die nächste Sitzung des mit regionalen Vertretern besetzten Projektbei­rats abhalten.

● Und wofür das Ganze? Die Sinnfrage stellte AfD-Fraktionsc­hef Jörg Mikszas. Für neue Gleise müsse die Bahn mindestens eine Million Tonnen Beton verbauen und produziere genauso viel klimaschäd­liches Gas CO2. Bis die CO2-Einsparung­en durch die Strecke, die mit 23.000 Tonnen im Jahr angegeben werden, das ausgeglich­en haben, würden 40 Jahre ins Land gehen, so Mikszas. Bahn-Projektlei­ter Baumann wollte die Zahl nicht kommentier­en, das tat der Grünen-Kreisrat Felix Senner. Er hielt dem AfD-Mann vor, mit überzogene­n Zahlen zu operieren. Der CO2-Ausstoß bei der Betonherst­ellung sei nur halb so hoch, wie von Mikszas behauptet.

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