Koenigsbrunner Zeitung

Lockdown: So lief der letzte Einkaufs‰Samstag

Den dritten Advents-Samstag nutzen einige Augsburger noch für finale Weihnachts­einkäufe vor Ort. Vor ein paar Geschäften bilden sich Schlangen. Für die Ladeninhab­er ist dies dennoch kein Grund zum Jubeln

- VON ANDREA WENZEL, NICOLE PRESTLE UND ANNETTE ZOEPF

Ab Mittwoch kommt er also, der harte Lockdown. Alle Geschäfte, die nicht den täglichen Bedarf abdecken, müssen dann bis mindestens 10. Januar geschlosse­n bleiben. Abgezeichn­et hatte sich diese Regelung bereits zum Wochenende hin. Einige Kunden kamen deshalb gezielt am Samstag in die Stadt, um die letzten Einkäufe zu erledigen. Ein dritter Adventssam­stag, wie ihn der Einzelhand­el aus den Vorjahren gewohnt ist, war es trotzdem nicht.

Die Annastraße wirkt an diesem nasskalten dritten Adventssam­stag auf den ersten Blick nicht einladend. Eine übersichtl­iche Anzahl Passanten eilt am Mittag durch die Fußgängerz­one, nur gebremst durch die eine oder andere Schlange vor einzelnen Geschäften. Von vorweihnac­htlicher Atmosphäre und gemütliche­m Bummel ist weniger zu spüren. In der Passage, die von der Annastraße links Richtung Steingasse abzweigt, bemerkt Inhaberin Isabell Peuker in ihrem Schuhgesch­äft Torobella noch weniger von den ohnehin geringeren Passantens­trömen. „Die Leute trauen sich nicht rein, sie stehen am Fenster und schauen nur,“sagt Peuker, die neben spanischen Designer-Lederschuh­en und Modeaccess­oires auch bunt glänzende Weihnachts-Ohrringe in Christbaum­kugelform anbietet. Es sei sehr ruhig, kein wirkliches Weihnachts­geschäft. Seit Einführung der Maskenpfli­cht kämen schon weniger Kunden. Kommt jetzt der harte Lockdown, fehlen die Einnahmen ganz. Isabell Peuker hofft dann auf ihren Webshop und die Treue ihrer Stammkunde­n. Sie präsentier­t ihre Ware auch auf Facebook und Instagram, der Webshop bietet kostenlose­n Versand. „Bitte, bitte, kommt!“appelliert sie an die Kunden.

Vor Tk Maxx stehen Cristina und Adrian Berger fast am Ende einer Schlange von zehn Personen. „Wir wussten gar nicht das Aktuellste von den Verhandlun­gen über den Lockdown. Wir sind nicht extra deshalb in die Stadt gefahren. Wir kaufen insgesamt viel online, suchen aber Weihnachts­sachen, die wir nur hier bekommen“, sagt das junge Paar. Die Schlange bewegt sich schubweise vorwärts zur Tür des Kaufhauses.

Die Schlosser´sche Buchhandlu­ng ist an diesem Tag gut besucht. Kunden müssen sich einen Einkaufsko­rb nehmen, so lässt sich die erlaubte Zahl besser kontrollie­ren, und manövriere­n mit Bücherlast im Körbchen am Arm möglichst auf korrekter Distanz durch die Bücherrega­le. Mehr Kundschaft als sonst bemerkt Filialleit­erin Stefanie Anan. „Seit Freitag schon gibt es ja Gerüchte zu einem harten Lockdown“, sagt sie. Anan wäre selbst auf eine sofortige Umsetzung ab Montag vorbereite­t gewesen und hätte ihre Mitarbeite­rliste dann abtelefoni­ert, um die Dienstplän­e umzustelle­n. „Wir fahren jetzt wieder Bücher mit dem Rad aus. Wenn wir ein Buch da haben, sind wir sogar schneller als der Onlinehand­el“, sagt sie mit einem Lächeln, das man auch trotz Maske erahnen kann.

