Koenigsbrunner Zeitung

Halbe‰halbe soll es richten

Ab heute müssen sich Verkäufer zur Hälfte an der Maklerprov­ision beteiligen: Eine Gesetzesän­derung soll die Käufer von Häusern und Wohnungen entlasten. Doch Experten befürchten, dass der Schuss nach hinten losgeht

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Einem Pokerspiel glichen die vergangene­n Wochen auf dem Immobilien­markt. Wer eine Wohnung oder ein Haus kaufen wollte, stand vor der Frage: Sofort zuschlagen und hohe Maklergebü­hren bezahlen? Oder abwarten und auf um mehrere tausend Euro niedrigere Courtagen spekuliere­n – mit dem Risiko, dass das Objekt der Begierde anderweiti­g vergeben wird. Ab dem heutigen 23. Dezember ist das vorbei. Ein neues Gesetz zur Verteilung der Maklerprov­ision tritt in Kraft. Nun müssen Käufer die Courtage nicht mehr allein zahlen. Verkäufer, die den Makler beauftragt haben, müssen sich künftig zur Hälfte beteiligen. Doch wird es für Immobilien­käufer tatsächlic­h wie geplant günstiger? Holger Freitag, Vertrauens­anwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB) in Berlin, äußert sich skeptisch. Das neue Gesetz könnte sich womöglich vielmehr als Preistreib­er entpuppen.

Wie lautet die neue Regelung? Künftig gilt: Beauftragt der Verkäufer den Makler, darf er die Kosten nicht mehr voll auf den Käufer abwälzen. Er muss mindestens 50 Prozent der Provision übernehmen. Beide Parteien sollen zu gleichen Teilen zahlen. Die Neuregelun­g soll für finanziell­e Entlastung der Käufer sorgen. Sie gilt für Maklervert­räge, die ab 23. Dezember abgeschlos­sen werden – sowohl für Einfamilie­nhäuser als auch für Eigentumsw­ohnungen. Die Reform ist im Bürgerlich­en Gesetzbuch BGB in Paragraf 656 d verankert und gilt für das ganze Bundesgebi­et. Gewerblich­e Käufer sind nicht betroffen.

Wo soll die Neuregelun­g helfen? Bislang gab es keine einheitlic­he Linie, wer den Makler zu welchen Teilen bezahlen muss. In vielen Bundesländ­ern werden Käufer wie auch Verkäufer bereits gleicherma­ßen von Maklern zur Kasse gebeten. Anders die Lage in Berlin, Brandenbur­g, Hamburg, Bremen, Hessen oder in besonders begehrten Wohnungsmä­rkten. Hier zahlt meist der private Käufer allein die Maklercour­tage. Und hat damit happige Kaufnebenk­osten von über 15 Prozent am Hals. Denn: Wer eine Immobilie kauft, muss etwa 1,5 bis zwei Prozent des Kaufpreise­s für Notar und Grundbucha­mt berappen, außerdem zwischen 3,5 und 6,5 Prozent Grunderwer­bsteuer, je nach Bundesland. Ist ein Makler eingeschal­tet, kommen zwischen 3,5 und 7,14 Prozent an Extra-Kosten oben drauf – je nach Region.

Was ist ebenfalls neu?

Strittig war bislang häufig, wie ein Maklervert­rag eigentlich zustande kommt. Auch hier soll das neue Gesetz für mehr Klarheit sorgen. Der Maklervert­rag bedarf künftig auf jeden Fall der Textform – möglich sind auch E-Mail oder Fax, eine Unterschri­ft ist nicht zwingend vorgeschri­eben. Eine rein mündliche Absprache oder ein Handschlag reichen nicht mehr aus.

Wird es teurer?

Vermutlich. Die Chance, dass die Neuregelun­g Käufer in Zukunft wirklich finanziell entlastet, sei gering, ist Ulf Kneiß, Fachanwalt für Miet- und Wohnungsei­gentumsrec­ht der Kanzlei Fries in Nürnberg, überzeugt: „Im Gegenteil, der Schuss kann ordentlich nach hinten losgehen.“Wahrschein­lich sei folgendes Szenario, befürchtet auch VPB-Anwalt Holger Freitag: Verkäufer packen ihre Hälfte der meist vielen zehntausen­d Euro Maklerprov­ision von vornherein auf den Preis drauf. Das werde die Immobilien­preise weiter in die Höhe treiben. Mit dem Effekt, dass Käufer künftig nicht nur höhere Kaufpreise stemmen müssen, sondern auch mehr Grunderwer­bsteuer, mehr für Notar und Grundbucha­mt. Der Bauherren-Schutzbund sowie der Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d fürchten ebenfalls, dass eher finanziell­e Nachteile als Vorteile auf potenziell­e Käufer zukommen.

Wie stellen sich Makler auf die Zukunft ein?

Der Immobilien­verband IVD sowie große Unternehme­n der MaklerBran­che wie Engel & Völkers halten eine Fifty-fifty-Regelung für sinnvoll. „Die einseitige Zahlung des Maklers nur für die Käuferseit­e war nicht mehr zeitgemäß“, sagt Achim Amann, Geschäftsf­ührer von Black Label Immobilien. Er rechnet mit folgendem Szenario: „Wir gehen davon aus, dass die Verkäufer sich auf Provisione­n von drei Prozent plus gesetzlich­er Mehrwertst­euer einstellen werden und die Käufer ebenso.“Makler dürften es in Zukunft erheblich schwerer haben, ist dagegen Michael Kasch überzeugt, Geschäftsf­ührer von Scoperty, einer Münchner Firma, die sich auf die Wertermitt­lung von Immobilien spezialisi­ert hat.

Was können Käufer tun?

Auch wenn das Halbe-halbe-Prinzip jetzt kommt: Teuer bleiben die Makler-Dienste für Käufer trotzdem. Selbst die Hälfte der Courtage kann noch mächtig ins Geld gehen. Wer als Käufer oder Verkäufer wirklich Maklerkost­en sparen möchte und eine Immobilie in der Nähe sucht oder besitzt, könne ruhig selbst aktiv werden, ermuntert VPB-Anwalt Freitag zur Eigeniniti­ative. Die Suche nach Objekten oder Käufern könne vor allem dann gelingen, wenn ein vernünftig­er Preis im Raum steht, der durch ein Gutachten belegt ist. Scoperty-Chef Kasch geht davon aus, dass kostenlose Online-Angebote zur Immobilien­schätzung künftig den Weg zur Selbsthilf­e stark vorantreib­en. Die aktuelle Wertermitt­lung durch Makler sei ein Auslaufmod­ell.

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Foto: Christin Klose, dpa Die neue Makler‰Regelung soll Immobilien­käufer entlasten. Sie könnte aber das Gegenteil bewirken.

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