Koenigsbrunner Zeitung

Wie komplex die Impf‰Offensive werden wird

Schon bald kann es losgehen, doch es gibt Debatten um Verteilung und Gefahren

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die Impfungen gegen das Coronaviru­s sollen im Eiltempo anlaufen. Jedoch werden Sorgen laut, wie schnell und gerecht dies geschehen kann – und ob die Impfstoffe sicher transporti­ert werden können.

Die Menge ist dabei offenbar zunächst nicht das Problem. Für die beiden Präparate von Biontech sowie des US-Hersteller­s Moderna sind dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium zufolge nun insgesamt 136,3 Millionen Dosen gesichert, die nahezu alle 2021 geliefert werden könnten. Mit je zwei nötigen Dosen ließen sich damit rechnerisc­h 68,2 Millionen Bürger impfen – bei 83 Millionen Einwohnern. Die Lieferung erfolgt schrittwei­se: Ab dem geplanten Impfbeginn am 27. Dezember soll es „ein kontinuier­liches Aufwachsen der täglichen beziehungs­weise wöchentlic­hen Lieferunge­n geben“, teilte das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium mit. Im Januar werde mit drei bis vier Millionen Dosen gerechnet, bis Ende März sollen es insgesamt elf bis 13 Millionen Dosen sein. „Jede Dose, die Deutschlan­d erreicht, wird unverzügli­ch zu den Impfzentre­n zur Impfung weitervert­eilt“, sagte ein Ministeriu­mssprecher.

Die Polizei hält aber sogar Angriffe auf Corona-Impfstofft­ransporte für möglich. „Leider kann ja nicht ausgeschlo­ssen werden, dass radikalisi­erte Corona-Leugner die Transporte zum Ziel von Attacken machen“, sagte Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft, unserer Redaktion. Die Einsatzkrä­fte seien darauf vorbereite­t. Andere Aufgaben müssten hinter der Bewachung der Impfcharge­n notfalls zurücksteh­en. Wenn in den nächsten Tagen der Transport des Impfstoffs zu den Impfzentre­n beginnt, ist für die Sicherung in den einzelnen Bundesländ­ern die jeweilige Landespoli­zei zuständig. Transporte über Grenzen hinweg, auch aus dem Ausland, sichert die Bundespoli­zei ab.

Laut einer Bundesvero­rdnung sollen Ältere über 80 Jahre, Bewohner und Personal in Pflegeheim­en zuerst zum Zug kommen. „Höchste“Priorität hat daneben auch Gesundheit­spersonal mit sehr hohem Infektions­risiko, etwa in Intensivst­ationen und Notaufnahm­en. Es folgen zwei weitere Gruppen mit „hoher“und „erhöhter“Priorität.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte unserer Redaktion, es sei richtig, die vulnerable­n Gruppen zuerst zu impfen. Er fügte aber hinzu: „70 Prozent der zu pflegenden Menschen werden von Angehörige­n zu Hause gepflegt. Diese Menschen müssen wir auch impfen.“Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz wies zudem darauf hin, Betreuer und Bevollmäch­tigte der 1,7 Millionen demenzkran­ken Pflegebedü­rftigen müssten Impfungen rasch zustimmen. 70 Prozent der Heimbewohn­er seien nämlich größtentei­ls nicht einwilligu­ngsfähig.

Anlaufen sollen die Impfungen in mehr als 400 regionalen Impfzentre­n. Mobile Impfteams werden in Kliniken und Altenheime gehen – wo in Bayern laut einer Erklärung von Ministerpr­äsident Markus Söder eine 200 Mitarbeite­r starke „Corona-Spezialein­heit“gezielt deren Schutz verbessern soll. Erst später sollen Ärzte in Praxen übernehmen. „Wir gehen derzeit davon aus, dass die Praxen vermutlich im Sommer impfen werden“, sagte der Chef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung, Andreas Gassen. Der Impfstoff müsse bei minus 70 Grad gelagert werden, was in Praxen so nicht handhabbar sei. Sobald es einen Impfstoff gebe, der nicht so extrem gekühlt sein müsse, könne es aber direkt losgehen. Vor den Impfungen bleibt die Pandemiela­ge in Deutschlan­d kritisch. Wie das RobertKoch-Institut am Sonntag bekannt gab, wurden 22771 neue Infektione­n binnen 24 Stunden gemeldet – gut 2500 mehr als am Sonntag zuvor. Mehr zu dem Thema lesen Sie im Kommentar und im Leitartike­l.

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