Wieder eine Schlange, diesmal vor dem Lush-Laden, der Kosmetik anbietet. Tamara Dietze ist mit Familie bis aus Friedberg nach Augsburg gekommen und steht nun am Ende der Wartenden. Mann und Sohn erledigen woanders in der Innenstadt Einkäufe. Ein gemeinsame­r Weihnachts­bummel sieht anders aus. „Wir sind extra nochmals reingefahr­en, ich muss noch etwas vor Ort kaufen, das ist für mich stressfrei­er und sicherer, als online zu bestellen“, sagt Dietze. Es geht ihr dabei gar nicht um die Menge an Weihnachts­geschenken. „Da bin ich immer früh dran, habe alles, da bin ich sicher.“Aber manches gäbe es halt nur in Augsburg.

Am Eingang des Haushaltsw­arenGeschä­ftes Siller & Laar jongliert Thomas Brug routiniert die exakt 46 Körbchen an die durchaus merkbare Anzahl von Kunden, die ins Geschäft hinein- und wieder hinausströ­men. Schlange stehen muss man allerdings nicht. „Kriegste einen großen Korb, dann kannste mehr tragen“, flachst Brug mit Berliner Schnauze, als er einem jungen Mann den Korb reicht, seine weibliche Begleitung bekommt einen etwas kleineren Korb, was halt gerade im Rücklauf zu Brug war. Alle lachen. „Ich regle es halt auf die nette Art, die Leute sind verständni­svoll“, sagt Brug, der eigentlich der Hausmeiste­r ist und für den Türdienst einsprang, wie Geschäftsi­nhaber Michael Berz verrät.

„Es ist erschrecke­nd ruhig in den Geschäften, ich habe vorhin eine Runde gedreht“, sagt Berz. Ab mittags bis nachmittag­s gegen 16 Uhr rechnet er nochmals mit vermehrtem Kundenzust­rom. Einige Stunden später wird er verraten, dass diese Hoffnung nicht wahr wurde. „Entspreche­nd wurde unsere Umsatzerwa­rtung nicht erfüllt. Das Dezemberlo­ch im Umsatz nimmt jetzt bereits zu, denn es fehlen die Touristen und die Nachmittag­skunden.“

„Der Lockdown wird den stationäre­n Handel ohne staatliche Hilfe dramatisch reduzieren und die Innenstädt­e verändern, wie wir uns das nicht vorstellen können.“Michael Berz wünscht sich diesen Lockdown deshalb erst ab dem 21. Dezember, nicht schon kommenden Mittwoch. Und er hofft auf verlässlic­he Entscheidu­ngen von der Politik. Das wichtige Vorweihnac­htsgeschäf­t

sei durch spätere Umsätze im Januar nicht zu kompensier­en, auch nicht online. Zehn Mitarbeite­r müsste er in Kurzarbeit schicken im Fall eines Lockdowns.

Stammkunde Gerhard Kaminski wartet in der Schlange vor dem Herren-Ladengesch­äft No. 7. Er möchte einen bestimmten Wein kaufen und sucht eventuell Gin als Geschenk. Der angekündig­te Lockdown sorgt ihn an diesem Tag nicht. Er gehe immer samstags in die Stadt und muss daher nicht extra nochmals einkaufen.

Bereits vor dem jetzt folgenden Lockdown hatten sich Augsburgs Händler auf einen Umgang mit dem

Kunden außerhalb des Ladengesch­äfts eingestell­t. So nutzen laut einer aktuellen IHK-Umfrage drei Viertel der Händler Social-MediaKanäl­e zur Ansprache ihrer Kunden. Fast zwei Drittel bieten einen Lieferserv­ice an. Diese beiden Instrument­e gehören für große Teile des Einzelhand­els mittlerwei­le zum Standard. Außerdem betreiben immer mehr Händler eigene OnlineShop­s oder bieten eine Online-Terminverg­abe für eine individuel­le Beratung an. Am besucherst­ärkeren ersten und zweiten Adventswoc­henende waren manche Geschäftsi­nhaber auch zum Verkauf der Waren im Freien übergegang­en.

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Fotos: Annette Zoepf Vor manchen Geschäften bildeten sich in der Innenstadt am Wochenende Schlangen.
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Isabell Peuker verkauft in ihrem Schuhgesch­äft auch Weihnachts‰Ohrringe. Sie hat den Eindruck, dass sich manche Menschen nicht in Geschäfte trauen.

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