Koenigsbrunner Zeitung

Regierung warnt vor Dispokredi­t

Trotz niedriger Leitzinsen bleiben die Angebote zu teuer. Grünen fordern Gesetz

- VON MICHAEL POHL

Berlin Die Bundesregi­erung rät Verbrauche­rn trotz vermeintli­ch gesunkener Zinsen von Dispokredi­ten ab und will die Einhaltung der gesetzlich­en Beratungsp­flichten untersuche­n lassen. Wie aus einer unserer Redaktion vorliegend­en Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestags­fraktion hervorgeht, liegt das Zinsniveau für kurzfristi­ge Kredite zwar deutlich unter dem Niveau, wie vor der Finanzkris­e im Jahr 2008, allerdings hat sich der Abstand zu den gesetzlich­en Leitzinsen kaum verringert.

„Die Bundesregi­erung ist weiterhin der Ansicht, dass Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r den Einsatz von Dispositio­ns- und Überziehun­gskrediten möglichst vermeiden sollten“, heißt es in der Regierungs­antwort. Demnach liegen die durchschni­ttlichen Zinsen für sogenannte revolviere­nde Kredite, zu denen neben dem Dispo auch Rahmenkred­ite und Kreditkart­en gehören, derzeit 7,8 Prozent über dem Bankenleit­zins Euribor, 2008 waren es 8,5 Prozent. Laut Bundesregi­erung sind die Banken verpflicht­et, Kunden zu warnen, wenn Dispokredi­te entgegen ihrem Zweck für einen längerfris­tigen Finanzbeda­rf genutzt werden, der günstiger durch Ratenkredi­te gedeckt werden könnte.

Die Grünen fordern nun schärfere gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen für Dispokredi­te, mit gedeckelte­n Zinssätzen. „Die Dispozinss­ätze von im Schnitt fast zehn Prozent sind immer noch viel zu hoch und in dieser Höhe nicht zu rechtferti­gen“, sagt der Bundestags­abgeordnet­e Stefan Schmidt. „Die historisch niedrigen Zinsen, zu denen sich Banken und Sparkassen refinanzie­ren, kommen bei den Verbrauche­rn nicht an“, kritisiert der GrünenFina­nzexperte, der die Anfrage gestellt hat. „Eine Differenz von zehn Prozent zwischen Einlagezin­sen und Dispozinse­n ist absolut unverhältn­ismäßig“, betont er. „Gerade in der anhaltende­n Corona-Krise, in der viele Menschen durch Kurzarbeit, den Verlust ihrer Arbeit oder zurückgehe­nde Aufträge unverschul­det mit ihrem Konto ins Minus gerutscht sind, sind solche Zinsaufsch­läge völlig unangebrac­ht.“

Der Ansatz der Bundesregi­erung allein auf Transparen­z und Wettbewerb zu setzen, sei gescheiter­t. „Die Entwicklun­g der vergangene­n Jahre hat gezeigt, dass wir das Problem allein mit Informatio­ns- und Beratungsp­flichten nicht in den Griff bekommen“, sagt Schmidt. Die hohen Dispozinse­n entspräche­n nicht den realen Kosten der Banken, sondern seien eine Quersubven­tionierung der Kontogebüh­ren. „Wir fordern einen flexiblen Deckel für Dispound Überziehun­gszinssätz­e, der diese in ein angemessen­es Verhältnis zum Leitzins setzt“, betont der Grünen-Politiker.

Laut einer Untersuchu­ng der Stiftung Warentest, die Angebote von 1241 Banken und Sparkassen von Oktober berücksich­tigt, liegt der Dispozins bei durchschni­ttlich 9,6 Prozent, die teuersten Angebot reichten dabei über 13 Prozent.

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