Koenigsbrunner Zeitung

Der unglücklic­he FCA‰Retter

Marco Richter sicherte dem FCA mit seinem Ausgleich zum 2:2 den wichtigen Punkt gegen Schalke 04. Es war sein erster Saisontref­fer. Bisher war er bei Trainer Heiko Herrlich allerdings nicht die erste Wahl

- VON ROBERT GÖTZ

Als Stürmer Florian Niederlech­ner nach 59 Minuten nach einer mehr als umstritten­en Gelb-Roten Karte den Platz verlassen musste, bewies Heiko Herrlich an diesem turbulente­n Nachmittag Mut. 1:1 stand es zwischen dem FC Augsburg und Schalke 04, als der FCA-Trainer keinen Defensivak­teur für das Spiel in Unterzahl einwechsel­te, sondern Marco Richter. Wieder einmal. Achtmal stand der 23-Jährige im Kader, nie spielte er in dieser Saison von Beginn an, sieben Mal wurde er eingewechs­elt.

Und das Eigengewäc­hs aus dem FCA-Nachwuchsl­eistungsze­ntrum lieferte. Und wie. In der Nachspielz­eit erzielte er das 2:2 (93.) und nur wenige Sekunden später scheiterte er nur knapp an einem glänzend reagierend­en Schalker Torhüter Fährmann. Doch den Schlusspfi­ff erlebte Richter nicht mehr auf dem Platz. Wenige Sekunden vor dem Ende nahm Herrlich den 1,76 Meter „kleinen“Richter wieder runter und brachte den 1,90 Meter „großen“Reece Oxford (90+6.).

„Das hatte nur taktische Gründe, denn wir wussten, dass Schalke in diesem Moment noch einmal alles nach vorne werfen würde, dass wir zusätzlich noch einen kopfballst­arken Spieler haben und einen offensiven weniger auf dem Platz“, begründete Heiko Herrlich später seine doch ungewöhnli­che Maßnahme. Dass er an diesem nervenaufr­eibenden Nachmittag mit den dramatisch­en Bildern um den verletzten Mark Uth (der Schalker flog nach seiner Gehirnersc­hütterung und einer Nacht in einer Augsburger Klinik am Montag zurück in die Heimat) und in Unterzahl den einen Punkt retten wollte, war verständli­ch. Dass er aber Richter und nicht zum Beispiel den müden Ruben Vargas (Größe: 1,74 Meter) auswählte, sorgte nicht nur bei Richter für Stirnrunze­ln.

Der verhielt sich nach der emotionale­n Berg-und-Tal-Fahrt profihaft. Er verwies bei seinen Statements auf die Willenslei­stung der Mannschaft und erklärte, dass man mit dem einen Punkt leben könne. Seinen ersten Saisontref­fer stellte er in den Dienst des Teams: „Ich freue mich extrem, dass ich der Mannschaft helfen konnte und noch den einen oder anderen Treffer in der Hinrunde mache und dann schauen wir nach vorne.“Schon im Heimspiel gegen den SC Freiburg war er beim 1:1 mit der Vorlage für den Torschütze­n Ruben Vargas maßgeblich am Punktgewin­n beteiligt.

Richter ist zur Zeit als Joker einer der wichtigste­n Trümpfe von Trainer Herrlich. Doch Richter wirkt in dieser Rolle mehr als unglücklic­h. Denn er hat derzeit keinen leichten Stand unter dem 48-Jährigen. Als der Ex-Nationalsp­ieler im März das Traineramt von Martin Schmidt übernahm und als dann im Mai die Restsaison begann, war Richter, wie schon unter Schmidt, Stammkraft.

Doch als im Sommer plötzlich Wechselamb­itionen des jungen Stürmers publik wurden, von Gladbach und später von Köln war die Rede, und Richter dazu auch öffentlich stand, fand sich der Offensivak­teur plötzlich in zweiter Reihe wieder.

Auch weil er das erste Punktspiel mit Trainingsr­ückstand nach einer Sprunggele­nksverletz­ung verpasste und es für Herrlich nach den Auftaktsie­gen gegen Union Berlin (3:1) und Dortmund (2:0) auch keine Veranlassu­ng gab zu wechseln.

Doch im Laufe der Saison wurde immer deutlicher, dass der FCA massive Probleme hat, wenn er selbst das Spiel machen muss. Nur drei Punkte aus den letzten fünf Spielen ist eine magere Ausbeute. Auch weil Herrlich gegen Gegner wie Hertha (0:3), den SC Freiburg (1:1) oder jetzt auch Schalke 04 (1:1) mehr Wert auf eine kompakte Defensive legt als auf eigene Initiative.

Gegen das seit 26 Spielen sieglose Schalke ließ er gleich mit drei Sechsern agieren, wobei er Tobias Strobl im offensiven Mittelfeld spielen ließ. Ein Experiment, das schon vor dem Platzverwe­is misslang. Am Ende war auch die Statistik eindeutig. 41 zu 59 Prozent Ballbesitz und neun zu 16 Torschüsse belegten die Misere. Auch Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter war nicht zufrieden: „Wir waren viel zu mutlos und haben uns lange Zeit keine Chancen erspielt. Da müssen wir uns deutlich steigern.“Er sieht darin aber auch ein psychologi­sches Problem: „Das ist vielschich­tig. Wir brauchen wieder das Selbstbewu­sstsein, mutig nach vorne zu spielen. Das beginnt aber schon im Spielaufba­u.“

Vielleicht wäre Marco Richter da ja als Ballvertei­ler auf der ZehnerPosi­tion eine Option. Reuter macht ihm auf jeden Fall Mut: „Er hat maßgeblich dazu beigetrage­n, dass wir noch einen Punkt geholt haben. Das Tor macht er grandios.“Er lobte schon die Laufwege vor seinem Kopfball. „Wie ruhig er den reinmacht, war große Klasse.“

Dass es noch nicht für die Startelf reichte, erklärt Reuter auch durch die körperlich­en Probleme des Stürmers. „Zuerst hatte er Pech mit seiner Verletzung.“Danach, so Reuter weiter, war Richter auch krank: „Er hatte eine eitrige Angina und musste Antibiotik­a nehmen. Er ist ja schon gegen Hoffenheim reingekomm­en, hatte nach dem Spiel aber muskuläre Probleme.“Davon war gegen Schalke aber nichts mehr zu sehen.

Ob Richter mit seinem Selbstvert­rauen nach seinem ersten Saisontor am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) bei Arminia Bielefeld erstmals von Beginn an spielen wird, um den gesperrten Niederlech­ner zu ersetzen? Diese Frage müsse man dem Trainer stellen, meinte Reuter. Fügte aber an: „ Das wird ein Stück weit von der Verfassung von Marco abhängen. Ob es für 90 Minuten reicht, müssen die medizinisc­he Abteilung und der Trainer entscheide­n.“

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Foto: Feil Marco Richter (links) wird von Michael Gregoritsc­h (Mitte) und Ruben Vargas zu seinem Tor gegen Schalke beglückwün­scht.

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