Koenigsbrunner Zeitung

Alles, was Sie zur Einigung über den Brexit wissen müssen

Was ändert sich mit dem britisch-europäisch­en Handelsver­trag ab dem 1. Januar? Was bleibt gleich?

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Erleichter­ung über den Durchbruch bei den Verhandlun­gen für einen Handelsver­trag kann nicht verdecken, dass sich zwischen der EU und dem Vereinigte­n Königreich am 1. Januar viel ändert. Denn dieser Deal ist kein „weicher“Brexit.

Werden britische Waren für Europäer jetzt wegen der Zölle teurer? Großbritan­nien gehört ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr der Zollunion an. Auch der freie Zugang zum Binnenmark­t läuft dann aus. Der Handelsver­trag legt fest, dass es keine Zölle und auch keine Mengenbegr­enzungen für Im- oder Exporte gibt. Allerdings wird eine sehr aufwendige Bürokratie mit Formularen, Bescheinig­ungen und Zertifikat­en nötig. So muss das Vereinigte Königreich beim Export seiner Waren nachweisen, dass diese „überwiegen­d“aus dem eigenen Land stammen. Als „überwiegen­d“wurde bei den Verhandlun­gen ein Richtwert von 45 Prozent genannt. Dies soll verhindern, dass Billigprod­ukte aus Drittstaat­en auf dem Umweg über Großbritan­nien in die EU gelangen. Besonders reibungslo­s wollen beide Partner den Handel mit Autos, Medikament­en, Chemikalie­n und Wein abwickeln.

Das gilt ab 1. Januar?

Ja. Zwar haben Brüssel und London angekündig­t, zunächst alles „durchzuwin­ken“. Aber die französisc­he Regierung betonte bereits, sie werde sofort genau kontrollie­ren.

Welche Änderungen wird es beim Reiseverke­hr geben?

Beide Seiten haben sich darauf verständig­t, dass alles beim Alten bleibt. Jeder darf die Airports und Häfen des anderen nutzen.

Darf man auch weiter einfach auf die Insel als Tourist reisen oder dort arbeiten?

Für Touristen gibt es keine Visumspfli­cht. Die Europäisch­e Krankenver­sicherungs­karte gilt weiter, bis sie abgelaufen ist. Die Mobilfunku­nternehmen haben angekündig­t, dass auch die bisherigen Tarife aufrechter­halten werden, es gibt also keine Roaming-Zuschläge. Arbeitnehm­er, die auf der Insel einen Job übernehmen wollen, brauchen künftig ein Visum. Das ist aber nicht das größte Hindernis. Viel entscheide­nder dürfte sein, dass die gegenseiti­ge Anerkennun­g von Berufsqual­ifikatione­n beendet wird. Ärzte, Ingenieure oder Architekte­n sowie Vertreter etlicher weiterer Berufsgrup­pen müssen ihre Qualifikat­ion künftig nachweisen.

Was ändert sich für Studenten? Einem Auslandsau­fenthalt an einer britischen Hochschule steht weiter nichts entgegen. Allerdings nimmt das Vereinigte Königreich nicht mehr am EU-Austauschp­rogramm Erasmus+ teil.

Ein wichtiger Streitpunk­t waren Standards und Staatsbeih­ilfen. Wie ist das nun geregelt?

Bei den Staatsbeih­ilfen hat man sich darauf verständig­t, dass keiner seine Unternehme­n bevorteilt und damit den Wettbewerb verfälscht. London hat zugesagt, die existieren­den Sozialund Umweltstan­dards nicht abzusenken. Hebt eine der Seiten seine Standards aber zum Beispiel im Rahmen der Klimaschut­zziele an, muss der andere nicht folgen.

Welche Regelung wurde für die leidige Frage der Fisch-Fangquoten gefunden?

Innerhalb der nächsten fünfeinhal­b Jahre müssen die Fischer aus der EU ihre Fänge um 25 Prozent reduzieren. Danach werden diese immer wieder neu justiert. Sollte die britische Regierung die Fangquoten einseitig kürzen, darf die Gemeinscha­ft mit Zöllen antworten.

Wie werden Streitfrag­en geregelt? Die EU hat London zugestande­n, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f nicht mehr zuständig ist. Es wird stattdesse­n ein „Gemeinsame­r Partnersch­aftsrat“gegründet. Dafür hat man verbindlic­he Streitbeil­egungsmech­anismen erlassen, um die Rechte von Unternehme­n und Verbrauche­rn zu sichern.

Hat man eine Lösung für den Frieden in Nordirland gefunden?

Ja. London hat eingelenkt. Nordirland erhält einen Sonderstat­us und bleibt enger an die EU gebunden als der Rest des Königreich­es. Damit sollen Grenzen zum EU-Mitglied Irland unnötig werden.

Gibt es noch ungelöste Probleme? Ja, das ist vor allem bei den Finanzdien­stleistung­en der Fall. Großbritan­nien besteht weiter auf einem ungehinder­ten Zugang zur EU, im Abkommen gibt es dafür noch keine Regelung. Sie soll bis Ende März gefunden werden.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Vertrag muss vor dem 1. Januar von den 27 EU-Mitgliedst­aaten gebilligt werden. Am 30. Dezember wird das britische Unterhaus den Vertrag ratifizier­en, das Europäisch­e Parlament holt dies im Januar nach. Da es um einen reinen Handelsver­trag geht, müssen die nationalen Volksvertr­etungen wie der Bundestag nicht beteiligt werden.

 ??  ??
 ?? Foto: dpa ?? Scheiden tut weh. Wie weh, muss sich beim Brexit noch zeigen.
Foto: dpa Scheiden tut weh. Wie weh, muss sich beim Brexit noch zeigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany