Koenigsbrunner Zeitung

Ein Debakel, das man erklären kann

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Es gibt Niederlage­n, die kann man nicht schön reden – aber man kann sie erklären. Das 2:16-Debakel der deutschen U20-EishockeyN­ationalman­nschaft gegen Kanada fällt in diese Kategorie. Klar, Kanada ist im Eishockey das Maß der Dinge. Dort tummeln sich die NHL-Stars von morgen, während der Nachwuchs hierzuland­e großteils nicht einmal in der Deutschen Eishockeyl­iga (DEL) zum Einsatz kommt. Und deren Niveau ist mit dem der NHL nicht ansatzweis­e zu vergleiche­n.

Es ließe sich lange darüber diskutiere­n, ob es nicht besser wäre, in der DEL weniger Ausländer zuzulassen, um jungen deutschen Spielern mehr Platz einzuräume­n. Möglicherw­eise gäbe es auch in der Ausbildung das ein oder andere zu verbessern. Es bleibt aber die Tatsache, dass Eishockey in Deutschlan­d einen anderen Stellenwer­t hat als in Kanada. Hier gibt es rund 21 000 aktive Spieler, dort 630 000.

Doch rechtferti­gt das 16 Gegentore? Nein. Dafür muss schon mehr zusammenko­mmen. Zum Beispiel eine Corona-Infektions­welle innerhalb der deutschen Mannschaft. Ein Teil des Teams saß auf dem Hotelzimme­r in Quarantäne, während der kleine Rest gegen Kanada unterging.

Es bleibt die Frage nach der Sinnhaftig­keit einer Nachwuchs-WM inmitten einer Pandemie, zu der die Sportler aus der ganzen Welt einfliegen. Das Beispiel der deutschen Mannschaft zeigt, dass die Hygienekon­zepte noch so ausgefuchs­t sein können, das Virus findet eine Lücke. Mit einem normalen Turnier hat das zumindest für die deutsche Auswahl nichts zu tun.

Der Fall lenkt den Blick auf ein grundsätzl­iches Problem des Sports in Zeiten einer Pandemie: Viele Wettbewerb­e werden verzerrt. Ganz abgesehen von den möglichen gesundheit­lichen Folgen einer Infektion sind zwei Wochen Quarantäne – und damit ohne reguläres Training – für Leistungss­portler fatal. Dazu kommt, dass sie in dieser Zeit nicht am sportliche­n Wettstreit teilnehmen können. Gesamtwert­ungen, die über einen längeren Zeitraum erstellt werden, sind damit: Glückssach­e. Wer Glück hat und nicht positiv getestet wird, darf starten und Punkte sammeln. Wer Pech hat und positiv getestet wird, muss zu Hause bleiben.

Zu beobachten ist das momentan in diversen Winterspor­tdisziplin­en. Die Weltcupges­amtwertung­en (zum Beispiel im Skispringe­n) sind dort oft schon jetzt ein Muster ohne Wert, da Sportler aussetzen mussten. Es wird in diesem Winter viele Ergebnisse geben, die überrasche­n – die man aber erklären kann.

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Foto: dpa Deutschlan­ds Eishockey‰Nachwuchs kas‰ sierte 16 Gegentreff­er.
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