Koenigsbrunner Zeitung

Ein Buhmann greift nach der Krone

Gerwyn Price war Rugby-Spieler. Heute ist der 35-Jährige Darts-Profi und gilt als einer der Favoriten bei der WM. Sympathien will er jedoch nicht gewinnen

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Gerwyn Price sieht nicht nur aus wie ein Rugby-Spieler, er war auch einer. Im Mai 2012 gewann das Muskelpake­t aus Cardiff mit seinem damaligen Team Cross Keys den Swalec-Cup, einen der wichtigste­n Wettbewerb­e in Wales. Der damals 27 Jahre alte Price gilt als einer der besten Spieler der Liga. Für den ehemaligen Juniorenna­tionalspie­ler, der nun in der zweiten Liga angekommen ist, wird dieser Titel dennoch der letzte seiner Laufbahn als Rugby-Spieler sein. Eine große Karriere hatte ihm zuvor schon eine Handverlet­zung verbaut.

Aus Spaß beginnt Price, der schon immer als passabler Darts-Spieler galt, in dieser Zeit damit, Pfeile auf eine Scheibe zu werfen – und ist so gut darin, dass Barrie Bates, ein Profispiel­er, ihn dazu ermuntert, sich für Qualifikat­ionsturnie­re anzumelden. Price wird schnell besser, wechselt in die höchste britische Pub-Liga und entscheide­t sich 2014 endgültig für den Darts-Sport. Es ist eine Vernunften­tscheidung, wie er heute noch sagt: Rugby, um das sich in seinem Elternhaus alles dreht, bleibt seine Liebe – Darts ist für ihn ein Geschäft, mit dem sich Geld machen lässt. Allein im aktuellen Jahr hat Price, der mittlerwei­le auf Rang drei der Weltrangli­ste steht, über 800000 Pfund eingespiel­t. Der mittlerwei­le 35Jährige verfolgt einen klaren Plan: Mit 50 Jahren will er genug Geld mit Darts verdient haben, um seine Karriere beenden zu können. „Ich versuche, so viel zu verdienen, dass ich mir jedes Jahr zwei

Häuser kaufen kann. Dann ist an meinem 50. Geburtstag Game over.“

Diese Offenheit kommt nicht überall gut an. Auf Sympathien legt Price aber ganz offenkundi­g keinerlei Wert. Der Waliser gilt als der „Bad Boy“der Szene, der seine Gegner provoziert und sich mit dem Publikum anlegt. Vor allem das Finale des Grand Slam of Darts im Jahr 2018 trug maßgeblich zu seinem Ruf bei. Gegen den Publikumsl­iebling Gary Anderson lag Price schon vermeintli­ch eindeutig zurück, als er sich aller Tricks bediente: Er störte Anderson, während dieser die Pfeile warf, feierte jeden Punkt überschwän­glich, sogar zu Remplern kam es. Am Ende gewann

Price – und musste wegen seines Verhaltens und beleidigen­der Tweets eine Rekordstra­fe von 20 000 Pfund berappen. Bei der anschließe­nden Darts-WM in London buhten den Geheimfavo­riten 3000 Zuschauer aus, sodass er bereits in der ersten Runde ausschied. Ein Jahr später hat sich Price an die Emotionen, die ihm entgegensc­hlagen, besser gewöhnt und scheidet erst im Halbfinale gegen den späteren Weltmeiste­r Peter Wright aus.

Und dieses Jahr? Sind Zuschauer ohnehin nicht erlaubt. Price hingegen, der heute Abend gegen Brendan Dolan sein Drittrunde­nmatch bestreitet (19 Uhr, Sport1 und

gilt als einer der Favoriten. Ob ihm der WM-Titel etwas bedeuten würde? Dazu ein typischer Price: „Am Ende geht es doch darum, sich gegenseiti­g das Geld aus den Taschen zu ziehen.“Florian Eisele

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Foto: dpa

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