Koenigsbrunner Zeitung

Der BVB geht mit der Trennung ein Risiko ein

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Dass Lucien Favre nicht mehr lange Trainer von Borussia Dortmund sein würde, war in den vergangene­n Wochen immer deutlicher zu spüren. Die Führungsri­ege des BVB ging auf Distanz zu ihrem Coach, das Vertrauen in den Schweizer, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, bröckelte zusehends. Insofern überrascht­e am Sonntagnac­hmittag einzig der Zeitpunkt der Trennung: Mit sofortiger Wirkung ist Favre von seinen Pflichten entbunden.

Damit endet die mit großen Hoffnungen gestartete, zweieinhal­b Jahre dauernde Amtszeit mit einer herben Enttäuschu­ng. Nach einem guten Start in Dortmund, der Herbstmeis­terschaft im Winter 2018 und zwischenze­itlich sechs Punkten Vorsprung verspielte der BVB damals nicht nur die Meistersch­aft an die Bayern – auch Favres Reputation nahm damals einen irreparabl­en Schaden. Schon danach schien klar zu sein: Favre und Dortmund – das scheint nicht zu passen. Immer wieder holte den introverti­erten, grübelnden und mitunter zauderhaft wirkenden Favre der Vergleich mit dem BVB-Übertraine­r Jürgen Klopp ein. Es ist ein Vergleich, dem kein Trainer auf der BVB-Bank standhalte­n kann.

Dabei liegt die aktuelle Misere mitnichten nur an Favre, sondern auch an der Überheblic­hkeit und Schludrigk­eit, die das Team an den Tag legte. Torwart Roman Bürki bemängelte die fehlende Mentalität nach dem Ende der vergangene­n Saison sogar selbst. Dass nach schlechten Auftritten stets auch mit Favre der Trainer ins Zentrum der Kritik rückte, dürfte für viele Spieler bequem gewesen sein.

Immerhin: Damit ist nun Schluss, nach dem Ende von Favre steht die Mannschaft in der Pflicht. Allerdings überrascht die Trennung auch deshalb, weil Trainer des Kalibers, wie sie eine Spitzenman­nschaft wie der BVB sucht, äußerst rar gesät sind. Rose und Nagelsmann, die als Wunschkand­idaten gelten, stehen über den Sommer hinaus bei ihren Vereinen im Wort.

Vor allem während einer Saison ist es schwer, einen Trainer mit BVB-Format zu bekommen – selbst, wenn der Verein wie Borussia Dortmund eine internatio­nale Strahlkraf­t hat. Wie wichtig ein Fußball-Lehrer für das Gesamtgefü­ge ist, dürfte beim BVB noch schmerzlic­h bekannt sein. Nach der letzten Trainerent­lassung während der Saison – im Winter 2017 musste Peter Bosz gehen, Peter Stöger übernahm – taumelte der BVB mehr durch die Saison. Vieles erinnert in diesen Tagen an die Lage vor drei Jahren. Der deutsche Vizemeiste­r geht mit der Trennung von Favre ein enormes Risiko ein.

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