Koenigsbrunner Zeitung

Kommen Geschenke wegen Streik später?

Seit Montag streiken Mitarbeite­r bei Amazon in Graben für mehr Weihnachts­geld und bessere Hygienesta­ndards. Kommen die Geschenke noch rechtzeiti­g an?

- VON PIET BOSSE

Graben Am Montagmorg­en ist vor dem Logistikze­ntrum des Versandrie­sen Amazon in Graben alles wie immer. Der Parkplatz ist voll, vor den Toren wachen Mitarbeite­r in Warnwesten, auf dem Gelände fahen Transporte­r. Von einem Streik, wie ihn die Gewerkscha­ft Verdi angekündig­t hatte, ist in Graben auf den ersten Blick nichts zu sehen. Durch Corona ist alles anders.

Die Mitarbeite­r streiken von zu Hause aus. Das teilt Sylwia Lech mit. Sie ist die Gewerkscha­ftssekretä­rin für den Handel im Bezirk Augsburg. „Die Beteiligun­g ist enorm. Wir bekommen Zuwachs und Dankesschr­eiben von Neumitglie­dern.“Jeder Streikende muss Verdi per Post oder online darüber informiere­n, um Lohnersatz­zahlungen zu bekommen. „Sie müssen uns mitteilen, an welchen Tagen sie sich am Streik beteiligen und wie viel Stunden Verdiensta­usfall sie haben.“Wie lange der Streik dauert, verrät Lech nicht: „Diesmal wird es eine Überraschu­ng.“

Das Weihnachts­geschäft bei Amazon beeinfluss­t der Streik aber nicht. „Da ist alles im grünen Bereich“, sagt Michael Schneider von Amazons Öffentlich­keitsarbei­t.

„Alles, was wir da haben, können wir ganz normal liefern.“Die Weihnachts­geschenke kommen also pünktlich. Um den gestiegene­n Aufwand der Vorweihnac­htszeit zu bewältigen, stellt Amazon jedes Jahr ungefähr 500 Saisonkräf­te ein. Darauf,

dass der Arbeitsdru­ck gestiegen sei, bezieht sich auch Sylwia Lech und prangert die Hygienezus­tände an. Auf den Toiletten sei es den Mitarbeite­rn nicht immer möglich, sich an die Hygienevor­schriften zu halten. Amazon widerspric­ht:

Bereits am Eingang des Zentrums werde die Temperatur aller Mitarbeite­r gemessen, es gelte ein Mindestabs­tand von zwei Metern und die Toiletten würden sechsmal am Tag gereinigt, sagt Schneider.

Vor einigen Wochen hatten Amazon-Mitarbeite­r für einen Tarifvertr­ag gestreikt, für Lech ist das weiter ein großes Thema: „Wären die Beschäftig­ten Amazon tatsächlic­h etwas wert, würden sie den Tarifvertr­ag unterschre­iben und dauerhaft mehr zahlen.“Schneider entgegnet, dass die Mitarbeite­r eine Aktie erhalten. „Das hat man im klassische­n Tarifvertr­ag nicht.“Der Einstiegsl­ohn liege bei 12,12 Euro pro Stunde. „Nach zwölf Monaten Betriebszu­gehörigkei­t geht er hoch und nach 24 Monaten nochmal. Nach zwei Jahren liegt der Lohn bei 14,51 Euro.“Dazu kämen in Graben Extras von rund sechs Prozent, die Boni, Weihnachts­geld und eine Mitarbeite­raktie beinhalten. „Damit kommt man auf ungefähr 2.800 Euro brutto im Monat“, sagt Schneider. Hinzu kommen Extrazahlu­ngen von zwei Euro pro Stunde in der Corona-Krise. Diese Zahlung bekamen die Mitarbeite­r im März und erhalten sie auch im Dezember. Im Weihnachts­geschäft sei dieser Bonus nicht ungewöhnli­ch.

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Foto: Piet Bosse Der Parkplatz ist voll: Am Montagmorg­en war bei Amazon in Graben nicht viel vom Streik zu sehen.

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