Regierung warnt vor Dispokredit
Trotz niedriger Leitzinsen bleiben die Angebote zu teuer. Grünen fordern Gesetz
Berlin Die Bundesregierung rät Verbrauchern trotz vermeintlich gesunkener Zinsen von Dispokrediten ab und will die Einhaltung der gesetzlichen Beratungspflichten untersuchen lassen. Wie aus einer unserer Redaktion vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht, liegt das Zinsniveau für kurzfristige Kredite zwar deutlich unter dem Niveau, wie vor der Finanzkrise im Jahr 2008, allerdings hat sich der Abstand zu den gesetzlichen Leitzinsen kaum verringert.
„Die Bundesregierung ist weiterhin der Ansicht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Einsatz von Dispositions- und Überziehungskrediten möglichst vermeiden sollten“, heißt es in der Regierungsantwort. Demnach liegen die durchschnittlichen Zinsen für sogenannte revolvierende Kredite, zu denen neben dem Dispo auch Rahmenkredite und Kreditkarten gehören, derzeit 7,8 Prozent über dem Bankenleitzins Euribor, 2008 waren es 8,5 Prozent. Laut Bundesregierung sind die Banken verpflichtet, Kunden zu warnen, wenn Dispokredite entgegen ihrem Zweck für einen längerfristigen Finanzbedarf genutzt werden, der günstiger durch Ratenkredite gedeckt werden könnte.
Die Grünen fordern nun schärfere gesetzliche Rahmenbedingungen für Dispokredite, mit gedeckelten Zinssätzen. „Die Dispozinssätze von im Schnitt fast zehn Prozent sind immer noch viel zu hoch und in dieser Höhe nicht zu rechtfertigen“, sagt der Bundestagsabgeordnete Stefan Schmidt. „Die historisch niedrigen Zinsen, zu denen sich Banken und Sparkassen refinanzieren, kommen bei den Verbrauchern nicht an“, kritisiert der GrünenFinanzexperte, der die Anfrage gestellt hat. „Eine Differenz von zehn Prozent zwischen Einlagezinsen und Dispozinsen ist absolut unverhältnismäßig“, betont er. „Gerade in der anhaltenden Corona-Krise, in der viele Menschen durch Kurzarbeit, den Verlust ihrer Arbeit oder zurückgehende Aufträge unverschuldet mit ihrem Konto ins Minus gerutscht sind, sind solche Zinsaufschläge völlig unangebracht.“
Der Ansatz der Bundesregierung allein auf Transparenz und Wettbewerb zu setzen, sei gescheitert. „Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass wir das Problem allein mit Informations- und Beratungspflichten nicht in den Griff bekommen“, sagt Schmidt. Die hohen Dispozinsen entsprächen nicht den realen Kosten der Banken, sondern seien eine Quersubventionierung der Kontogebühren. „Wir fordern einen flexiblen Deckel für Dispound Überziehungszinssätze, der diese in ein angemessenes Verhältnis zum Leitzins setzt“, betont der Grünen-Politiker.
Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest, die Angebote von 1241 Banken und Sparkassen von Oktober berücksichtigt, liegt der Dispozins bei durchschnittlich 9,6 Prozent, die teuersten Angebot reichten dabei über 13 Prozent.