Lockdown: So lief der letzte EinkaufsSamstag
Den dritten Advents-Samstag nutzen einige Augsburger noch für finale Weihnachtseinkäufe vor Ort. Vor ein paar Geschäften bilden sich Schlangen. Für die Ladeninhaber ist dies dennoch kein Grund zum Jubeln
Ab Mittwoch kommt er also, der harte Lockdown. Alle Geschäfte, die nicht den täglichen Bedarf abdecken, müssen dann bis mindestens 10. Januar geschlossen bleiben. Abgezeichnet hatte sich diese Regelung bereits zum Wochenende hin. Einige Kunden kamen deshalb gezielt am Samstag in die Stadt, um die letzten Einkäufe zu erledigen. Ein dritter Adventssamstag, wie ihn der Einzelhandel aus den Vorjahren gewohnt ist, war es trotzdem nicht.
Die Annastraße wirkt an diesem nasskalten dritten Adventssamstag auf den ersten Blick nicht einladend. Eine übersichtliche Anzahl Passanten eilt am Mittag durch die Fußgängerzone, nur gebremst durch die eine oder andere Schlange vor einzelnen Geschäften. Von vorweihnachtlicher Atmosphäre und gemütlichem Bummel ist weniger zu spüren. In der Passage, die von der Annastraße links Richtung Steingasse abzweigt, bemerkt Inhaberin Isabell Peuker in ihrem Schuhgeschäft Torobella noch weniger von den ohnehin geringeren Passantenströmen. „Die Leute trauen sich nicht rein, sie stehen am Fenster und schauen nur,“sagt Peuker, die neben spanischen Designer-Lederschuhen und Modeaccessoires auch bunt glänzende Weihnachts-Ohrringe in Christbaumkugelform anbietet. Es sei sehr ruhig, kein wirkliches Weihnachtsgeschäft. Seit Einführung der Maskenpflicht kämen schon weniger Kunden. Kommt jetzt der harte Lockdown, fehlen die Einnahmen ganz. Isabell Peuker hofft dann auf ihren Webshop und die Treue ihrer Stammkunden. Sie präsentiert ihre Ware auch auf Facebook und Instagram, der Webshop bietet kostenlosen Versand. „Bitte, bitte, kommt!“appelliert sie an die Kunden.
Vor Tk Maxx stehen Cristina und Adrian Berger fast am Ende einer Schlange von zehn Personen. „Wir wussten gar nicht das Aktuellste von den Verhandlungen über den Lockdown. Wir sind nicht extra deshalb in die Stadt gefahren. Wir kaufen insgesamt viel online, suchen aber Weihnachtssachen, die wir nur hier bekommen“, sagt das junge Paar. Die Schlange bewegt sich schubweise vorwärts zur Tür des Kaufhauses.
Die Schlosser´sche Buchhandlung ist an diesem Tag gut besucht. Kunden müssen sich einen Einkaufskorb nehmen, so lässt sich die erlaubte Zahl besser kontrollieren, und manövrieren mit Bücherlast im Körbchen am Arm möglichst auf korrekter Distanz durch die Bücherregale. Mehr Kundschaft als sonst bemerkt Filialleiterin Stefanie Anan. „Seit Freitag schon gibt es ja Gerüchte zu einem harten Lockdown“, sagt sie. Anan wäre selbst auf eine sofortige Umsetzung ab Montag vorbereitet gewesen und hätte ihre Mitarbeiterliste dann abtelefoniert, um die Dienstpläne umzustellen. „Wir fahren jetzt wieder Bücher mit dem Rad aus. Wenn wir ein Buch da haben, sind wir sogar schneller als der Onlinehandel“, sagt sie mit einem Lächeln, das man auch trotz Maske erahnen kann.
Wieder eine Schlange, diesmal vor dem Lush-Laden, der Kosmetik anbietet. Tamara Dietze ist mit Familie bis aus Friedberg nach Augsburg gekommen und steht nun am Ende der Wartenden. Mann und Sohn erledigen woanders in der Innenstadt Einkäufe. Ein gemeinsamer Weihnachtsbummel sieht anders aus. „Wir sind extra nochmals reingefahren, ich muss noch etwas vor Ort kaufen, das ist für mich stressfreier und sicherer, als online zu bestellen“, sagt Dietze. Es geht ihr dabei gar nicht um die Menge an Weihnachtsgeschenken. „Da bin ich immer früh dran, habe alles, da bin ich sicher.“Aber manches gäbe es halt nur in Augsburg.
Am Eingang des HaushaltswarenGeschäftes Siller & Laar jongliert Thomas Brug routiniert die exakt 46 Körbchen an die durchaus merkbare Anzahl von Kunden, die ins Geschäft hinein- und wieder hinausströmen. Schlange stehen muss man allerdings nicht. „Kriegste einen großen Korb, dann kannste mehr tragen“, flachst Brug mit Berliner Schnauze, als er einem jungen Mann den Korb reicht, seine weibliche Begleitung bekommt einen etwas kleineren Korb, was halt gerade im Rücklauf zu Brug war. Alle lachen. „Ich regle es halt auf die nette Art, die Leute sind verständnisvoll“, sagt Brug, der eigentlich der Hausmeister ist und für den Türdienst einsprang, wie Geschäftsinhaber Michael Berz verrät.
„Es ist erschreckend ruhig in den Geschäften, ich habe vorhin eine Runde gedreht“, sagt Berz. Ab mittags bis nachmittags gegen 16 Uhr rechnet er nochmals mit vermehrtem Kundenzustrom. Einige Stunden später wird er verraten, dass diese Hoffnung nicht wahr wurde. „Entsprechend wurde unsere Umsatzerwartung nicht erfüllt. Das Dezemberloch im Umsatz nimmt jetzt bereits zu, denn es fehlen die Touristen und die Nachmittagskunden.“
„Der Lockdown wird den stationären Handel ohne staatliche Hilfe dramatisch reduzieren und die Innenstädte verändern, wie wir uns das nicht vorstellen können.“Michael Berz wünscht sich diesen Lockdown deshalb erst ab dem 21. Dezember, nicht schon kommenden Mittwoch. Und er hofft auf verlässliche Entscheidungen von der Politik. Das wichtige Vorweihnachtsgeschäft
sei durch spätere Umsätze im Januar nicht zu kompensieren, auch nicht online. Zehn Mitarbeiter müsste er in Kurzarbeit schicken im Fall eines Lockdowns.
Stammkunde Gerhard Kaminski wartet in der Schlange vor dem Herren-Ladengeschäft No. 7. Er möchte einen bestimmten Wein kaufen und sucht eventuell Gin als Geschenk. Der angekündigte Lockdown sorgt ihn an diesem Tag nicht. Er gehe immer samstags in die Stadt und muss daher nicht extra nochmals einkaufen.
Bereits vor dem jetzt folgenden Lockdown hatten sich Augsburgs Händler auf einen Umgang mit dem
Kunden außerhalb des Ladengeschäfts eingestellt. So nutzen laut einer aktuellen IHK-Umfrage drei Viertel der Händler Social-MediaKanäle zur Ansprache ihrer Kunden. Fast zwei Drittel bieten einen Lieferservice an. Diese beiden Instrumente gehören für große Teile des Einzelhandels mittlerweile zum Standard. Außerdem betreiben immer mehr Händler eigene OnlineShops oder bieten eine Online-Terminvergabe für eine individuelle Beratung an. Am besucherstärkeren ersten und zweiten Adventswochenende waren manche Geschäftsinhaber auch zum Verkauf der Waren im Freien übergegangen.